M a d r i d
lebendiger Sprache die verschiedensten Episoden aus dem Leben des spanischen
Volkes. Sein Werk als Patronenmaler ist außerordentlich umfangreich und verdient
in seiner Eigenart eine erschöpfende Sonderbehandlung. Jch beschränke mich auf die
Angabe einiger seiner hervorragendsten Arbeiten.
Die «Promenade de las Delicias", ein allzu sehr auf Tiefenwirkung eingestellter
Entwurf, erschließt das Leben und Treiben der vornehmen Welt: Kavaliere geben
sich ein Rendezvous, Damen spazieren mit ihren Duenas, frohgemut sitzen die Pärchen
auf den die Straße säumenden Rasenböschungen; die etwas eintönige Farbe der Pro-
menade tritt vollkommen zurück gegenüber dem reichen Bunt der Gewänder, dem
satten Grün des Baumschlages.
In wirkungsvoller Weise ist der «Stierkampf1, eine dörfliche Episode, erfaßt, allzu
nebensächlich ist die Flora, zu schematisch der Hintergrund behandelt (Abb. 511).
Eine klare Trennung der Tätigkeit der beiden Brüder Bayeu ■— Francisco und Ramön —
ist namentlich bei den Teppichkartons nicht immer möglich. Es scheint, als ob dem
Älteren und Bedeutenderen in den meisten Fällen der Entwurf, dem Jüngeren die
Durcharbeitung der großen Kartons zuzuschreiben ist.
Eine vorzügliche Wandteppichvorlage stellt die Gärtnerszene dar (Abb. 512), während
in dem „Orgeadehändler" die Ölfarbentechnik allzu aufdringlich, namentlich im Himmel
und im Vordergrunde, in Erscheinung tritt (Abb. 513).
Dekorativ außerordentlich wirkungsvoll gibt sich die Küchenszene (Abb. 514) und
das „Lagerfeuer" (Abb. 515). Verunglückt ist der „Fleischhändler", eine Einzelfigur,
— auf dem Rasengrunde liegen zwei mächtige Schinken —, vor einem nachlässig be-
handelten, durch breite Ölfarbenlagen angedeuteten Hintergrund, aus dem sich Kirche
und Häuser als nebensächliche Details herausheben. Wie die meisten umfangreicheren
Figurenszenen der Bayeu's ist auch das „Picknick vor der Herberge" in einer dem Wand-
teppich angemessenen Weise behandelt. Von den sonstigen zahlreichen Kartons der
Brüder sind in erster Linie zu nennen: der „ländliche Tanz", der „reiche Onkel", das
„Kugelspiel", die „Promenade auf der Insel von Aranjuez", der „Kanal von Manza-
nares", verschiedene Jagdszenen (Abb. 516) u. a. m. (25).
Durch seinen Schwager Bayeu kommt Francisco Jose de Goya y Lucientes in Verbin-
dung mit Raffael Mengs, dem Oberintendanten der Manufaktur Santa Barbara. Bayeu's
Eingabe verschafft dem Künstler den ersten Auftrag (1776) „das Picknick am Ufer des
Manzanares" und den „Tanz bei S. Antonio de la Florida" (Abb. 517). Die erste Episode
wird von der Manufaktur dreimal, die zweite viermal wiederholt (26). In die Zeit-
spanne von 1777—1791 fallen nicht weniger als 43 (insgesamt also 45) große Kartons.
Die erste Etappe — von 1776—1780 — umfaßt dreißig Motive, die zweite beginnt
sechs Jahre später (1786) und endet 1788 — es handelt sich um die Ausstattung des
Schlafgemaches des Infanten D. Gabriel Anton im Escorial, die Zahl der Patronen be-
lauft sich auf elf —; der dritte Abschnitt (1791) bringt vier für das königliche Arbeits-
zimmer bestimmte Szenen.
Die Behänge der frühesten Folge, zu denen auch „Picknik" und „Tanz" zählen,
findet 1777 ihre Fortsetzung. In dem ersten Jahre gelangen zur Ablieferung: „der
Streit bei der neuen Schenke" (Abb. 518) (27), „die Maja und die Vermummten" oder
der «Spaziergang in Andalusien" (Abb. 519) (28) — die Episode wird auch als Teil-
stück wiedergegeben (Maja und der eine Vermummte) —, sowie zwei Supraporten:
der „Trinker" (29) und die „Dame mit dem Sonnenschirm" (30).
Im Beleg vom 26. Januar 1778 erscheinen „Drachensteigen" (31) und „Kartenspieler"
(32) — die Burschen hocken unter einem Baum, durch ein am Gezweig aufgehängtes
Tuch vor dem Sonnenbrand geschützt — in den Abmessungen der großen Kartons;
sie werden ergänzt durch zwei Ubertürbehänge: die früchtepflückenden Knaben
(Abb. 520) (33), die Jungen mit der Schweinsblase (34).
Unter dem 27. April 1778 stellt Goya ein weiteres Motiv «der blinde Gitarrenspieler
an der Plaza de la Cebada" zur Beurteilung. Der Karton wird von der Manufaktur als
undurchführbar zurückgewiesen, Goya entschließt sich erst nach heftigem Sträuben
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lebendiger Sprache die verschiedensten Episoden aus dem Leben des spanischen
Volkes. Sein Werk als Patronenmaler ist außerordentlich umfangreich und verdient
in seiner Eigenart eine erschöpfende Sonderbehandlung. Jch beschränke mich auf die
Angabe einiger seiner hervorragendsten Arbeiten.
Die «Promenade de las Delicias", ein allzu sehr auf Tiefenwirkung eingestellter
Entwurf, erschließt das Leben und Treiben der vornehmen Welt: Kavaliere geben
sich ein Rendezvous, Damen spazieren mit ihren Duenas, frohgemut sitzen die Pärchen
auf den die Straße säumenden Rasenböschungen; die etwas eintönige Farbe der Pro-
menade tritt vollkommen zurück gegenüber dem reichen Bunt der Gewänder, dem
satten Grün des Baumschlages.
In wirkungsvoller Weise ist der «Stierkampf1, eine dörfliche Episode, erfaßt, allzu
nebensächlich ist die Flora, zu schematisch der Hintergrund behandelt (Abb. 511).
Eine klare Trennung der Tätigkeit der beiden Brüder Bayeu ■— Francisco und Ramön —
ist namentlich bei den Teppichkartons nicht immer möglich. Es scheint, als ob dem
Älteren und Bedeutenderen in den meisten Fällen der Entwurf, dem Jüngeren die
Durcharbeitung der großen Kartons zuzuschreiben ist.
Eine vorzügliche Wandteppichvorlage stellt die Gärtnerszene dar (Abb. 512), während
in dem „Orgeadehändler" die Ölfarbentechnik allzu aufdringlich, namentlich im Himmel
und im Vordergrunde, in Erscheinung tritt (Abb. 513).
Dekorativ außerordentlich wirkungsvoll gibt sich die Küchenszene (Abb. 514) und
das „Lagerfeuer" (Abb. 515). Verunglückt ist der „Fleischhändler", eine Einzelfigur,
— auf dem Rasengrunde liegen zwei mächtige Schinken —, vor einem nachlässig be-
handelten, durch breite Ölfarbenlagen angedeuteten Hintergrund, aus dem sich Kirche
und Häuser als nebensächliche Details herausheben. Wie die meisten umfangreicheren
Figurenszenen der Bayeu's ist auch das „Picknick vor der Herberge" in einer dem Wand-
teppich angemessenen Weise behandelt. Von den sonstigen zahlreichen Kartons der
Brüder sind in erster Linie zu nennen: der „ländliche Tanz", der „reiche Onkel", das
„Kugelspiel", die „Promenade auf der Insel von Aranjuez", der „Kanal von Manza-
nares", verschiedene Jagdszenen (Abb. 516) u. a. m. (25).
Durch seinen Schwager Bayeu kommt Francisco Jose de Goya y Lucientes in Verbin-
dung mit Raffael Mengs, dem Oberintendanten der Manufaktur Santa Barbara. Bayeu's
Eingabe verschafft dem Künstler den ersten Auftrag (1776) „das Picknick am Ufer des
Manzanares" und den „Tanz bei S. Antonio de la Florida" (Abb. 517). Die erste Episode
wird von der Manufaktur dreimal, die zweite viermal wiederholt (26). In die Zeit-
spanne von 1777—1791 fallen nicht weniger als 43 (insgesamt also 45) große Kartons.
Die erste Etappe — von 1776—1780 — umfaßt dreißig Motive, die zweite beginnt
sechs Jahre später (1786) und endet 1788 — es handelt sich um die Ausstattung des
Schlafgemaches des Infanten D. Gabriel Anton im Escorial, die Zahl der Patronen be-
lauft sich auf elf —; der dritte Abschnitt (1791) bringt vier für das königliche Arbeits-
zimmer bestimmte Szenen.
Die Behänge der frühesten Folge, zu denen auch „Picknik" und „Tanz" zählen,
findet 1777 ihre Fortsetzung. In dem ersten Jahre gelangen zur Ablieferung: „der
Streit bei der neuen Schenke" (Abb. 518) (27), „die Maja und die Vermummten" oder
der «Spaziergang in Andalusien" (Abb. 519) (28) — die Episode wird auch als Teil-
stück wiedergegeben (Maja und der eine Vermummte) —, sowie zwei Supraporten:
der „Trinker" (29) und die „Dame mit dem Sonnenschirm" (30).
Im Beleg vom 26. Januar 1778 erscheinen „Drachensteigen" (31) und „Kartenspieler"
(32) — die Burschen hocken unter einem Baum, durch ein am Gezweig aufgehängtes
Tuch vor dem Sonnenbrand geschützt — in den Abmessungen der großen Kartons;
sie werden ergänzt durch zwei Ubertürbehänge: die früchtepflückenden Knaben
(Abb. 520) (33), die Jungen mit der Schweinsblase (34).
Unter dem 27. April 1778 stellt Goya ein weiteres Motiv «der blinde Gitarrenspieler
an der Plaza de la Cebada" zur Beurteilung. Der Karton wird von der Manufaktur als
undurchführbar zurückgewiesen, Goya entschließt sich erst nach heftigem Sträuben
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