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Je nach der Bildung der Pfeiler und ihrem Verhältnis
zur Höhe und Breite des Mittelfchiffs kann man verfchiedene
Charaktere unterfcheiden. Neben das Emporwachfen gefeilt
fich die Harmonie junger frifcher Kraft, fo in Chartres. In
Reims die majeftätifche Harmonie. Dank feiner nicht über-
triebenen Höhe ift das Langhaus des Strasburger Münfters
der majeftätifehlt breite Innenraum deutreher Gotik. In Amiens
und Beauvais der Triumph des Auffteigens zu fchwindelnden
Höhen im Verein mit der unvergleichlichen Klarheit und
Harmonie. Aus dem engen AnTchluS an diele Gruppe ift der
Kölner Dom hervorgegangen.
Einzig in feiner Art ift die Erwin’fche Travee unter den
Türmen des Strasburger Münfters, wo leichtes zahllofes Empor-
Itreben mit Macht und Harmonie fich verbindet.
In der Noire Dame in Paris, deren Bündelpfeiler erft
über den gedrungenen Rundfäulen des Erdgefchoffes be-
ginnen, entbehrt das Innere einer vollftändigen Einheit. Es
ift viel mehr intereffant, durch die geiflige Leiftung imponierend,
als vollftändig befriedigend.
Die keltifchen oder gallo-germanifchen Meiller jener
gotifchen Kathedralen haben die nordifche Welf mit Be-
geifterung erfüllt. Es ift, als ob fie fich mit der Durchgeifli-
gung des Stoffes nie hätten Genüge tun können. Sie wollten
ein mit feenhafter Leichtigkeit emporgefchofienes traumhaftes
Innere. Sie luchten etwas wie die Vifion eines überirdifchen
Heiligtums voll heiliger Durchfichtigkeit zu erreichen, die Vor-
ahnung eines himmlifchen Jerufalems zu erwecken. Durch die
farbige Atmofphäre der Glasgemälde durchdringen fie den
Raum mit einer farbigen Durchfichtigkeit, die ihm etwas feelen-
haft Belebtes gewährt. Mächtig Reigen die hohen Türme —
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