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Bei den bisherigen Formen des monumentalen Hochaltarbildes war die Wiederkunft Christi zum Gericht
nur in Abbreviaturen dargestellt, die meist durch die apokalyptischen Triumphbogenkompositionen ergänzt
wurden. Im Kuppelmosaik des Baptisteriums von Florenz63, das mit den seit frühchristlicher Zeit
gebräuchlichen Systemen der Longitudinaldekoration in Zusammenhang steht, ist sie dagegen in voller
Ausführlichkeit, einen breiten Abschnitt einnehmend, als Giudizio finale über dem Altarraum angeordnet
(1260-1270)In dieser schon nach 1225 ausmosaizierten Kammer wird im Gewölbe durch das von
acht Trägerfiguren gehaltene Agnus Dei auf das Meßopfer hingewiesen, während seitlich über der
Mensa die Muttergottes mit dem Kinde und ihr gegenüber der Titelheilige thronen. In der malerischen
Ausstattung eines Richtungsbaus ist dem florentinischen Beispiel das Anfang des 14. Jhs. in S. Maria
Maggiore zu Tuscania ausgeführte, jedoch am Triumphbogen befindliche Weltgerichtsfresko zu ver-
gleichen65. Bei Apsisdarstellungen, wie der mit S. Maria in Pianella übereinstimmenden Komposition
in der Abteikirche S. Maria a Lago (Moscufo, Abruzzen)66 vom Ende des 13. Jhs., bleibt es bei der
zeichenhaft verkürzten Wiedergabe. Ungefähr gleichzeitig sind Reste eines Gerichtsfreskos in S. Michele
zu Cremona67.
Mit einer Himmelfahrt Christi war die Kalotte des Domes von Pistoia ausgestattet. Das 1308 datierte,
Torriti zugeschriebene, 1599 abgenommene Mosaik beschreibt Fioravanti wie folgt: „erono un Ascensione
di Cristo ehe sedeva sopra un seggio a guisa di piomaccio, retto da quattro angioli, ed da man ritta era
un San Zeno ed da man manca un S. Jacopo; le parole a’ piedi dicevano:
Iste Deo natus - Galilei nube velatus
cum resplendebit in eadem came manebit.“
Zur weiteren Ausstattung der Apsis gehörten die 12 Apostel und Szenen des hl. Zeno68.
Im Dugento setzt sich eine weitere in den apulischen Eremitenkrypten schon seit dem 11. Jh.69 regel-
mäßig auftretende Form des Hauptaltarbildes durch, die jedoch nicht nur die Unentrinnbarkeit des
Endgerichts veranschaulichen will, sondern bestrebt ist, durch den aus dem Osten übernommenen Typus
der Deesis70 im Betrachter das Vertrauen auf die vornehmlich bei dieser Gelegenheit erhoffte Inter-
zession Marias und des hl. Johannes zu stärken. Auf dem 1237 von Armannino da Modena signierten
Fresko in der von S. Liberatore a Monte Maiella abhängigen Benediktinerkirche S. Maria a Cartignano71
(bei Bussi, Abruzzen) erscheint die Deesis mit Maria und dem Täufer Johannes als Fürbitter im Apsis-
gewölbe oberhalb von Heiligenfiguren, die an der Konchenwand aufgereiht sind.
Aus der zweiten Hälfte des 13. Jhs. stammt die Deesis in der Kuppel des Baptisteriums von Parma, die
innerhalb des Dekorationssystems so angeordnet ist, daß sie sich genau über dem Hauptaltar befindet72.
Als Konchenbild begegnet sie wieder 1302 im Dom zu Pisa73, im Dom zu Grado und noch einmal in der
Kathedrale von Messina (um 1330-1340)74, wo über dem Haupt Christi die Etimasia und außer den
Fürbittfiguren noch das Paar der Erzengel dargestellt ist, um den Gerichtscharakter stärker in Er-
scheinung treten zu lassen. Aus dem gleichen Grunde werden auf dem 1297 datierten, im 19. Jh. unter
Berücksichtigung der ursprünglichen Komposition vollständig erneuerten Apsismosaik von S. Miniato
al Monte zu Florenz75 neben dem Thron die Evangelistensymbole wiedergegeben. Das Pendant der
Avvocata ist hier der dem Heiland die Märtyrerkrone darbietende Patron der Kirche.
Hinsichtlich der byzantinischen Dekorationssysteme können wir wieder Demus folgen76, der die strenge
Gesetzmäßigkeit in der Verteilung des Schmucks betont, nach der jede Darstellung den ihr zukommenden
Platz in einer „hierarchy of values“ erhält77. Dieser entspricht im Bauwerk, das ein „architectural
framework“ ist, die ,,hierarchy of receptables“78, wobei drei Zonen zu unterscheiden sind:
1. Kuppel, Gewölbe, Apsiskalotte, 2. Pendentivs, obere Wandabschnitte, 3. Leibungen, untere
Wandabschnitte79.
Zwischen dem 9. bis zum 11. Jh. wird in der Hauptkuppel die Assunta oder der Pantokrator umgeben
von Engeln, Aposteln und Propheten dargestellt. Während des Ablaufs der Entwicklung löst die zu-
letzt genannte Form allmählich die erstere ab80. Die ikonenhaft konzentrierte Gestalt des Kuppelbildes,
dessen Anordnung auf die Sicht durch den eintretenden Betrachter berechnet ist, bezeichnet Demus
als “the most significant achievement of middle Byzantine monumental painting“81.
Da die Apsiskalotte rangmäßig der Kuppel folgt, ist sie „the fitting site for the Virgin“, die unmittel-
bar nach dem Bilderstreit als Orante, Platytera oder Hodegetria dort erscheint, während man
später dem vorikonoklastischen Typ der thronenden Muttergottes den Vorzug gibt82. Im Presby-
teriumsgewölbe weist die Taube des HL Geistes über dem Thron auf den am Altar zelebrierenden

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