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I. DIE SCHRIFTLICHE ÜBERLIEFERUNG

Die Quellenlage zur Geschichte Traians ist ohne Übertreibung verzweifelt
zu nennen.1 Ohne Münzen, Inschriften und Bildwerke wüßten wir weniger
von ihm als von irgendeinem römischen Kaiser bis tief ins dritte Jahrhundert
hinein, und selbst mit aller monumentalen Überlieferung bleibt vieles dunkel.
Er muß eine gewaltige Persönlichkeit gewesen sein, denn seine Wirkung auf
Zeitgenossen wie auf Spätere ist größer gewesen als die aller seiner Vorgänger
und Nachfolger im Prinzipat, mit der einen Ausnahme des Augustus. Spät-
antiken Herrschern klang bei der Thronbesteigung der Wunsch entgegen, in
dem alle Hoffnung des Reiches auf Glück und Gedeihen beschlossen lag: „Sei
glücklicher noch als Augustus, besser noch als Traian.“2 Ihn hat die mittel-
alterliche Kirche geehrt wie sonst keinen heidnischen Fürsten: der frommen
Sage nach hat Papst Gregor der Große es erreicht, daß Gott des Kaisers Seele
erlöste — aber er mußte versprechen, daß kein kirchliches Oberhaupt je
wieder um Ähnliches bitten würde.3 Das große Ausmaß seiner kriegerischen
Leistungen, die innere Festigung des Reiches durch seine ausgezeichnete Ver-
waltung, seine oft besprochene Einstellung zur alten Christenheit, die Tatsache
schließlich, daß er, der erste Provinziale auf dem römischen Kaiserthron, zu-
gleich der letzte Prinzeps spezifisch westlich-römischer Geisteshaltung war —
dies alles sowie sein soldatisch offenes und straffes Wesen, seine Energie und
wieder sein menschlicher Reiz und seine persönliche Liebenswürdigkeit haben
das Interesse an ihm nie erlahmen lassen. Trotzdem ist unser Wissen um
ihn gering.4
Über Traians äußere Erscheinung sagen uns die Quellen nur wenig, aber
Wertvolles. Als er an die Regierung kam, war er 44 Jahre alt; zwei und ein
halbes Jahr später hat Plinius seine große Dankrede vor ihm gehalten, die uns
überliefert ist. Da hören wir, daß Traian hochgewachsen und schlank war:
„Tu sola corporis proceritate elatior aliis et excelsior.“5 6 Ein andermal heißt
es überschwenglich: „Iam firmitas, iam proceritas corporis, iam honor capitis
et dignitas oris, ad hoc aetatis indeflexa maturitas nec sine quodam munere
deum festinatis senectutis insignibus ad augendam maiestatem ornata
caesaries, nonne longe lateque principem ostentant?“b Aus all dem höfischen
Phrasenschwall und der künstlich gedrechselten Ausdrucksweise läßt sich doch
heraushören, wie hoheitsvoll die straffe Gestalt mit den frühzeitig weiß
gewordenen Haaren und dem ehrwürdigen Ausdruck gewirkt haben muß.
1 Vgl. z. B. Paribeni i, 5—44. Strack 1.
2 Eutropius, Breviarium 8, 5, 3.
3 Z. B. Dante, Purgatorio 10, 73 ff. Paradiso 20, 43 ff. und 106 ff. Die Nachweise voll-
ständig bei Paribeni 2, 313.
4 Zusammenstellung der Ergebnisse und der Literatur zuletzt bei L. Homo, Le haut-
empire (Paris 1933), 417 ff- Cambridge Ancient History 11 (1936), 199—252 und 886—890.
W. Weber: Rom, Herrschertum und Reich (Stuttgart 1937), 9—124.
5 Plinius, panegyricus 22, 2.
6 Ibid. 10, 3.

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