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gleichgültig wird, an dem er sich erprobte, die andern, die nur
groß waren in einer bestimmten Richtung, bedürfen erst des Ver-
gleiches mit den übrigen, setzen eine niedere Masse voraus, aus
der sie hervorragen. Sie waren fähiger, klüger, glücklicher, als
ihre Genossen, diese bilden stets den Maßstab für ihre Größe;
jene aber bedürfen dieser Folie nicht, sie trennen sich von der
Menge der Sterblichen, sie führen ein eigenes Dasein. Wie zer-
streute Körper cines anderen Gestirns scheinen sie vom Himmel
gefallen hier und dort nach dem Willen des Schicksals auf-
zutreten. Wo sie sich zeigen, fällt alles Licht auf sie allein, die
anderen stehen im Schatten. Verwandt unter einander wie die
Glieder einer unsichtbaren aristokratischen Familie stehen sie dicht
zusammen in einer leuchtenden Wolke vor unseren Augen; die
Jahrhunderte, die Nationalität trennen sie nicht, Raphael und
Phidias reichen sich die Hände, Friedrich der Große steht uns
nicht näher als Cäsar, Plato und Homer uns nicht ferner als
Goethe und Shakespeare. Eine irdische Unsterblichkeit läßt sie
wie Lebende erscheinen, unwillkürlich legen wir alles, was be-
deutendes geschieht, vor ihre Füße uud fragen nach ihrem Urtheil.
Fremd auf Erden und dennoch einzig berechtigt, sie zu bewohnen,
glücklicher als die Glücklichsten und unglücklicher dennoch als
die Geringsten von uns, die wir nicht wie sie das Vollkommene
ahnen, und nicht wie sie deßhalb den Jammer fühlen, durch
eine ungeheure Kluft von ihm geschieden zu sein, über die keine
- Brücke führt und keiue Flügel tragen. Einige gab es, die ein
früher Tod vor den Jahren fortnahm, wo die Qual der ein-
samen Arbeit beginnt, die Meisten aber lernten in einem weit-
hingestreckten Alter die Schmerzen kennen, die sie nur allein er-
sahren und begreifen konnten. Jch nenne Raphael und Michel-
angelo.
Sie stehen neben einander wie Achilles neben Hercules, wie
die kraftvolle Schönheit, die alles überstrahlt, neben der düsteren
Gewalt, die alles überwindet, wie ein kurzer sonniger Frühling
gleichgültig wird, an dem er sich erprobte, die andern, die nur
groß waren in einer bestimmten Richtung, bedürfen erst des Ver-
gleiches mit den übrigen, setzen eine niedere Masse voraus, aus
der sie hervorragen. Sie waren fähiger, klüger, glücklicher, als
ihre Genossen, diese bilden stets den Maßstab für ihre Größe;
jene aber bedürfen dieser Folie nicht, sie trennen sich von der
Menge der Sterblichen, sie führen ein eigenes Dasein. Wie zer-
streute Körper cines anderen Gestirns scheinen sie vom Himmel
gefallen hier und dort nach dem Willen des Schicksals auf-
zutreten. Wo sie sich zeigen, fällt alles Licht auf sie allein, die
anderen stehen im Schatten. Verwandt unter einander wie die
Glieder einer unsichtbaren aristokratischen Familie stehen sie dicht
zusammen in einer leuchtenden Wolke vor unseren Augen; die
Jahrhunderte, die Nationalität trennen sie nicht, Raphael und
Phidias reichen sich die Hände, Friedrich der Große steht uns
nicht näher als Cäsar, Plato und Homer uns nicht ferner als
Goethe und Shakespeare. Eine irdische Unsterblichkeit läßt sie
wie Lebende erscheinen, unwillkürlich legen wir alles, was be-
deutendes geschieht, vor ihre Füße uud fragen nach ihrem Urtheil.
Fremd auf Erden und dennoch einzig berechtigt, sie zu bewohnen,
glücklicher als die Glücklichsten und unglücklicher dennoch als
die Geringsten von uns, die wir nicht wie sie das Vollkommene
ahnen, und nicht wie sie deßhalb den Jammer fühlen, durch
eine ungeheure Kluft von ihm geschieden zu sein, über die keine
- Brücke führt und keiue Flügel tragen. Einige gab es, die ein
früher Tod vor den Jahren fortnahm, wo die Qual der ein-
samen Arbeit beginnt, die Meisten aber lernten in einem weit-
hingestreckten Alter die Schmerzen kennen, die sie nur allein er-
sahren und begreifen konnten. Jch nenne Raphael und Michel-
angelo.
Sie stehen neben einander wie Achilles neben Hercules, wie
die kraftvolle Schönheit, die alles überstrahlt, neben der düsteren
Gewalt, die alles überwindet, wie ein kurzer sonniger Frühling