Nr. 6. HEIDELBERGER 1866.
Praktische Anwendungen für die Integration der totalen und partia
len Differentialgleichungen. Von Dr. G. Μ. Strauch, Rector
der höheren Unterrichtsanstalt zu Muri im Kanton Aargau.
Erster Band. Braunschzceig, Druck und Verlag von Friedrich
Viezoeg und Sohn. 1865. (XXXI11 u. 644 S. in 8.)
Wenn wir ein Werk des hier genannten Verfassers zu Hand
nehmen, so wissen wir davon sofort zweierlei: einmal dass wir es
mit einer sorgfältigen und erschöpfenden Behandlung der einzelnen
Aufgaben zu thun haben; dass aber auch zweitens diese Behand-
lung häufig fast übermässig ausführlich ist, so dass in Folge dieser
Ausführlichkeit das Werk einen Umfang erhalteu hat, der Studium
und Anschaffung erschwert. Beides gilt wieder in hervor-
ragender Weise von dem uns vorliegenden Buche, wie denn das-
selbe auch für die »Variationsrechnung« gegolten. Will man den
zweiten der oben angeführten Punkte als einen Nachtheil ansehen,
so leidet das Buch daran; wer aber darüber wegsehen kann und
will, wird durch diesen — doch nicht eigentlich im Wesen der
Sache begründeten — Nachtheil sich nicht abhalten lassen, zu
seiner eigenen Uebung und zu grossem Nutzen sich mit dem Werke
vertraut zu machen. Auf die Hälfte des Umfangs zusammengezogen,
was nicht nur füglich hätte geschehen können, sondern noch weiten
Spielraum zu Ausführlichkeiten gelassen hätte, wäre durch weitere
Verbreitung wohl noch grösserer Nutzen gestiftet worden.
Damit aber kein Missverständniss eintreten kann hinsichtlich
des Inhaltes des uns vorliegenden Bandes, müssen wir zum Voraus
anführen, dass die »praktischen Anwendungen« ganz ausschliesslich
sich auf analytische Geometrie beziehen, während nach unserer
Meinung die eigentlichen praktischen Anwendungen für die Inte-
gration der vollständigen Differentialgleichungen — um die es sich
in diesem Bande allein handelt — in der analytischen Me-
chanik liegen. In diesem Gebiete, das ein so unendlich wichti-
ges und weites ist, hat man den grossen Vortheil, sich nicht die
Aufgaben erst künstlich zurecht legen zu müssen, wie dies doch
bei den Anwendungen für die analytische Geometrie mehr oder
minder geschieht; namentlich sind'aber dort die »Nebenbedingungen«
(Bestimmung der Konstanten) so in der Natur des Problems ge-
legen, dass gerade dieser Theil nur erst recht klar wird, wenn man
Mechanik treibt. Daher mag es wohl rühren, dass das Bedürfniss
einer Aufgabensammlung für analytische Geometrie, in so ferne die
Aufgaben zur Integration von Differentialglleichungen führen, keines-
LVIII. Jahrg. 2. Heft. 6
Praktische Anwendungen für die Integration der totalen und partia
len Differentialgleichungen. Von Dr. G. Μ. Strauch, Rector
der höheren Unterrichtsanstalt zu Muri im Kanton Aargau.
Erster Band. Braunschzceig, Druck und Verlag von Friedrich
Viezoeg und Sohn. 1865. (XXXI11 u. 644 S. in 8.)
Wenn wir ein Werk des hier genannten Verfassers zu Hand
nehmen, so wissen wir davon sofort zweierlei: einmal dass wir es
mit einer sorgfältigen und erschöpfenden Behandlung der einzelnen
Aufgaben zu thun haben; dass aber auch zweitens diese Behand-
lung häufig fast übermässig ausführlich ist, so dass in Folge dieser
Ausführlichkeit das Werk einen Umfang erhalteu hat, der Studium
und Anschaffung erschwert. Beides gilt wieder in hervor-
ragender Weise von dem uns vorliegenden Buche, wie denn das-
selbe auch für die »Variationsrechnung« gegolten. Will man den
zweiten der oben angeführten Punkte als einen Nachtheil ansehen,
so leidet das Buch daran; wer aber darüber wegsehen kann und
will, wird durch diesen — doch nicht eigentlich im Wesen der
Sache begründeten — Nachtheil sich nicht abhalten lassen, zu
seiner eigenen Uebung und zu grossem Nutzen sich mit dem Werke
vertraut zu machen. Auf die Hälfte des Umfangs zusammengezogen,
was nicht nur füglich hätte geschehen können, sondern noch weiten
Spielraum zu Ausführlichkeiten gelassen hätte, wäre durch weitere
Verbreitung wohl noch grösserer Nutzen gestiftet worden.
Damit aber kein Missverständniss eintreten kann hinsichtlich
des Inhaltes des uns vorliegenden Bandes, müssen wir zum Voraus
anführen, dass die »praktischen Anwendungen« ganz ausschliesslich
sich auf analytische Geometrie beziehen, während nach unserer
Meinung die eigentlichen praktischen Anwendungen für die Inte-
gration der vollständigen Differentialgleichungen — um die es sich
in diesem Bande allein handelt — in der analytischen Me-
chanik liegen. In diesem Gebiete, das ein so unendlich wichti-
ges und weites ist, hat man den grossen Vortheil, sich nicht die
Aufgaben erst künstlich zurecht legen zu müssen, wie dies doch
bei den Anwendungen für die analytische Geometrie mehr oder
minder geschieht; namentlich sind'aber dort die »Nebenbedingungen«
(Bestimmung der Konstanten) so in der Natur des Problems ge-
legen, dass gerade dieser Theil nur erst recht klar wird, wenn man
Mechanik treibt. Daher mag es wohl rühren, dass das Bedürfniss
einer Aufgabensammlung für analytische Geometrie, in so ferne die
Aufgaben zur Integration von Differentialglleichungen führen, keines-
LVIII. Jahrg. 2. Heft. 6