M 1S1
Di-nstag, I. ZM
* Politische ttmschau.
Die „Sternzeitung" bringt einen ersten Ar-
tikel über die Entscheidling des kurhessischen
Verfafflingsconflicts. Nach dem officiösen Ber-
liner Blatte möchte man meinen, jetzt unter-
liege kö keinem Zweifel mehr, daß in Kur-
heffen der Beginn des golbenen Verfassungs-
zeitalters bereits eingetreten sei. Ei» in Aus-
sicht gestellter zweiter Artike! soll die eigen-
-thümliche Aufsassung derjenige-n /beleuchten,
welche hierin eine etwas andere Anschauung
hegen.
Sehr scharf äußern sich die Wiener „Neue-
sten Nachrichten" über die kurhessischen Zu-
stände. Sie faffcn die Persönlichkeiten in's
Auge, welche das neue kurhes. Ministerium
bilden und widmen bei dieser Gelegenheit
einiger politischen Demoralisation einige Worte,
die, wic es scheine, in Deutschland in Mode,
komme. In Kurheffen wie in Preußen haben
Männer, deren reactionäre Anschauungen be-
kannt sind, die Aufgabe übernommen, die Sache
der Fretheit und des Forlschritts zu vertreten.
Wenn ein gleiches Versahreli von ven ver-
schiedenen deutschen Regierungen eingtschla-
gen werde, dann werde es bald um Treu und
Gläuben geschehen sein-, dann werde der po-
litische Characler der deutschen Nation von
einer Corruption ergriffen werden, deren Fot-
gen unheilbar bleiben müßten. Das bis jetzt
in Preußen und Kurheffen angewendete Prin-
cip sei eiu Iesuitismus vhne Gleichen. Das
Frankreich des Staatsstreiches habe keine Cr-
scheinung auszuweisen, die den hier berührten
Vorgängen an die Seite zu setzen wäre. Cs
sei Ausgabe der verschiedenen veutschen Vols-
vertretungen, dieser Corruption mit allen
Mitteln entgegenzutreten.
Der Senat hat den Plan des Ministers
Nouland, einen Pensionssonv für den niede-
ren Clerus zu bilden, sehr gut aufgenommen.
Der Cardinal Marhieu, Crzbischos von Be-
sancon, sprach sich dagegen auö; ei meinte, es
vercrage sich nicht mil der Würde geistlicher
Functionen, aus eine Linie mit weltlichen
Beamten gestellt zu werden. Er ist Crzbi-
schos, Cardinal und Senator und hat gut re-
den, es ift aber allgemeine Klage in Frank-
reich, daß während der hohe Clerus im Ueber-
fluß schwelgk, der niedere bei schwereren
Pflichten in bitterer Armuth dacbt.
' Aus Preußen liegen heute wieder nur
schlechte Nachrichten vor: Verfolgungen ver
Preffe, Versolgungen von Wahlmännern, die
zusällig Landwehrofficiere sind, Verfolgungen
von Richtern , die den ministeriellen Wahler-
laffen widcrsprachen u. -s. f. Ms besonders
bezeichnend wird allgemein die aus Veranlas-
sen des Ministeriums ersolgte „Cntbindung"
von Wintcrs vom Polizeipräsioium anerkannt.
Die „Nationalztg."' bcmerkt darüber u. A.:
Bei weitem schlagender als der letzte Mini-
sterwechse! bekunbet dieser Act, daß es sich in
unserem Staate um eine Aenderung des gan-
zen politrschen Systems und namentlich der
sür die innere Verwaltung maßgcbenden Grund-
sätze hanvelt. ... CS ist zugleich aus der
unmittelbaren Umgebung des Königs der letzte
VertrauenSmann entsernt, der zugleich das
volle Vertrauen des Volkes besaß, und von
dem es allen Cinflüsterungen und Ohrenblä-
sereien gegenüber eine unbesangcne Auffaffung
und Darstellung^ der Verhältnisse und That-
sachen erwarten zu können glaubte. Es wird
jetzt Iedermann klar sein, wohin wir steuern.
Nach einer Mittheilung aus Luzern nimmt
die Zahl der daselbst ankommenoen sranzösi-
schen Legitimisten immer noch zu,»alle Bahn-
züge und Dampfschiffe bringen solche, bie Säle
und Zimmer bes „Schweizerhoseö" genügen
nicht mehr, selbst die Gänge werden in Schlaf-
zimmer verwanbelt. Auch die übrjgen Gast-
höse hätten keinen Platz mehr und selbst in
Privathäusern könne man nicht mehr unter-
kommen. Letzten Samftag sollen die Franzo-
sen (Legitimisten) eine Zusammenkunsl in der
„Krone" gehabt haben. Sonntags erschien
Gras Chambord in der Hoskkrche mit einem
Gesolge von etwa 800 Personen.
Cin kaiserliches Decret besiehlt die Errich-
tung einer Universität sür Neurußlanb zu
Odessa. Für den Eisenbahttbau von Peters-
burg nach Oranienbaum bis zum Hafen ist
Vie Concession ertheilt.
Jn der Nede, welche Minister Schmerling
am 26. Iuni im Abgeordnetenhause gehalten,
mib deren wir in Nr. 150 erwähnten, ift
überall, rvo dieselbe von „Anbahnung einer
Verständigung odcr Versöhnung" spricht, bei-
z'usügen mil Ungarn.
Der Gerichtöhös von Bergamo hat in der
Sarnicosache seinen Spruch gethan. Derselbe
erklärt, eö sei von dem Prozcßverfahren ab-
zustehen, da von Seile der zu Sarnico und
Palazzolo Verhafteten keine strasbare Hand-
lung vorliege. Hiermit hat die vielbespro-
chene Angelegenheit ihr Cnde erreicht und ist
das von so Vielen angeftrebte Märlyrerthum
in Nauch ausgegangen.
Das erste iralienische Matonalschießen wird
vom 15.—20. September in Turin stattsin-
des, »nd zwar mit all dem Psmpe' und der
Pracht, die man auf den großen eidgenössischen
Schützörrfesten zu sehen gcwohnt ist. Ohne
die von allen Seiten der Halbinsel erwarte-
ten Gaben setzt die Negierung an Prämien
die Summe voy 100,000 Franken aus, die
auf die Scheibeu: Italien, Nom, Venobig,
Palestro, Valturno, Goito, San Martino unb
53 andere Scheiben verlheiit sind. -Dör erste
PreiS in baarem Geld besteht in 5000 Fran-
kon. Die Lochter des Königs, Prinzessin Pia,
hat dem Nationalschützenverein eine pracht-
volle Fcchne zum Geschenke gemacht.
Hr. v. Lavalette hat dem Papft eine von
Ztatien -zu leistende unv von Frankreich ga-
rantirl.e jährliche Encschädigung >von 3 Mit-
lionen Franken als Bedingung einer Verstän-
digung angeboten. Kardinal Antonelli ließ
sich jeooch auf keine Verständigung hierüber
ein, wies das Anerbieten sosort zurück und
erklärte, die römische Frage sei keine Geld-
frage; es hanbte sich um ein Necht, eine
Pflicht und ein Prinzip. Ueberbieß ziehe die
päpftliche Regierung bas Scherflein der Av-
men dem Gelde der Könige vor.
Drr „K. Z." zusolge ist die russische Di-
plomatie in Wien thärig, um Oesterreich von
seiner Opposition gegen den Hanbelsvertrag
mit Frankreich abzubringen.
Ein Circular ital. des Ministers Les Innern
zeigt an, daß die Formalität der Pässe zwi-
schen Italien und Englond abgeschafft ist.
Die Session des sranzösischen gesetzgeben-
den Körpers äst gestern Abend geschloffen wor-
den. Die Deputircen trennten sich unter dem
enthusiaftischen Nuf: „Cs lebe der Kaiser!"
Der legislative Körper hat sich die aller-
höchfte Ungnade burch Verwerfung ver Wagen-
steuer zugezogen. Napoleon ist wüthend ob
dieser zweiten Edition der Palikaogeschichte.
Der König von Portugal hat sich mit ber
Princessin Maria Pia vön Savoyen, Tochler
des Königs vön Italien, verlöbt.
Nach der „Presse" wäre man im auswär-
tigen Amte in Wien von dem neuen kurhcff.
Ministerium Nichts weniger aks erbaut. Man
sei in der Umgebung des Grasen Nechberg
der ganz richtigen Ansicht, daß ein Cabinet
solcher -Färbung auf weit größere Hindernisse
als irgend ein anderes Cabinet von auch nur
halbwegs liberalem Chäräkter stößen wird.
Nach Versicherung der ,>Patrie" würden
die Gefandten mehrerer Großmächte im Inli
zu Konstantmopel in Conserenz zusammen-
treten, um die serbischen Angelegenheilen zu
ordnen.
ELn Landstadtchsn.
Növellette von A. R. Hahn.
(Fortsetzung).
lich wieder von meinem alten mürrischen Oheim,
welcher mir alle Vierteljahre einmal schrieb. Den
Anfang des Briefes machten regelmäßig Bibel-
sprüche und Ermahnungen, doch ja steißig die Kirche
zu besuchen, dann kam die Bitte, ihm drei Pfund
der vortrcfflichen Lebkuchen des Städtchens zu be-
sorgen, welchen er aus Gesundheitsrücksichten speisen
müsse und wofür ich niemals Geld erhielt, den
Schluß machten dann wieder erbauliche Anweisun-
gen auf himmlische Freuden und fromme Wünsche:
daß Gott mich züchtigen möge, weil er mich liebe.
Jch warf thn auf die Seite und erbrach den an-
„Ein aufrichtiger Freund, welcher in einer de-
sicaten Angelegenhett sich nicht gern nennen will,
theilt Jhnen aus wahrer Theilnahme mit: daß
Sie seit einiger Zeit sehr in Mißcredtt gekommen
sind bei allen respectabeln Leuten der Stadt.
Män findet nämlich das Sptel, welches Sie mit
den drei Fräulein Werner treiben, sehr Jhrer
unrpürdig, und wünscht im Jnteresse dteser acht-
baren und angesehenen Familie, daß Sie sich end-
lich erklären möchten, welche von den dreijungen
Damen, die alle reizend, wohl erzogen und tu-
gendhaft sind, Sie zu Jhrer künftigen Lebens-
gcsährtin wählen werden.
Daß die Aelteste außer der Aussteuer sieben-
tausend Thaler Mitgift bekommt, während die
Jüngeren sich in zwölftausend Thaler theilen
müffen, wird für einen Mann, wie Sie, keln
Grund sein, die Aelteste zu wählen.
Daß man diesen armcn Mädchen, sowie Bür-
germeisters Thcrese, Jhretwegen das Schlimmste
nachredet, können Sie sich denken, Jhre Verlo-
bung mit einem der Fräulein Werner wird aber
solchen Verleumdungen bald etn Ende machen.
N. N."
Jndignirt im höchsten Grade, warf ich den aller-
liebsten Brief hin. Also ein Fräulein Werner
sollte ich heirathen! Denn daß dieser Brief von
der Werner'scheir Familie ausging, war klar, ich
hätte sehr wenig von der nothwendigen Schlauheit
des Juristen haben müssen, um nicht das zu er-
kennen.
Hatte ich Etwas gesagt und gethan, um die edlen
Fräuleins oder deren theure Eltern zuirgend einem
Anspruche an meine Person zu berechtigen?
Nicht das Geringste!
Als ich vor drct Zahren Ln das Städtchen kam,
empfing mich mein Herr Vorgesetzter auf vas Lie-
benswürdigste und übernahm selbstdie Mühe, mich
bei den angesehensten Familien zu introduciren.
Rachdem er seine Stiestochter an einen benachbar-
ten Gutsbesitzer verheirathet hatte, wurde er merk-
Uch kühler gegen mich, seinem Beispiele folgten
einige andere Familien, nur Werner's blieben fich
immer gleich, und obgleich ich sie immer langwei-
lig und sehr oft einfältig fand, so trug doch Lhr
Benehmen vom Hausherrn an bis auf den zehn-
jährigen Sohn, den Liebling der Eltern, stets das
unverkennbare Gepräge von Gutmüthigkeit und
Freundfchast, so daß ich tmmer wieder ihren Ein-
laduugen Folge leistete.
Wie oft hatte ich nicht, um nicht unredlich zu
handeln, geäußert: daß ich bei der nächsten Gele-
genhcit um Versetzung suppliciren würde, wie oft
Di-nstag, I. ZM
* Politische ttmschau.
Die „Sternzeitung" bringt einen ersten Ar-
tikel über die Entscheidling des kurhessischen
Verfafflingsconflicts. Nach dem officiösen Ber-
liner Blatte möchte man meinen, jetzt unter-
liege kö keinem Zweifel mehr, daß in Kur-
heffen der Beginn des golbenen Verfassungs-
zeitalters bereits eingetreten sei. Ei» in Aus-
sicht gestellter zweiter Artike! soll die eigen-
-thümliche Aufsassung derjenige-n /beleuchten,
welche hierin eine etwas andere Anschauung
hegen.
Sehr scharf äußern sich die Wiener „Neue-
sten Nachrichten" über die kurhessischen Zu-
stände. Sie faffcn die Persönlichkeiten in's
Auge, welche das neue kurhes. Ministerium
bilden und widmen bei dieser Gelegenheit
einiger politischen Demoralisation einige Worte,
die, wic es scheine, in Deutschland in Mode,
komme. In Kurheffen wie in Preußen haben
Männer, deren reactionäre Anschauungen be-
kannt sind, die Aufgabe übernommen, die Sache
der Fretheit und des Forlschritts zu vertreten.
Wenn ein gleiches Versahreli von ven ver-
schiedenen deutschen Regierungen eingtschla-
gen werde, dann werde es bald um Treu und
Gläuben geschehen sein-, dann werde der po-
litische Characler der deutschen Nation von
einer Corruption ergriffen werden, deren Fot-
gen unheilbar bleiben müßten. Das bis jetzt
in Preußen und Kurheffen angewendete Prin-
cip sei eiu Iesuitismus vhne Gleichen. Das
Frankreich des Staatsstreiches habe keine Cr-
scheinung auszuweisen, die den hier berührten
Vorgängen an die Seite zu setzen wäre. Cs
sei Ausgabe der verschiedenen veutschen Vols-
vertretungen, dieser Corruption mit allen
Mitteln entgegenzutreten.
Der Senat hat den Plan des Ministers
Nouland, einen Pensionssonv für den niede-
ren Clerus zu bilden, sehr gut aufgenommen.
Der Cardinal Marhieu, Crzbischos von Be-
sancon, sprach sich dagegen auö; ei meinte, es
vercrage sich nicht mil der Würde geistlicher
Functionen, aus eine Linie mit weltlichen
Beamten gestellt zu werden. Er ist Crzbi-
schos, Cardinal und Senator und hat gut re-
den, es ift aber allgemeine Klage in Frank-
reich, daß während der hohe Clerus im Ueber-
fluß schwelgk, der niedere bei schwereren
Pflichten in bitterer Armuth dacbt.
' Aus Preußen liegen heute wieder nur
schlechte Nachrichten vor: Verfolgungen ver
Preffe, Versolgungen von Wahlmännern, die
zusällig Landwehrofficiere sind, Verfolgungen
von Richtern , die den ministeriellen Wahler-
laffen widcrsprachen u. -s. f. Ms besonders
bezeichnend wird allgemein die aus Veranlas-
sen des Ministeriums ersolgte „Cntbindung"
von Wintcrs vom Polizeipräsioium anerkannt.
Die „Nationalztg."' bcmerkt darüber u. A.:
Bei weitem schlagender als der letzte Mini-
sterwechse! bekunbet dieser Act, daß es sich in
unserem Staate um eine Aenderung des gan-
zen politrschen Systems und namentlich der
sür die innere Verwaltung maßgcbenden Grund-
sätze hanvelt. ... CS ist zugleich aus der
unmittelbaren Umgebung des Königs der letzte
VertrauenSmann entsernt, der zugleich das
volle Vertrauen des Volkes besaß, und von
dem es allen Cinflüsterungen und Ohrenblä-
sereien gegenüber eine unbesangcne Auffaffung
und Darstellung^ der Verhältnisse und That-
sachen erwarten zu können glaubte. Es wird
jetzt Iedermann klar sein, wohin wir steuern.
Nach einer Mittheilung aus Luzern nimmt
die Zahl der daselbst ankommenoen sranzösi-
schen Legitimisten immer noch zu,»alle Bahn-
züge und Dampfschiffe bringen solche, bie Säle
und Zimmer bes „Schweizerhoseö" genügen
nicht mehr, selbst die Gänge werden in Schlaf-
zimmer verwanbelt. Auch die übrjgen Gast-
höse hätten keinen Platz mehr und selbst in
Privathäusern könne man nicht mehr unter-
kommen. Letzten Samftag sollen die Franzo-
sen (Legitimisten) eine Zusammenkunsl in der
„Krone" gehabt haben. Sonntags erschien
Gras Chambord in der Hoskkrche mit einem
Gesolge von etwa 800 Personen.
Cin kaiserliches Decret besiehlt die Errich-
tung einer Universität sür Neurußlanb zu
Odessa. Für den Eisenbahttbau von Peters-
burg nach Oranienbaum bis zum Hafen ist
Vie Concession ertheilt.
Jn der Nede, welche Minister Schmerling
am 26. Iuni im Abgeordnetenhause gehalten,
mib deren wir in Nr. 150 erwähnten, ift
überall, rvo dieselbe von „Anbahnung einer
Verständigung odcr Versöhnung" spricht, bei-
z'usügen mil Ungarn.
Der Gerichtöhös von Bergamo hat in der
Sarnicosache seinen Spruch gethan. Derselbe
erklärt, eö sei von dem Prozcßverfahren ab-
zustehen, da von Seile der zu Sarnico und
Palazzolo Verhafteten keine strasbare Hand-
lung vorliege. Hiermit hat die vielbespro-
chene Angelegenheit ihr Cnde erreicht und ist
das von so Vielen angeftrebte Märlyrerthum
in Nauch ausgegangen.
Das erste iralienische Matonalschießen wird
vom 15.—20. September in Turin stattsin-
des, »nd zwar mit all dem Psmpe' und der
Pracht, die man auf den großen eidgenössischen
Schützörrfesten zu sehen gcwohnt ist. Ohne
die von allen Seiten der Halbinsel erwarte-
ten Gaben setzt die Negierung an Prämien
die Summe voy 100,000 Franken aus, die
auf die Scheibeu: Italien, Nom, Venobig,
Palestro, Valturno, Goito, San Martino unb
53 andere Scheiben verlheiit sind. -Dör erste
PreiS in baarem Geld besteht in 5000 Fran-
kon. Die Lochter des Königs, Prinzessin Pia,
hat dem Nationalschützenverein eine pracht-
volle Fcchne zum Geschenke gemacht.
Hr. v. Lavalette hat dem Papft eine von
Ztatien -zu leistende unv von Frankreich ga-
rantirl.e jährliche Encschädigung >von 3 Mit-
lionen Franken als Bedingung einer Verstän-
digung angeboten. Kardinal Antonelli ließ
sich jeooch auf keine Verständigung hierüber
ein, wies das Anerbieten sosort zurück und
erklärte, die römische Frage sei keine Geld-
frage; es hanbte sich um ein Necht, eine
Pflicht und ein Prinzip. Ueberbieß ziehe die
päpftliche Regierung bas Scherflein der Av-
men dem Gelde der Könige vor.
Drr „K. Z." zusolge ist die russische Di-
plomatie in Wien thärig, um Oesterreich von
seiner Opposition gegen den Hanbelsvertrag
mit Frankreich abzubringen.
Ein Circular ital. des Ministers Les Innern
zeigt an, daß die Formalität der Pässe zwi-
schen Italien und Englond abgeschafft ist.
Die Session des sranzösischen gesetzgeben-
den Körpers äst gestern Abend geschloffen wor-
den. Die Deputircen trennten sich unter dem
enthusiaftischen Nuf: „Cs lebe der Kaiser!"
Der legislative Körper hat sich die aller-
höchfte Ungnade burch Verwerfung ver Wagen-
steuer zugezogen. Napoleon ist wüthend ob
dieser zweiten Edition der Palikaogeschichte.
Der König von Portugal hat sich mit ber
Princessin Maria Pia vön Savoyen, Tochler
des Königs vön Italien, verlöbt.
Nach der „Presse" wäre man im auswär-
tigen Amte in Wien von dem neuen kurhcff.
Ministerium Nichts weniger aks erbaut. Man
sei in der Umgebung des Grasen Nechberg
der ganz richtigen Ansicht, daß ein Cabinet
solcher -Färbung auf weit größere Hindernisse
als irgend ein anderes Cabinet von auch nur
halbwegs liberalem Chäräkter stößen wird.
Nach Versicherung der ,>Patrie" würden
die Gefandten mehrerer Großmächte im Inli
zu Konstantmopel in Conserenz zusammen-
treten, um die serbischen Angelegenheilen zu
ordnen.
ELn Landstadtchsn.
Növellette von A. R. Hahn.
(Fortsetzung).
lich wieder von meinem alten mürrischen Oheim,
welcher mir alle Vierteljahre einmal schrieb. Den
Anfang des Briefes machten regelmäßig Bibel-
sprüche und Ermahnungen, doch ja steißig die Kirche
zu besuchen, dann kam die Bitte, ihm drei Pfund
der vortrcfflichen Lebkuchen des Städtchens zu be-
sorgen, welchen er aus Gesundheitsrücksichten speisen
müsse und wofür ich niemals Geld erhielt, den
Schluß machten dann wieder erbauliche Anweisun-
gen auf himmlische Freuden und fromme Wünsche:
daß Gott mich züchtigen möge, weil er mich liebe.
Jch warf thn auf die Seite und erbrach den an-
„Ein aufrichtiger Freund, welcher in einer de-
sicaten Angelegenhett sich nicht gern nennen will,
theilt Jhnen aus wahrer Theilnahme mit: daß
Sie seit einiger Zeit sehr in Mißcredtt gekommen
sind bei allen respectabeln Leuten der Stadt.
Män findet nämlich das Sptel, welches Sie mit
den drei Fräulein Werner treiben, sehr Jhrer
unrpürdig, und wünscht im Jnteresse dteser acht-
baren und angesehenen Familie, daß Sie sich end-
lich erklären möchten, welche von den dreijungen
Damen, die alle reizend, wohl erzogen und tu-
gendhaft sind, Sie zu Jhrer künftigen Lebens-
gcsährtin wählen werden.
Daß die Aelteste außer der Aussteuer sieben-
tausend Thaler Mitgift bekommt, während die
Jüngeren sich in zwölftausend Thaler theilen
müffen, wird für einen Mann, wie Sie, keln
Grund sein, die Aelteste zu wählen.
Daß man diesen armcn Mädchen, sowie Bür-
germeisters Thcrese, Jhretwegen das Schlimmste
nachredet, können Sie sich denken, Jhre Verlo-
bung mit einem der Fräulein Werner wird aber
solchen Verleumdungen bald etn Ende machen.
N. N."
Jndignirt im höchsten Grade, warf ich den aller-
liebsten Brief hin. Also ein Fräulein Werner
sollte ich heirathen! Denn daß dieser Brief von
der Werner'scheir Familie ausging, war klar, ich
hätte sehr wenig von der nothwendigen Schlauheit
des Juristen haben müssen, um nicht das zu er-
kennen.
Hatte ich Etwas gesagt und gethan, um die edlen
Fräuleins oder deren theure Eltern zuirgend einem
Anspruche an meine Person zu berechtigen?
Nicht das Geringste!
Als ich vor drct Zahren Ln das Städtchen kam,
empfing mich mein Herr Vorgesetzter auf vas Lie-
benswürdigste und übernahm selbstdie Mühe, mich
bei den angesehensten Familien zu introduciren.
Rachdem er seine Stiestochter an einen benachbar-
ten Gutsbesitzer verheirathet hatte, wurde er merk-
Uch kühler gegen mich, seinem Beispiele folgten
einige andere Familien, nur Werner's blieben fich
immer gleich, und obgleich ich sie immer langwei-
lig und sehr oft einfältig fand, so trug doch Lhr
Benehmen vom Hausherrn an bis auf den zehn-
jährigen Sohn, den Liebling der Eltern, stets das
unverkennbare Gepräge von Gutmüthigkeit und
Freundfchast, so daß ich tmmer wieder ihren Ein-
laduugen Folge leistete.
Wie oft hatte ich nicht, um nicht unredlich zu
handeln, geäußert: daß ich bei der nächsten Gele-
genhcit um Versetzung suppliciren würde, wie oft