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Literaturberichte aus Italien.

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als z. B. in Turin ein in Sicilien gedrucktes Buch, dann muss man einsehen,
dass ein grosser Unterschied zwischen den Bücher-Käufern in Italien und
Deutschland stattfmdet. Dies ist aber sehr natürlich. In Italien, besonders
aber in Oberitalien lebt die erste Klasse der Gesellschaft für die Wissenschaft
und gibt für Bücher das Geld aus, das in andern Ländern von den Vorneh-
nehmen für Pferde, Champagner u. s. w. weggeworfen wird. In der Regel
kauft man hier das Buch, das man lesen will, die schmutzigen Bücher aus
den Leihbibliotheken findet man hier bei keinen Damen. Da wo der Gelehrte
von der Wissenschaft leben muss, Köhnen bei dem besten Willen nicht viele
Bücher gekauft werden. Darum muss der deutsche Buchhändler so hohe
Preise für seine Bücher fordern, dass man überall im Auslande die Klage
darüber hört. In Italien werden verhältnissmässig weit mehr deutsche Bücher
gekauft, als in Frankreich; darum hat man auch in Italien Gelegenheit, sehr
oft die Vergleichung zwischen den Preisen der italienischen und deutschen
Bücher zu hören.
Die in Deutschland jetzt gewöhnliche Klage, dass die Zeit sich dergestalt
dem Materialismus ergeben hat, dass alle geistigen Interessen darüber verlo-
ren gehen, hat hier auch Nachbeter gefunden. Ein Professor in Parma hat
darüber diese Klagen in folgender Abhandlung mitgetheilt:
Della nuova Poesia, discorso dal Professore Carlo Mar enghi. Parma. Tip.
Grogioli. 1857.
Der Verfasser fürchtet nicht, dass das Streben nach dem Nützlichen, wel-
ches er für eine Eigenschaft der Jetztzeit hält, das Gefühl für das Schöne er-
sticken dürfte; sondern zeigt, wie das Schöne stets die Begleiterin des
Nützlichen sein wird; dass die Dichtkunst daher den Vortheil haben wird,
sich neuen Gegenständen zuzuwenden. Die wiederholten Klagen, welche wir
in Deutschland über die Prosa der Zeit zu führen gewohnt sind, scheinen
mehr von denen zu kommen, welche sich sonst im Alleinbesitze der Mittel
befanden, sich das Leben angenehm zu machen. Seit manche Schranke der
freien Entwicklung gefallen, können auch andere Leute, bei denen es sonst
die fruges consumere nati nicht gewöhnt waren, sich Etwas erwerben, das
ihnen in Deutschland nicht selten Neid missgönnt.
Süll influenza degli stiidi scienlißci nella Letteratura, discorso di Leonardo
Zambra, Venezia presso Antonelli 1857.
Der Verfasser ist als bedeutender Physiker bei den Fortschritten der
positiven Wissenschaften betheiligt, welche den allgemeinen Wohlstand derer
vermehren, welche mehr thun wollen, als sich in Militair- oder Civil-Anstel-
lungen von dem Staate ernähren zu lassen. Der Verfasser zeigt, dass keines-
wegs zu fürchten ist, dass das positive Element der Wissenschaft und des
Lebens die Flügel der Phantasie in bleierne Fesseln schlagen wird. Die Ge-
schichte der reichen Bürger von Florenz, Genua, Venedig, Antwerpen u. s. w.
hat gezeigt, dass Künste und Wissenschaften am meisten geachtet wurden, als
der Handel und die Industrie in voller Bliithe standen. Der Verfasser zeigt,
dass die Literatur nur unter den jetzigen Verhältnissen gewinnen kann. Das
 
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