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Jubclschriften zur Säcularfeier der Universität Basel.
ein Decret des Königs Ludwig XI. (1. März 1473) unterdrückt
wurde (Seite 161. 162).
Uebrigens hatte der Nominalismus seinem ganzen Wesen
nach doch einen mehr negativen, zersetzenden und auflössenden, als
positiven, Neues schaffenden und aufbauenden Charakter.
Der Realismus war die positivere, gehaltvollere Lehre. Kein
Wunder also, dass er beim letzten Aufraffen der Scholastik, von
weltlichen und geistlichen Autoritäten unterstützt, noch einmal sein
Haupt mächtig erhob, viele tiefere und ernstere Geister mächtig
anzog und unter seinen Vorkämpfern Männer zählte, welche keines-
wegs die Bedürfnisse und Bewegungen der Zeit misskannten, son-
dern vielmehr ihnen zu genügen, sie zu leiten und zu fördern trach-
teten (S. 138. 139. 140).
An diesem letzten heftigen Kampfe der beiden philosophischen
Parteien hatte auch die junge Universität Basel sich stark betheiligt,
so dass sie etwa 30 Jahre hindurch ein höchst lebendiges Bild dar-
bot. Bemerkenswerth ist die grosse Zahl der Magister von Heidel-
berg und Erfurt, damals Hauptsitzen des Nominalismus. Ueber diese
Kämpfe, welche, wie in Heidelberg, wohl auch zu Thätlichkeiten
übergingen, Näheres anzuführen, verbietet uns der Raum. Wir fü-
gen nur bei, dass später (1492) beide Richtungen, der Nominalis-
mus (via moderna oder modernorum) und der Realismus (via an-
tiqua oder antiquorum), zur Geltung kamen (S. 140—147. 157).
Den eigentlichen Sitz der verschiedenen Parteien bildeten die Bursen
(S. 171 ff.).
Die ordentlichen Disputationen fanden jeden Samstag
statt. Die Magistri actu legentes oder regentes, weil sie die Studien
der Schüler leiteten oder deren regentia hatten (S. 149), waren der
Reihe nach zu deren Abhaltung verpflichtet und auch die actu non
regentes, sobald sie einmal dieses Geschäft übernommen hatten.
Eine besondere Disputation war die Disputatio quodli-
betica, über deren Gegenstand die Facultät jeweilen am 2. Juli
zu beschliessen hatte.
Bei den Exercitien (Uebungen) hatte der Magister den
Schülern den Stoff anzugeben, die ihn auszuführen hatten, worauf
er dann zum Schlüsse sie berichtigte und die Schwierigkeiten löste
(S. 150. 151).
Wie schon bemerkt, hatten die Schüler, namentlich der Artisten-
Facultät in Bursen beisammen zu wohnen. Je eine bestimmte
Anzahl Schüler einer Burse stand unter einem Magister. Er leitete
gegen ein Honorar die Studien der ihm Untergebenen. In diesen
Bursen war eine ziemlich strenge Zucht vorgeschrieben. Im Winter
wurden sie um 8 Uhr, im Sommer um 9 Uhr Abends geschlossen.
Die Schüler mussten immer, auch unter sich, der lateinischen Sprache
sich bedienen, und Einer von ihnen, der Wolf (lupus) genannt,
hatte, ohne von den Anderen gekannt zu sein, diejenigen, welche
ihre Muttersprache redeten, dem Rector der Burse anzuzeigen. Die
Jubclschriften zur Säcularfeier der Universität Basel.
ein Decret des Königs Ludwig XI. (1. März 1473) unterdrückt
wurde (Seite 161. 162).
Uebrigens hatte der Nominalismus seinem ganzen Wesen
nach doch einen mehr negativen, zersetzenden und auflössenden, als
positiven, Neues schaffenden und aufbauenden Charakter.
Der Realismus war die positivere, gehaltvollere Lehre. Kein
Wunder also, dass er beim letzten Aufraffen der Scholastik, von
weltlichen und geistlichen Autoritäten unterstützt, noch einmal sein
Haupt mächtig erhob, viele tiefere und ernstere Geister mächtig
anzog und unter seinen Vorkämpfern Männer zählte, welche keines-
wegs die Bedürfnisse und Bewegungen der Zeit misskannten, son-
dern vielmehr ihnen zu genügen, sie zu leiten und zu fördern trach-
teten (S. 138. 139. 140).
An diesem letzten heftigen Kampfe der beiden philosophischen
Parteien hatte auch die junge Universität Basel sich stark betheiligt,
so dass sie etwa 30 Jahre hindurch ein höchst lebendiges Bild dar-
bot. Bemerkenswerth ist die grosse Zahl der Magister von Heidel-
berg und Erfurt, damals Hauptsitzen des Nominalismus. Ueber diese
Kämpfe, welche, wie in Heidelberg, wohl auch zu Thätlichkeiten
übergingen, Näheres anzuführen, verbietet uns der Raum. Wir fü-
gen nur bei, dass später (1492) beide Richtungen, der Nominalis-
mus (via moderna oder modernorum) und der Realismus (via an-
tiqua oder antiquorum), zur Geltung kamen (S. 140—147. 157).
Den eigentlichen Sitz der verschiedenen Parteien bildeten die Bursen
(S. 171 ff.).
Die ordentlichen Disputationen fanden jeden Samstag
statt. Die Magistri actu legentes oder regentes, weil sie die Studien
der Schüler leiteten oder deren regentia hatten (S. 149), waren der
Reihe nach zu deren Abhaltung verpflichtet und auch die actu non
regentes, sobald sie einmal dieses Geschäft übernommen hatten.
Eine besondere Disputation war die Disputatio quodli-
betica, über deren Gegenstand die Facultät jeweilen am 2. Juli
zu beschliessen hatte.
Bei den Exercitien (Uebungen) hatte der Magister den
Schülern den Stoff anzugeben, die ihn auszuführen hatten, worauf
er dann zum Schlüsse sie berichtigte und die Schwierigkeiten löste
(S. 150. 151).
Wie schon bemerkt, hatten die Schüler, namentlich der Artisten-
Facultät in Bursen beisammen zu wohnen. Je eine bestimmte
Anzahl Schüler einer Burse stand unter einem Magister. Er leitete
gegen ein Honorar die Studien der ihm Untergebenen. In diesen
Bursen war eine ziemlich strenge Zucht vorgeschrieben. Im Winter
wurden sie um 8 Uhr, im Sommer um 9 Uhr Abends geschlossen.
Die Schüler mussten immer, auch unter sich, der lateinischen Sprache
sich bedienen, und Einer von ihnen, der Wolf (lupus) genannt,
hatte, ohne von den Anderen gekannt zu sein, diejenigen, welche
ihre Muttersprache redeten, dem Rector der Burse anzuzeigen. Die