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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0404
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Florenz

gänzende Kartons einer 1559 begonnenen Salomofolge. Dezember 1566 stellt der
Meister zwei Patronen einer Cyrusgeschichte zur Verfügung. Aller Wahrscheinlichkeit
nach sind dem Flamen auch die Kartons zweier heraldischer Teppiche mit den
Wappen Cosimo's I. und der Kaufmannsgilde zuzuschreiben, die in dem Zunfthause
Aufhängung finden sollen; im darauffolgenden Jahre erwirbt die Arte de'Mercatanti
zudem zwei religiöse Wirkereien — Geburt Johannes des Täufers, Taufe Christi —
aus dem Atelier des Benedetto Squilli.

In Rechnung für Giovanni di Francesco Tempi wirkt Meister Squilli zwei kirch-
liche Behänge — St. Joseph mit dem Jesuskinde, das Martyrium der heiligen Agathe —,
die 1570 durch eine Carita ergänzt werden. Daneben werden Wappenteppiche
für den großherzoglichen Reisewagen auf die Gezeuge gelegt. 1573 erledigt Squilli
einen umfangreichen Auftrag für P. Agostino Righini. Nach Baruffaldi's Vite de pittori
e scultori ferraresi (20) hing diese, inzwischen verschollene Reihe, eine Geschichte des
Sankt Franziskus, in der dem Heiligen geweihten Kirche zu Ferrara. Das Jahr 1574
bringt nur geringe Privataufträge: zwei Portieren und einen gewirkten Fries (fregio).

Francesco L, Großherzog von Toskana, der am 21. April 1574 den Thron der Medici
besteigt, wendet der von seinem Vater gegründeten Bildteppichmanufaktur ein nicht
minder lebhaftes Interesse zu. An dem Werkstättenbetrieb ändert sich nichts; die
Belegschaft besteht zum größten Teile aus Italienern — 15S0 arbeitet Fabrizio Corso als
Meisterwirker in der Manufaktur —, nur verhältnismäßig selten finden zugewanderte
Flamen — Alberto d'Olbrech und dessen Vater (1576), Cornelio d'Anzolbreche (1583) —
Aufnahme. In der Zeit vom 1. April 1570 bis zum 15. Juli 1579 liefert die Manufaktur
der herzoglichen Verwaltung insgesamt 23171/« Quadratellen Bildteppiche (,di diverse
storie" — in erster Linie die Stradano'schen Jagden und die mediceische Geschichte

— und bezieht hierfür den Betrag von 8733 Florins.

Jan van der Straet, der erst 1605 (2. November) in Flandern das Zeitliche segnet,
tritt stark in den Hintergrund; Alessandro Allori, der Schüler des Angelo Bronzino,
arbeitet von 1576 bis zu seinem Tode (22. 9. 1607) als der bevorzugte Patronenmaler
der mediceischen Ateliers. Die von ihm gelieferten Kartons zählen nach vielen Dutzen-
den. Im Gegensatz zu van der Straet greift Alessandro Bronzino-Allori, wie er sich in
dankbarer Erinnerung an seinen Lehrer nennt, zunächst auf den Michelangelokult
zurück, die nackten, lebhaft bewegten, seltsam verkürzten menschlichen Leiber be-
herrschen die Bildfläche. Günstig, im Sinne des Wandteppichs, wirkt das bedeutende
zeichnerische Können Allori's, unterstüzt durch die für den Meister typische hohe Wahl
des Augenpunktes, die den Behängen flächenhaften Ausdruck verleiht. In den neunziger
Jahren wendet Allori dem Detail besondere Aufmerksamkeit zu, er schwelgt in reich
gemusterten Stoffen, prächtigen Gefäßen, einer vielfach gegliederten Architektur, kurz
die Kartons der Spätzeit nehmen in weit höherem Maße — allerdings unbeabsichtigt

— Rücksicht auf die Eigenart des Bildteppichs. Von dem Maler stammen u. a. eine
Geschichte Latonas (1579), die Pluto- und Proserpinafabel (1579), die Historie des Paris,
die in S. Maria Maggiore zu Bergamo noch erhaltene Marienl'olge (Geburt des Heilandes,
die Anbetung der heiligen drei Könige, die Flucht nach Ägypten [sämtlich 1583], Ver-
kündigung, Vermählung, Mariä Heimsuchung, Beschneidung [Abb. 391], Himmelfahrt,
Mariä Reinigung [bis 1586]) (21), die Fabel des Phaeton (22) (1585, sechs Behänge,
Abb. 392). 1585 zeichnet Allori sechs Portieren für einen spanischen Kunden der Manu-
faktur, im darauffolgenden Jahre malt der Künstler eine Geschichte Niobes.

1587 übernimmt Guasparri di Bartolommeo Papini an Stelle des verstorbenen
Squilli die Leitung der großherzoglichen Manufaktur. Die letzten Jahre unter Squilli
zeichnen sich durch eine besonders starke Tätigkeit aus, weniger im Dienste des ein-
heimischen Herrscherhauses, als vielmehr in Erledigung auswärtiger Aufträge.
1577 treten Ferrara mit einer umfangreichen Folge (23), 1580 Venedig (Geschichte
Davids) (24), 1585 Spanien, 1586 Bergamo (Verkündigung) in Erscheinung.

Die erste große Arbeit unter Leitung Papini's ist die Geschichte des Bacchus, vier
Behänge nach Entwürfen Allori's: der Gott des Weines zieht ein als Herrscher auf

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