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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0178
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G o b e l i n s

(Abb. 142), der gestohlene Esel; der „Ball bei San Antonio" zählt zu dem Bestände des
königlichen Schlosses zu Capodimonte.

Ein dritter Rahmen — wohl von P. J. Perrot — faßt die dritte, für den Grafen
d'Argenson um 1733—1735 von Jans und Lefebvre ausgeführte Serie (Abb. 143). Wie
in den beiden voraufgegangenen Folgen ist der Fond in gelben Tönen gehalten, als
neues Motiv erscheint der schmale, seitlich abschließende Gegengrund in rosavioletter
Nuance. Die Girlanden sind dürftiger geworden, das schwere Sockelmotiv ist stark
gelockert, an Stelle des Schildes mit dem schreitenden Ritter erscheint das Wappen
von Orleans — der Graf d'Argenson ist seit 1723 Generalintendant des herzoglichen
Hauses —, die Tierfiguren — Hunde — werden im „Ball" in die freie Landschaft
verlegt, die Putten neben dem radschlagenden Pfau, zu Häupten der Bilddarstellung,
sind verschwunden. Die Bordüre zeigt in den oberen Kartuschen die Initialen Ludwigs
von Orleans, die Mitten der seitlichen Leisten tragen das Wappen des Grafen d'Argenson.
Die erklärende Legende ist aufgegeben. Die Folge besteht aus drei großen Behängen
(Sanchos Urteil; der Ball [Abb. 143], der verzauberte Kopf) und zwei Zwischenfenster-
teppichen (Don Quijote und Sancho). Der Watteausche Einfluß macht sich in den
kleinen Behängen stark bemerkbar (Abb. 144, 145). Die Folge ist noch vollständig im
Besitze des Hauses d'Argenson auf dem Chäteau des Ormes-sur-Vienne vorhanden. Die
Privatateliers der Lefebvre und Audran, denen die Serie entstammt, scheinen die Kartons
noch zu anderweitigen Aufträgen verwertet zu haben. Zwei Behänge in der gleichen
Fassung mit der Signatur AUDRAN (Sanchos Mahl, Don Quijote und die Herzogin)
tauchten auf einer Pariser Auktion (13. Mai 1904) auf; die Lilien der Orleans sind durch
das Schild mit dem schreitenden Ritter ersetzt, an Stelle der 2£ erschienen zwei
Palmetten; eine Wiederholung von Sanchos Mahl, vielleicht das Stück der Auk-
tion von 1904, fand mit der Sammlung L. Surmont (Paris, 13. V. 1912) für den Betrag
von 85000 fr. einen Käufer.

Die vierte Serie mit zwölf Behängen wird in hochlitziger Technik im Atelier Audrans
1746 begonnen, sie gelangt im September 1749 zur Ablieferung. Die Motive stimmen
in den Bilddarstellungen mit der Folge des Fürsten de Campo Florido überein, mit
der einen Ausnahme, daß an Stelle des „Kampfes mit Simson Carrasco" die «falsche
Prinzessin von Micomicona" gewählt ist; der Qudratellenpreis kommt mit 360 Livres
in Ansatz. Die Serie geht 1746 als Geschenk Ludwigs XV. an seinen Schwiegersohn
Don Philipp, Herzog von Parma. Die nachträglich eingefügten Initialen des Fürsten
I. D. P. füllen die Eckkartuschen der Bordüre (Abb. 141). Die Reihe ist noch vollständig
im italienischen Staatsbesitze vorhanden.

Für die fünfte Serie kommt eine neue, vierte Fassung in Frage, die mit geringen
Abweichungen — das Hoheitszeichen d'Argensons fehlt, als Mittelstück des Sockels findet
zum Teil (2 Teppiche) das gekrönte Lilienwappen, zum Teil der Schild mit dem
schreitenden Ritter (4 Behänge) Verwertung, die Blumengirlanden sind etwas geändert,
die Legende wird in eine Kartusche gefaßt, die Landschaften mit den beiden Hunden
(beim Ball) kommen zum Fortfall — der dritten Rahmung entspricht.

Die Durchführung wird 1749 dem Hautelisseatelier Monmerques überwiesen, das
unter starkem Arbeitsmangel leidet. Der Nachfolger des Meisters, Pierre-Francois Cozette,
führt die Serie bis 1752 zu Ende. Die sechs Behänge (verzauberter Kopf. Dorothea,
Eselsdiebstahl, Sanchos Urteil, Ball, Marionetten) befinden sich noch im französischen
Garde-Meuble national. Nach Fertigstellung der Reihe beginnen Cozette und Audran
mit der Durchführung weiterer Serien in der gleichen Fassung, mit gelbem Fond.
Insgesamt bringt Cozette in der Zeit von 1751 bis 1764 13 Behänge, — (Falsche Prinzessin
von Micomicona [1751/1753], Falsche Dulcinea [1752/53], Dorothea [1752/53], gestohlener
Esel [1753/54], Sanchos Jagdabenteuer [1753/56], das Holzpferd [1753/55], der Ball
[1756/58], Don Quijote und die Wirtstöchter [1761/63], Sanchos Mahl [1761/62], der
Hidalgo am Fenstergitter [1761/62], der Held wird von seiner Torheit geheilt [1762/64],
das Holzpferd [1762/64], Mambrins Helm [1762/64]) —, Audran in den Jahren von 1753
bis 1763 deren elf zur Ablieferung (Sanchos Mahl [1753/56], Sanchos Einzug [1754/56],

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