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Ortloff: Die Enzyklopädie.

geltende gemeine Recht in ein ganzes System zum Elementarge-
brauch zusammenzutragen, aber obgleich er selbst die Darstellung
des Rechts als Einheit zu ermöglichen gesucht habe, doch nicht
über den Formalismus hinausgekommen sei. Bluhme’s 2. Abth.
(585 S. in der ersten, 632 S. in der zweiten Auflage) enthält eine
sehr ins Detail gehende Zusammenstellung der aus den Rechtsquel-
len überkommenen Rechtsnormen des Privatrechts und Civilprozes-
ses, enthält also nichts Neues äusser Hinzufügungen der verwandten
Bestimmungen des Partikularrechts und des französischen Civil- und
Prozessrechtes zu den Resultaten des römischen, kanonischen und
deutschen Rechts. In gleicher Weise ist in der ersten Lieferung
der 3. Abth. (auf 174 Seiten) das Strafrecht und mit viel grösserer
Sorgfalt (S. 69 — 174) der Strafprozess behandelt worden. Hier ist
die schwierige Aufgabe einer systematischen und vergleichenden Dar-
stellung des gemeinen und neueren, auf französischen Grundsätzen
ruhenden und in den partikulären Prozessordnungen und Prozessge-
setzen normirten Strafprozesses, so gut wie es bei der grossen Ver-
schiedenheit der letztem nur möglich ist, gelöst worden. Für den
Anfänger leide Bluhme’s Enzyklopädie an dem Fehler des Zu-
viel; sie sei aber ein ausreichendes Hiilfsbuch für Jemanden, dem
es nicht auf eine gründliche Kenntniss des Rechts ankomme, son-
dern der sich nur das Nothwendigste daraus aneignen wollte, sie sei
ein gutes juristisches Prinzipienheft. Als fernere Lieferungen der
3. Abtheilung stehen noch in Aussicht das Kirchen-, Staats- und
Völkerrecht. Eine eigentlich ins Einzelne gehende Kritik lag bei
keinem der von Ortloff aufgeführten Werke in dessen Absicht.
Ausnahmsweise erlaubt sich Referent hier über Bluhme’s Werk
noch ein Paar einzelne Bemerkungen beizufügen. Im Strafrechte
(S. 6. §. 7 a. E.) macht Bluhm e der absoluten Strafrechtstheorie den
Vorwurf, dass sie über den Inhalt der Strafe im Einzelnen gar nichts
bestimme, und meint, ebendadurch werde sie der Unterbau der rela-
tiven Strafrecbtstheorien, welche ihrerseits den letzten Grund aller Strafe
nicht anzugeben vermögen. Juristisch betrachtet haben aber alle
relativen einfachen oder gemischten sg. Strafrechtstheorien keine Be-
deutung. Es ist lediglich Aufgabe der Kriminalpolitik und nicht der
Justiz, die rechtlich begründete Strafe so einzurichten, dass sie auch als
Mittel an sich wahrer Staatszwecke diene. Schon an sich dient übrigens
die gerechte Strafe zur Förderung jener wahren Zwecke. Als solche
sind aber sicherlich nicht zu betrachten die Abschreckung, die Er-
regung der Furcht, die Vergeltung des Bösen mit Bösem u. s. w.
Rechtlich kann überhaupt die Strafe keinen anderen Zweck haben,
als sich selbst, ihren eigenen Grund der Gerechtigkeit; und die
gerechte Strafe muss ergehen, selbst wenn sich sonst kein Zweck
durch sie erreichen lässt.

(Schluss folgt.)
 
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