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Comhe: Die Wissenschaft u. Drossbach: Harmonie u. s. w.

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zu bestehen hat, spekulative Hypothesen dienen, die seine geistige
Kraft ganz von der körperlichen abhängig darstellen, und dem selbst
bewussten Geist eine vollständige Herrschaft über die Sinnentriebe
nicht zuerkennen, sondern den Geist selber, obgleich unsichtbar,
für Eins mit dem Kraftwesen des Leibes erklären (S. 225). Die
Harmonie zwischen der Wissenschaft und der sittlich-religiösen Le-
bensordnung ist allerdings sehr erwünscht. Die wichtigste Frage
bleibt jedoch immer: wie die vollkommene Vereinigung des mensch-
lichen Willens mit dem Willen Gottes erzielt werden könne? wro
diese Vereinigung statt findet, wird sich die Harmonie zwischen der
Wissenschaft und der Lebensordnung von selbst ergeben. Dies ist
aber ohne jene Vereinigung nie zu erwarten.
Erst dann wird dies möglich, wenn man erkannt bat, dass es keinen
Stoff gibt, sondern nur vernünftige Geister, dass auch die Masse von
einer allgemeinen abstracten, freischwebenden Vernunft regiert wird,
dass ferner das Individuum, und zwar jedes Individuum, sein eigenes
Ziel, nämlich das Ziel, sich selbst zu vervollkommnen, zu erwirken hat,
welches es bald mit mehr, bald mit weniger Glück anstrebt. Und wenn
man die Natur als eine geordnete Gesellschaft geistiger Wesen er-
kannt hat, leuchtet es ein, dass sämmtliche Glieder derselben mit ihren
individuellen Wirkungskieisen und ihren individuellen Zielen beherrscht
und umfasst sein müssen von der Wirkungsphäre eines einzigen
höchsten Vernunftwesens, welches alle auf sich, als das höchste Ziel
hinlenkt, und die in Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit getheilte
Vielheit in eine festgeschlossene Einheit zusammenhält (S. 301). So
künstlich diese Theorie eines aus lauter geistigen Vernunftwesen be-
stehenden Weltalls unter der Beherschung durch ein ihm dem Wesen
nach gleiches, nur höheres Vernunftwesen ersonnen ist, so wider-
spricht ihr doch des Menschen innerstes Bewusstsein und allen That-
sachen, welche die Theorie voraussetzt, fehlt es an allem Beweis.
Da nach dem Verfasser die Gesammtheit alles Seienden aus Atomen
besteht, und jedes Atom wie das andere ein uns unbekanntes Kraft-
wesen ist, und unter ihnen kein Unterschied und kein Gegensatz
statt finden kann, so ist kein Grund abzusehen, um eine Abstufung
der Kraft unter ihnen anzunehmen, und auch die Annahme eines
höchsten Atoms, das die andern beherrscht, ist ohne Grund. Auch
kann es uns da, wo Gegensätze statt finden, einer Vermittelung und
eines Vermittlers bedürfen. Die Wesens-Einheit der Atome macht
einen Vermittler ganz überflüssig, und einen Beherrscher unmöglich.
Die Annahme des Verfassers aber, dass die Atome lauter Vernunft-
wesen sind, ermangelt ebenfalls aller Begründung, und ist mithin
unvernünftig und hat gar keinen Sinn, weil der Verf. keinen We-
sensunterschied zwischen Geist und Körper zugeben will. Auch ha-
ben sich die alten Atomistiker wohl gehütet, in einen solchen Wi-
derspruch zu verfallen, der die Einheit und Selbständigkeit der Atome
aufheben würde, während sie doch dieselbe behaupten.
Constans. «f. >1« v. Wessenberg«
 
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