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Betrachten wir ferner die Verbreitung, die Entwicklung
und die Schickfale der Gotik, fo erkennen wir: dah He nur
da auftritt, wo nordifche Barbaren Heb niedergelarfen hatten,
daf> he da am wenigften Wurzel fa^te und verllanden wurde,
wo die römifchen Elemente im Übergewicht waren, dafj he
endlich methodifch konfeguenier aber einteiliger, erfindungs-
ärmer wird, da, wo die Germanen im Übergewicht find, je
weiter he hch vom Rhein entfernt, je weniger römifche und
keltifche Elemente vorhanden find.
Hieraus ergibt hch, dalj Italien, die Lombardei undDeutfch-
land hch felbft überladen, nicht die Fähigkeit hatten, die Gotik
zu erfinden. Die Lombardei nicht, weil dort das germanitehe
Element zu fchwach war — und Deuifchland nicht, weil das
germanitehe Element zu lehr überwog. Die Deutrehen waren,
fei es als Raffe zu wenig gekreuzt, fei es zu wenig durch
fremde keltifch-lateinifche Kultur gefchult.
Wie kommt es ferner, dafj England, das durch die Angel-
fachten, Dänen und Normannen fall ebenfo germanifch ge-
worden ift, wie Deuifchland, und oft germanitehe Ideale belfer
oder früher erreichte, eine lebendigere und phantahereichere
Gotik hat als Deuifchland und fogar Frankreich? Wie kommt
es, dafj dort allein die Gotik fall nie ganz ausgeftorben war,
am früheflen wieder auflebte und heute noch lebendiger ge-
handhabt wird, als anderswo? Die Antwort hierauf lautet wohl
dahin, dafj England mehr keltifche Elemente als Deuifchland
hatte, und durch die Römer und fpäter durch die franzöfifchen
Normannen; mehr lateinitehe Kuliurelemente empfangen hat
als Deuifchland.
Gehen wir nun zum Vergleich der englifchen mit der
franzöhtehen Gotik über: Lefctere hat eine ganze Reihe Denk-
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