Kuhn: Die Verfassung des römischen Reichs.
75
welcher Rom als Stadt nicht mehr die frühere Bedeutung besass,
als Mittelpunkt des Reiches, sondern dieses selbst als Ganzes statt
seiner hervortritt (S. VI) und darin liegt der Unterschied zwischen
diesem Werke und andern, welche, wie die gewöhnlichen Hand-
bücher der römischen Antiquitäten, die frühere Zeit behandeln, in
welcher Rom allerdings den Mittelpunkt des Ganzen bildete und
das übrige Reich daran geknüpft erscheint. Die Darstellung des
Verfassers hat demnach die spätere Zeit des römischen Reiches
und dessen Verfassung zum Gegenstand, und da in diesem späte-
ren Reiche nur von einer städtischen und bürgerlichen
Verfassung die Rede sein kann, insofern was ausserhalb derselben
liegt, der Verwaltung des Reichs und den damit beauftragten Be-
hörden angehört, so ist beides auch in den Titel der Schrift auf-
genommen worden. Die Verfassung des römischen Reichs in dieser
späteren Periode, wie sie in dieser Schrift dargestellt wird, ist ganz
an die Verfassung der Städte geknüpft; »das römische Reich ist
zu denken, als aus Städten bestehend, welche der Kaiser beherrscht.
Diese Städte haben ungefähr die äussere Gestalt eines souveränen
Schweizercantons (?). Der Form nach stellt daher das römische
Reich gleichsam eine Föderativrepublik von souveränen Schweizer-
cantonen dar (?), obgleich vom Kaiser despotisch beherrscht« (S. IX).
Nach dem Verf. kann daher nur von einer städtischen und bürger-
lichen Verfassung die Rede sein, und für diese bieten allerdings
die Rechtsbücher, Digesten und Codices ein Schema, welches alle
hierher einschlagenden Punkte umfasst (S. IX). Es ist aber diese
Darstellung vom Verfasser darum bis auf die Zeiten Justinian’s
herabgeführt worden, weil mit Justinian die Nachrichten aufhören
und die antike Welt abstirbt, während noch unter Constantin und
Justinian das römische Staatswesen im Ganzen das nämliche wie
früher war.
In fünf Abschnitte zerfällt der Inhalt dieses ersten Theiles;
der erste geht von der Gemeindeangehörigkeit bei den Römern und
im Alterthum überhaupt aus, gibt den allgemeinen Begriff und die
Bedingungen derselben an, verbreitet sich dann über Abstammung
und Wohnsitz, über Cives und Incolae, über die Pflichtigkeit zu
gemeinen Lasten u. dgl. m. und schliesst mit einer Betrachtung
über das Verhältniss der Land- zu den Stadtbewohnern. »Die
Verhältnisse in dem römischen Reiche, bemerkt der Verf S. 32,
sind im Ganzen ungefähr so zu denken, wie in dem neueren Italien,
wo der Stand der Possedenti, d. h. der Besitzer der Ländereien,
seinen wesentlichen Aufenthalt in den Städten hat und diese nur
verlässt, um auf jenen seine Villegiatura zu halten, wie in dem
späteren Rom die römischen Grossen die ihrige an der campani-
schen Küste hielten. Dauernd finden wir in dem römischen Reich
das platte Land bewohnt nur von dessen Bebauern, theils den
Sclaven, welche zu diesem Zwecke bestimmt waren, theils freien
Miethern oder Pächtern, Lohnarbeitern und kleinen Eigenthümern,
75
welcher Rom als Stadt nicht mehr die frühere Bedeutung besass,
als Mittelpunkt des Reiches, sondern dieses selbst als Ganzes statt
seiner hervortritt (S. VI) und darin liegt der Unterschied zwischen
diesem Werke und andern, welche, wie die gewöhnlichen Hand-
bücher der römischen Antiquitäten, die frühere Zeit behandeln, in
welcher Rom allerdings den Mittelpunkt des Ganzen bildete und
das übrige Reich daran geknüpft erscheint. Die Darstellung des
Verfassers hat demnach die spätere Zeit des römischen Reiches
und dessen Verfassung zum Gegenstand, und da in diesem späte-
ren Reiche nur von einer städtischen und bürgerlichen
Verfassung die Rede sein kann, insofern was ausserhalb derselben
liegt, der Verwaltung des Reichs und den damit beauftragten Be-
hörden angehört, so ist beides auch in den Titel der Schrift auf-
genommen worden. Die Verfassung des römischen Reichs in dieser
späteren Periode, wie sie in dieser Schrift dargestellt wird, ist ganz
an die Verfassung der Städte geknüpft; »das römische Reich ist
zu denken, als aus Städten bestehend, welche der Kaiser beherrscht.
Diese Städte haben ungefähr die äussere Gestalt eines souveränen
Schweizercantons (?). Der Form nach stellt daher das römische
Reich gleichsam eine Föderativrepublik von souveränen Schweizer-
cantonen dar (?), obgleich vom Kaiser despotisch beherrscht« (S. IX).
Nach dem Verf. kann daher nur von einer städtischen und bürger-
lichen Verfassung die Rede sein, und für diese bieten allerdings
die Rechtsbücher, Digesten und Codices ein Schema, welches alle
hierher einschlagenden Punkte umfasst (S. IX). Es ist aber diese
Darstellung vom Verfasser darum bis auf die Zeiten Justinian’s
herabgeführt worden, weil mit Justinian die Nachrichten aufhören
und die antike Welt abstirbt, während noch unter Constantin und
Justinian das römische Staatswesen im Ganzen das nämliche wie
früher war.
In fünf Abschnitte zerfällt der Inhalt dieses ersten Theiles;
der erste geht von der Gemeindeangehörigkeit bei den Römern und
im Alterthum überhaupt aus, gibt den allgemeinen Begriff und die
Bedingungen derselben an, verbreitet sich dann über Abstammung
und Wohnsitz, über Cives und Incolae, über die Pflichtigkeit zu
gemeinen Lasten u. dgl. m. und schliesst mit einer Betrachtung
über das Verhältniss der Land- zu den Stadtbewohnern. »Die
Verhältnisse in dem römischen Reiche, bemerkt der Verf S. 32,
sind im Ganzen ungefähr so zu denken, wie in dem neueren Italien,
wo der Stand der Possedenti, d. h. der Besitzer der Ländereien,
seinen wesentlichen Aufenthalt in den Städten hat und diese nur
verlässt, um auf jenen seine Villegiatura zu halten, wie in dem
späteren Rom die römischen Grossen die ihrige an der campani-
schen Küste hielten. Dauernd finden wir in dem römischen Reich
das platte Land bewohnt nur von dessen Bebauern, theils den
Sclaven, welche zu diesem Zwecke bestimmt waren, theils freien
Miethern oder Pächtern, Lohnarbeitern und kleinen Eigenthümern,