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272 Wildermuth: Die drei ältesten such- und nordfranzös. Grammatiken.
Dr. Wildermuth, Professor am k. Gymnasium zu Tübingen.
Die drei ältesten süd- und nordfranzösischen Grammatiken.
Tübingen, 1857. 4. 39 Seiten. {Gymnasialprogramm zu der
Feier des Geburtsfestes seiner Majestät des Königs Wilhelm von
Württemberg.')
Die Bezeichnung Französisch wird in der vorliegenden Arbeit
im weiteren Sinne als Romanisches auf gallischem Boden überhaupt
genommen, so dass jener Ausdruck auch noch das Provenzalische
in sich begreift. Demgemäss spricht unser Verfasser über zwei —
es gibt äusser diesen noch eine dritte — in ein hohes Alter hinauf-
steigende Grammatiken der letzteren Sprache und sodann über den
ersten bekannten ausführlichen Versuch über das Nordfranzösische,
das von dem Engländer Jehan Palsgrave herrührende, im Jahre 1530
gedruckte Werk L’esclaircissement de la langue francoyse, dem aber
jedenfalls schon andere Darstellungen vorangegangen sind. Die, in
manchem Betrachte auffallende Thatsache so früher grammatischer
Behandlung der fraglichen romanischen Idiome fordert von selbst zu
einer Erklärung auf, und so verbreitet sich denn auch Herr Profes-
sor Wildermuth in einer lesenswerthen Einleitung zuerst über die
Gründe, welche jene Erscheinung veranlasst haben mögen. Die erste
provenzalische Grammatik, welcher die Untersuchung sich sofort zu-
wendet, ist der noch dem 13. Jahrhundert angehörige Uc Faidit
Donatus provincialis, der äusser der romanischen auch in einer da-
von abgeleiteten lateinischen Abfassung auf uns gekommen ist. In
einer höchst sorgfältigen Weise geht unser Verfasser nicht bloss auf
den Inhalt dieses allerdings sehr unvollständigen Abrisses ein , son-
dern er stellt auch die Ergebnisse, die sich aus demselben gewinnen
lassen, klar und übersichtlich zusammen. Dasselbe Lob verdienen die
zunächst folgenden Erörterungen über La dreita maniera de trobar
von Raimon Vidal, ohne Zweifel einer Person mit dem Novellen-
dichter Raimon Vidal von Bezaudun, der um die Mitte des 13. Jahr-
hunderts gelebt zu haben scheint. Während diese beiden, von Gues-
sard herausgegebenen, provenzalischen Denkmäler aus wenigen Blät-
tern bestehen und so nur karge Mittbeilungen bieten, so füllt dage-
gen die, aufs neue von G^nin veröffentlichte, Grammatik des Jehan
Palsgrave einen starken Quartband von mehr als 900 Seiten. Es
bedurfte des ganzen Fleisses und einer Gewissenhaftigkeit, wie sie
unserem Verfasser eigen sind, um nicht schon durch den Umfang
dieses Buches und die Art, wie der Engländer seinen Stoff zu be-
wältigen bemüht ist, von vorneherein abgeschreckt zu werden. So
kann nun aber auch, was Herr Professor Wildermuth über Palsgrave
sagt, eine wahre Bereicherung der Wissenschaft genannt werden,
und jeder Leser seiner trefflichen Schrift wird mit dem Wunsche
übereinstimmen, dass, worauf das Vorwort des Verfassers Hoffnung
macht, nemlich eine von ihm beabsichtigte Geschichte der franzö-
sichen Grammatiken bis zur Gründung der Akademie nicht allzu-
lange auf sich warten lassen möge.
 
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