Ethnizität und Bildungsverhalten 321
einen zentralen Ort kulturell artikulierter und politisch instrumentalisierter
Verteilungskämpfe um Positionen von Macht und Einfluss bilden wird.
3 Bildungsverhalten und Bildungslandschaften
Mit Bildungsverhalten sollen hier mehrere Ebenen eines gruppen- und per-
sonenspezifischen Ausbildungserfolgs angesprochen werden. Um einen sol-
chen Erfolg zu gewährleisten, bedarf es zunächst einer Infrastruktur - etwa in
Form staatlich bereitgestellter Schulen, die über standardisierte Lehrpläne, die
wiederum von lizenzierten, nach objektiven Kriterien geprüften Lehrkräften
umgesetzt werden, allgemein akzeptierte Lehrziele - in den USA etwa einen
High school-Abschluss - zu erreichen versuchen. Wie im vorangegangenen
Kapitel in aller gebotenen Kürze erörtert wurde, verbinden verschiedene kul-
turelle Gruppen mit dieser Infrastruktur divergierende Präferenzen. Manchen
Gruppen geht es um die Umsetzung politisch-ideologischer Ansprüche, ande-
ren um die Bewahrung kultureller Praktiken und Traditionen. Über die Be-
reitstellung und den Unterhalt öffentlicher Schulen kann eine folgenreiche
Minderheiten- und Kulturpolitik betrieben werden. Für den Schulerfolg von
Personen aus einem bestimmten ethnisch-kulturellen Hintergrund stellt eine
entsprechende Infrastruktur eine zwar notwendige, aber noch nicht hinrei-
chende Voraussetzung dar. Es bedarf auch bestimmter Prämissen auf einer
individuellen Ebene, die in Kombination mit strukturellen Faktoren zu einem
Bildungserfolg führen - oder führen können, denn in Ausnahmefällen vermag
bei entsprechender Ambition auch aus einer kümmerlichen schulischen Infra-
struktur eine herausragende individuelle Bildungsleistung zu resultieren. Zu
diesen persönlichen Dispositionen zählen die Bereitschaft zum Engagement
in der Schule, der Rückhalt in der eigenen Familie und im Freundeskreis, Moti-
vation und innerer Antrieb sowie gefestigte Vorstellungen über ein mögliches
Berufsbild. Insgesamt sind strukturelle und individuelle Faktoren aufs Engste
miteinander verwoben, so dass eine Ableitung des Schulerfolgs und des Bil-
dungsverhaltens auf genau eine Hauptkomponente wenig sinnvoll und auch
empirisch auch nur schwer durchführbar erscheint.33 Dazu kommt, dass so-
wohl strukturelle als auch persönliche Kriterien von den historischen Wurzeln
der Bildungstraditionen abhängen und gleichzeitig auch von aktuellen ge-
sellschaftlichen Grunddispositionen gegenüber ethnisch-kulturellen Gruppen
gesteuert werden. Wer hier also eindimensionale Kausalbeziehungen formu-
lieren will, stößt schnell auf beträchtliche inhaltliche und methodische Schwie-
rigkeiten. Dennoch steht außer Zweifel, dass eine Betrachtung des Schulerfolgs
(oder auch -misserfolgs) bestimmter ethnisch-kultureller Gruppen auch das
individuelle Bildungsverhalten berücksichtigen muss.
Wenn es um die individuellen Einstellungen zur Schule, zum Lernprozess
und zur beruflichen Qualifizierung geht, so wird immer wieder auf die kultu-
33 Gamerith 2002, nzff.
einen zentralen Ort kulturell artikulierter und politisch instrumentalisierter
Verteilungskämpfe um Positionen von Macht und Einfluss bilden wird.
3 Bildungsverhalten und Bildungslandschaften
Mit Bildungsverhalten sollen hier mehrere Ebenen eines gruppen- und per-
sonenspezifischen Ausbildungserfolgs angesprochen werden. Um einen sol-
chen Erfolg zu gewährleisten, bedarf es zunächst einer Infrastruktur - etwa in
Form staatlich bereitgestellter Schulen, die über standardisierte Lehrpläne, die
wiederum von lizenzierten, nach objektiven Kriterien geprüften Lehrkräften
umgesetzt werden, allgemein akzeptierte Lehrziele - in den USA etwa einen
High school-Abschluss - zu erreichen versuchen. Wie im vorangegangenen
Kapitel in aller gebotenen Kürze erörtert wurde, verbinden verschiedene kul-
turelle Gruppen mit dieser Infrastruktur divergierende Präferenzen. Manchen
Gruppen geht es um die Umsetzung politisch-ideologischer Ansprüche, ande-
ren um die Bewahrung kultureller Praktiken und Traditionen. Über die Be-
reitstellung und den Unterhalt öffentlicher Schulen kann eine folgenreiche
Minderheiten- und Kulturpolitik betrieben werden. Für den Schulerfolg von
Personen aus einem bestimmten ethnisch-kulturellen Hintergrund stellt eine
entsprechende Infrastruktur eine zwar notwendige, aber noch nicht hinrei-
chende Voraussetzung dar. Es bedarf auch bestimmter Prämissen auf einer
individuellen Ebene, die in Kombination mit strukturellen Faktoren zu einem
Bildungserfolg führen - oder führen können, denn in Ausnahmefällen vermag
bei entsprechender Ambition auch aus einer kümmerlichen schulischen Infra-
struktur eine herausragende individuelle Bildungsleistung zu resultieren. Zu
diesen persönlichen Dispositionen zählen die Bereitschaft zum Engagement
in der Schule, der Rückhalt in der eigenen Familie und im Freundeskreis, Moti-
vation und innerer Antrieb sowie gefestigte Vorstellungen über ein mögliches
Berufsbild. Insgesamt sind strukturelle und individuelle Faktoren aufs Engste
miteinander verwoben, so dass eine Ableitung des Schulerfolgs und des Bil-
dungsverhaltens auf genau eine Hauptkomponente wenig sinnvoll und auch
empirisch auch nur schwer durchführbar erscheint.33 Dazu kommt, dass so-
wohl strukturelle als auch persönliche Kriterien von den historischen Wurzeln
der Bildungstraditionen abhängen und gleichzeitig auch von aktuellen ge-
sellschaftlichen Grunddispositionen gegenüber ethnisch-kulturellen Gruppen
gesteuert werden. Wer hier also eindimensionale Kausalbeziehungen formu-
lieren will, stößt schnell auf beträchtliche inhaltliche und methodische Schwie-
rigkeiten. Dennoch steht außer Zweifel, dass eine Betrachtung des Schulerfolgs
(oder auch -misserfolgs) bestimmter ethnisch-kultureller Gruppen auch das
individuelle Bildungsverhalten berücksichtigen muss.
Wenn es um die individuellen Einstellungen zur Schule, zum Lernprozess
und zur beruflichen Qualifizierung geht, so wird immer wieder auf die kultu-
33 Gamerith 2002, nzff.