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Pfnor: Der Krieg.

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liehen Organismus.« Die Völker und Staaten müssen, um ihren
Gravitationsact zu vollbringen, sich entweder auf der negativen
(Krieg) oder positiven Seite (Friede) begegnen. Der Zwischen-
zustand zwischen Krieg und Friede, der Indifferenzpunkt beider
= 0, »ist nur zwischen Völkern und Staaten, welche sich äusser
aller Berührung finden«, oder die »leblos« nur »vegetiren«, denk-
bar (S. 186). Beide, Krieg und Friede, erhalten allein den Ver-
kehr der Völker und Staaten nach dem Gesetze eines ewigen, noth-
wendigen Wechsels in ihrem natürlichen Entwickelungsprocesse.
Das »absolute Princip eines Staates, seine Selbstbestimmung
oder Freiheit« kann »gegenüber der Freiheit eines andern Staates«
erst auf »dem Hypomochlion ihrer gegenseitigen Interessen« ver-
wirklicht werden. Diese »Relation« oder »Gravitation« der beiden
Staaten ist der »Krieg« oder der »Friede.« Ein »Zwischenzustand«
ist »im Princip undenkbar.« Der natürliche Zweck des Krieges ist
in der fortschreitenden Menschheit, wie in den einzelnen Cultur-
völkern, der Friede, ein Friede, der zur Herrschaft der Vernunft,
zum Siege der Freiheit, des Rechtes über das Unrecht führt. Das
schlechte Princip, das die Kriege vergangener Zeiten beherrschte,
waren »der monarchische Absolutismus«, der aristokratische Feu-
dalismus«, die »geistliche Finsterniss« und »Hierarchie« (S. 195).
Der Friede, der auf den Sieg solcher Principien folgt, ist der
Friede »der Todesluft und des stillen Grabes«, »Papstthum und
Hierarchie«. Eine Ausnahme machten wenigstens von einer Seite
die Befreiungskriege »der vereinigten Staaten der Niederlande, die
Revolutionskriege Frankreichs und des deutschen Protestantismus
mit Hülfe Gustav Adolphs« (S. 196). Alle andern Kriege der Ver-
gangenheit »seit der Trennung eines römischen deutschen Reiches
von dem Frankenreiche durch den Vertrag von Verdun« habenden
Charakter »der Verfolgung einseitiger Nebenzwecke« »zur Verlän-
gerung der Barbarei und Anarchie«, sind aber dennoch »natur-
gemässe Erscheinungen in dem langsamen Entwickelungsprozess
barbarischer Zustände« (S. 197). Der Herr Verf. unterscheidet von
diesen Kriegen die Kriege der neuen Aera, welche aus der ersten
französischen Revolution hervorgingen und durch Napoleon geführt
wurden, so wie in neuester Zeit die durch Louis Napoleon ge-
führten. Er betrachtet diese Kriege als zum Ziele »eines allge-
meinen Friedens« geführt (S. 197). Es soll dieses unter Anfüh-
rung der Thatsachen ('S. 197 ff.) begründet werden. Es wird her-
vorgehoben, dass Napoleon I. die eroberten Theile Italiens nach
dem Muster der französischen Republik in selbstständige Freistaaten
und Bundesgenossen umwandelte, ebenso an der Stelle des erober-
ten Hollands die batavische Republik errichtete, dass »Frankreich
sich nur diejenigen Länder jenseits des Rheins einverleibte, die ihm
durch den Vertrag von Verdun angehört hatten und die sich beim
Ausbruche des Krieges als herrenlose Parcellen von zwanzigerlei
Herrschaftendes deutschen Reiches in seine Arme geworfen hatten«,
 
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