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Nr. 25. HEIDELBERGER 1861
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

1. lliadis Carmina XVI. Scholcirum in usum reslituta edidif Arminias Koechly,
Turicensis. Lipsiae. in aedibus B. G.Teubneri. MDCCCLXI. XIII undS in8vo.
2 Die homerische Odyssee und ihre Entstehung. Text und Erläuterungen von
Dr. A. Kirchhof f. Berlin. Verlag von Wilhelm Hertz. (Besser sehe Buch-
handlung) 1859. XV11I. und 317 S. in gr. Svo.
Beide Ausgaben, der Ilias wie der Odyssee, werden wohl als die natür-
lichen Folgen des von Lachmann’s Standpunkt aus in der neuesten Zeit über
die Bildung der homerischen Gedichte gemachten, oder vielmehr auf Lachmann-
scher Grundlage weiter fortgeführten Forschungen zu betrachten sein, und als
Versuche gelten können, die Resultate dieser Forschungen zur praktischen
Anwendung zu bringen, d. b. den bisherigen Text der homerischen Gedichte
hiernach zu gestalten, daher auch die Aufmerksamkeit der Gelehrten, wie selbst
der Schulmänner auf sich ziehen. Und dürfte dies selbst da der Fall sein, wo
der Glaube an die durch die Alexandriner uns überlieferte Gestalt der homeri-
schen Gedichte, noch nicht in dem Grade erschüttert ist, um die Ergebnisse
jener Forschungen als völlig sichere und äusser allem Zweifel gestellte zu be-
trachten, und demzufolge auch den Text der Gedichte in die diesen angebli-
chen Resultaten entsprechende Form und Gestalt zu bringen. Wer freilich denkt,
wie der Herausgeber der Ilias: „neminem hoc ctiam tempore nec inter lau-
datissimos unitarios superesse judicem, qui Homerum epopoeiarum ejus nomini
adscriptarum unum auctorem esse sibi aliisque persuadeat eo sensu, quo cete-
rorum et temporum et populorum poetas fere omnes carminum suorum auctores
volgo et habemus et dicimus“ (S. IV), für den wird diese ganze Streitfrage
als eine abgemachte erscheinen: es wird sich dann nur noch um ein
plus oder minus hinsichtlich der einzelnen in der Ilias wie in der Odyssee,
bald mit mehr bald mit weniger Kunst und Geschicklichkeit vereinigten, aus
verschiedenen Zeitperioden stammenden und innerhalb derselben noch vielfachen
Veränderungen unterworfenen Lieder handeln; die Autorität eines Herodotus
und Thucydides, eines Plato und eines Aristoteles — um nur diese zu nennen —
wird dann durchaus von keinem Gewicht sein, in so fern es unserer
Zeit vorbehalten war, zu einer richtigeren Erkenntniss der homerischen Poesie
zu gelangen, als dies jenen Coryphäen der Blüthezeit hellenischer Literatur und
Poesie möglich war, und demnach die ganze Entwicklung und Bildung der ältere
hellenischen Poesie besser zu erkennen, als jene Meister hellenischer Sprache
und Literatur, welche zu Alexandria einst diess zum Gegenstand ihrer For-
schungen gemacht hatten und eine reiche Literatur noch um sich hatten, die
uns jetzt nur aus schwachen Bruchstücken bekannt ist. Bei solchen Gegensätzen,
die wir hier nicht weiter verfolgen können, werden aber die Versuche, jene
Ergebnisse der Forschung der Neuzeit auf die Gedichte selbst, ihre Gestaltung,
Anordnung und Zusammensetzung in Auwendung zu bringen, alle Auf-
merksamkeit verdienen müssen, zumal wenn sie von Männern ausgegangen
LIV. Jahrg. 5. Heft. 25
 
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