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Kempter, Klaus [Hrsg.]; Boenicke, Rose [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Bildung und Wissensgesellschaft — Berlin, Heidelberg [u.a.], 49.2005 (2006)

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https://doi.org/10.11588/diglit.2246#0281

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Wissen und Raum -
ein subtiles Beziehungsgeflecht

PETER MEUSBURGER

i Einführung in die Problemstellung

Noch vor wenigen Jahren vertrat die Mehrheit der Sozial- und Wirtschaftswis-
senschaftler die Ansicht, dass die Produktion und Anwendung von Wissen1
ein Prozess sei, der nichts mit räumlichen Gegebenheiten zu tun habe. Wissen
sei universell, es könne überall generiert werden und sei ubiquitär verfügbar.
Diese Ansicht konnte sich vermutlich deshalb so lange halten, weil sowohl die
neoklassische Ökonomie als auch der Marxismus von der Ubiquität des Wis-
sens ausgingen und weil jene, die nicht zwischen Wissen und Informationen
unterschieden, davon ausgingen, dass das vorhandene Wissen mit Hilfe der Te-
lekommunikation überall für Anwendungszwecke genutzt werden könne. Mit
dem Schlagwort des Global Village wurden die Erwartungen verbunden, dass
in Zukunft die Standortabhängigkeit von wissensintensiven Arbeitsplätzen ab-
nehmen werde und sich die räumliche Konzentration der Arbeitsplätze von
hochqualifizierten Spezialisten und Entscheidungsträgern in den Zentren ver-
ringern werde.

Solche „raumblinden" Ansätze wurden in den letzten drei Jahrzehnten aus
mehreren Richtungen zunehmend kritisiert. Als erste begründeten die Bü-
rostandortforschung, 2 die Bildungsgeographie3 und die Geography of Trans-

Eine Zusammenfassung der wichtigsten Kategorien und Definitionen von Wissen findet sich
unter anderem in Meusburger (1998,59-81). In dem hier behandelten Zusammenhang ist vor
allem die Unterscheidung in Fachwissen (wissenschaftliches Wissen), symbolisches Wissen
(Religionen, Ideologien, Weltanschauungen) und ästhetisches Wissen (Kunst) wichtig. Dabei
ist Jahnke (2004) zuzustimmen, dass die Grenzen zwischen diesen Kategorien schwer fest-
stellbar und fließend sind und wir es mit einer Hybridisierung der drei Ausdrucksformen des
Wissens zu tun haben. Wissenschaften sind also nie frei von Ideologien; Religionen können
von wissenschaftlichen Erkenntnissen beeinflusst werden und auch die Kunst und Ästhetik
sind eine Möglichkeit Wissen auszudrücken und zu vermitteln.

Goddard 1971, 1973; Goddard/Morris 1976; Goddard/Pye 1977; Goddard et al. 1986; God-
dard/Gillespie 1986.
Meusburger 1980,1998,2000.
 
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