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Kempter, Klaus [Hrsg.]; Boenicke, Rose [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Bildung und Wissensgesellschaft — Berlin, Heidelberg [u.a.], 49.2005 (2006)

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https://doi.org/10.11588/diglit.2246#0282

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270 Peter Meusburger

actions 4, warum sich Arbeitsplätze für hochrangige Entscheidungsträger und
hochqualifizierte Spezialisten nicht im erwarteten Ausmaß aus den großen
Zentren hinaus verlagern lassen. Sie erläuterten, warum für hochrangige Ent-
scheidungsträger Face-to-face-Kontakte unverzichtbar sind und auch die sym-
bolische Bedeutung des Standorts wichtig ist. Sie wiesen darauf hin, dass die
neuen Kommunikationstechnologien eher zu einer weiteren Konzentration
von Wissen und Macht und somit auch zu einer weiteren Verschärfung von
zentral-peripheren Disparitäten der Qualifikationsstruktur des Arbeitsplatz-
angebotes führen werden. Nur die Dezentralisierung von Routinefunktionen
würde erleichtert werden.

Die interdisziplinäre Wissenschaftsforschung (vor allem die Akteursnetz-
werktheorie) 5, die psychologische Forschung über kreative Milieus und die Or-
ganisationsforschung haben die These untermauert, dass der räumliche Kon-
text (die lokale Situation, die Systemumwelt) die Schaffung, Aufnahme und An-
wendung von neuem Wissen beeinflusst. Damit waren nicht nur regionale Un-
terschiede in der Forschungsförderung oder Forschungsinfrastruktur gemeint,
sondern die Geography of Science zeigte Interesse an den Schauplätzen, an de-
nen Experimente und Untersuchungen durchgeführt, Wissen generiert und
legitimiert wurde.6 Wissenschaftliche Praxis wurde als räumlich situiert und
wissenschaftliches Wissen als lokal konstruiert charakterisiert.7 Inzwischen
hat eine zunehmende Anzahl von Autoren erkannt, dass räumliche Unterschie-
de des Wissens keine kurzfristigen Übergangserscheinungen auf dem Wege zu
einem ökonomischen Gleichgewicht oder einer gesellschaftlichen Gleichheit
sind, sondern geradezu eine historische Konstante darstellen, die es bei vielen
Forschungsfragen zu berücksichtigen gilt.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Fragen, was man unter der Räum-
lichkeit des Wissens verstehen kann, warum ein räumlich differenzierender
Ansatz auch beim Thema Wissen neue Erkenntnisse bringen kann und worin
die Bedeutung eines räumlichen Kontextes bei der Produktion und Anwen-
dung von Wissen liegt. Im ersten Abschnitt werden einige grundsätzliche Fra-
gen zum Verhältnis zwischen Räumlichkeit, Wissenserwerb und Handeln sowie
zur Bedeutung der räumlichen Dimension bei der Analyse sozialer Sachver-
halte erörtert. Anschließend wird anhand einiger Beispiele gezeigt, wie sich
räumliche Disparitäten des Wissens auf verschiedenen Maßstabsebenen dar-
stellen.

Gottmann 1980,1982.

Einen ausführlichen Überblick über die soziologische, geographische und philosophische

Wissenschaftsforschung bietet Jons 2003.

Livingstone 2003.

Latour 1987, Haraway 1999, Livingstone 1995, Jons 2003.
 
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