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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 3) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62336#0093
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Eine Musikprobe.
Bon Peter van Slingeland.
Pieter van Slingeland hatte eine Geliebte, aber diese war die Tochter eines Musikers,
und sie selbst, Maria Nederhout, war eine Virtuosin. Freilich war Slingeland ebensalls ein
Künstler und zwar kein geringer, denn noch jetzt, von Anno 1662 her, strahlt sein Name unter den
bedeutendsten Malern der Niederlande. Aber Slingeland war kein Musiker. Die Natur schien es
ihm durchaus versagt zu haben, in Tönen den Inhalt seiner Seele ausströmen zu lassen. Es ist
sicher, es giebt nur eine, dem tiefsten Innern durchaus angemessene Weise für die Aeußerungen des
Genies, mag dies das Bild, das Sculpturstück, der Ton, oder das Wort sein. Glücklich Derjenige,
welcher nur eins dieser Geschenke eines freigebigen Geschickes sein eigen nennt; er ist ein Künstler,
der ewige Gehalt der Kunst ist für jede Aeußerung derselben gleich und in jeder kann er die höch-
sten Stufen erreichen und sich neben Den stellen, dem ein anderes Vehikel für seine Gedanken und
seine begeisterte Phantasie zugemessen wurde.
Das ist eine Wahrheit, und Pieter van Slingeland hatte ein großes Interesse, sie zu
vertheidigen. Meister Nederhout wollte sie nämlich nicht gelten lassen. Das wäre ziemlich
gleichgiltig sür den zur oben bemerkten Zeit etwa sechsundzwanzig Jahre alten Maler gewesen,
hätten sich an die Grundsätze des Mynheer Nederhout nicht sehr besondere Eonsequenzen geknüpft.
Nederhout hatte eine sehr schöne Tochter und Slingeland schwärmte für sie mit aller Gluth
eines Künstlerherzens. Er hatte Marien's jugendliches Her; gerührt; zwar war es ihm noch nicht
gelungen, die heiße Leidenschaft, welche er forderte, in dem jungfräulichen Busen wach zu rufen; so
viel war gewiß, Marie liebte den schönen Maler. Sie tändelte, sie spielte und scherzte mit ihm;
sie war entzückt, wenn er erschien, und schmollte, wenn sie ihn nicht erblickte. Vorläufig genügten
dem Maler diese Symptome — allerdings noch ein wenig zweifelhafte — der Liebe und aus den
Grund derselben war er sogar entschlossen, Marie zu heirathen.
Da kamen aber die Glaubensartikel des Mynheer Nederhout in die Quere. Marie, von ihm
mit ausgezeichnetster Sorgfalt zur Violinspielerin gebildet, war von ihm bestimmt, die Gattin
eines der bedeutendsten Künstler Europas zu werden. — „Einen Meister, wie mich, bedarf das
Mädchen", ries der Alte, „sonst überragt sie ihn, und es soll nimmer fein, daß die Frau dem Mann
überlegen ist!"
Also ein bedeutender Künstler! Das war Nederhout's Parole für seinen demnächstigen
Schwiegersohn. Unter Künstler verstand er aber nur Musiker; kaum ließ er Dichter unter
diesem Namen gelten. Maler aber waren ihm nichts, als bloße Techniker, die handwerksmäßig
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