Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
war und noch iß, die chriftliche Baukunft par excellence
zu werden.
Aber auch mit den byzantinifchen Hilfsmitteln war die
Anziehungskraft der Renaiffance noch keineswegs erfchöpft.
Schon die befreiende Wirkung, welche fie in der Grundriß-
bildung, im Strukturellem und in der Formenbefchränkung der
Gotik gegenüber ausübte, ermöglichte das Wiedererfcheinen
einer Reihe von Bauformen, welche die Alleinherrfchaft des
Kreuzgewölbes mit vorfretenden Rippen verbannt hatte.
Noch größer mußte lieh diele Befreiung auf dem geiftigen
Gebiete zeigen. Die Äfthetik der Gotiker, befonders in den
deutfehen Ländern, war allmählich zu fehr von dem be-
fchränkten Horizonte der Geometer, der Steinmeßen und Maurer,
von einem ausfchließlich technifchen und handwerksmäßigen
Zunftgeifte in Befchlag genommen worden.
Heutzutage kann man fich Ichwer vorftellen, was für eine
geiftige und künftlerifche Befchränkung darin läge, archiiek-
lonifch nur mit diefer nordiTchen Spätgotik empfinden zu können.
Ein ftellenweife noch fchwärmerifcher Idealismus und eine
glänzende Folgerichtigkeit in der Entwicklung der konftruktiven
und geometrifchen Formen war mit einer wahren Armut an
künftlerifchem Verftändnis für alle übrigen einer religiöfen
Wirkung dienenden Mittel verbunden. Es war daher eine
Befreiung und ein Segen, daß der beffere Schaß der gofifchen
Errungenfchaflen einem anderen Geilte, dem der RenailTance
anvertraut wurde, der, folange er chriftlich blieb, auch noch
andere Mittel aufzunehmen im Stande war.
Nun erft konnte der Kuppelbau als Großmacht auffreten
und der chriftlichen Baukunfl neue Wege öffnen, auf denen
er fie zu den höchften Triumphen führte.
72 ' -
 
Annotationen