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Heidelberger Zeitung — 1862 (Juli bis Dezember)

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Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2835#0069

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N 168


Sonntag,

L8«2.

Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeitung" nebst Beilaa« „Heidelber-
gcr F „nilienblätter ^ für daS mit 1.
Jnli 1882 begonnene Ste Quartal
werden fortwährend angenommen.
I»iv

* Politische Umschau.

Zn emer NlUional-Verems-Versammlung
zu Hamburg wurde beschloffen, an ben
Ausschuß l» Koburg baS Ansuchen zu stellen,
dem wackern Kämpfer Oeller in Kurheffen,
zur Stärkung selner Gesunbheii, die Miitcl
zu einem zweisährigen Aufenihalie in einem
südlichen Klüna zu bewiUigen. (Bekannilich
hai Oeiker eine ihm fruher zu gleichem Zwccke
bestimmie Summe nichi angenommcn).

F.Z.M. Gpulai hai eine Rechiferiigung
seines Verhaliens im österreichisch-iialienischen
Kricge erscheincn lassen.

Nach ber pariser Preffe wird nächstenS in
Constaniinopel cine diplomaüsche Conferenz
zur Regelung dcr kürziich in ber oricniali-
schen Frage wicder aufgetauchien Schwierig-
kciien staüfinden.

Jn Mailand herrschi Aufregung nnd die
ganze Naiivnalgarde ist unier den Waffen,
um einc vom Volk Prozekiiric Demonstraiion
in Beireff Roms zu verhindern.

Die „sicrnzciiung" stehi stch bczüglich der
Verhanblungen der Frakiion des linken Ccn-
irums (Bockum-Dolffs) unb der Forlschriüs-
pariei im Abgcordneienhaufe über die Mili-
iärfrage zu dcr Acußerung veranlaßi, oaß,
weun (ene Bcstrcbungen auf Seiien bcr Mehr-
heii des Abgeordneienhauses von Ersolg fcin
sollien, Schwierigkeiien heranfbeschworen wür-
den, deren Bebeuiung in den beircffenoeu po-
liiischen Parieien schwerlich schon genügend
erwogen worden ist.

Dic Fraclionen ber Forlschriiisparlei und
dcs linkcn CenirumS haben stch burch eine
feurige Rede des Abg. Schulzc-Delitzsch,.wel-
chcr foeben'von Franlfuri zurückgckehri war,
veranlaßi gefehen, den Schupen auch vom
preußischen Abgeordneienhaiise aus eine Fcst-
gabc barzubringcn. Jn wenigen Augenblicken
war die Summc von 2üii Thlr. gezdichnei,
worauf cine Commiffion zur Auswahl der Fcst-
gabe bestimmi wurde. -jugleich ist man in
ben beiden Ilberalen Fraciiouen übereingekom-
meu, daß noch gegen Cube dieser Woche cine
Depuiaiion berselben nach dem Orie des deui-
schen Schütz,eufestes stch begebc» und Ueber-

bringerin der Grüße und Gestnnungen ihrcr
Commiiienien scin soll, welche, was nichi er-
wähni zu wcrden brauchie, von vielcn Tau-
senden geiheili werden.

Die Fraciionsberaihung über den Miliiär-
Eiai flnd, wie die „Niederrh. VolkSzig" mü-
iheili, auf Wunsch des linken Cenirums bis
aus WciiereS geschloffcn.

Zn der Rede, mii welcher dcr Großhcrzog
von Heffen den Landiag schloß, hieß es: „Jch
habe cS Mir nichi versagen wollen, Zhuen
am Schluffc cines Landiages, der für baS
Wohl unsereS hesflschcn Vaierlandes reiche
Früchie geiragen hai, persönlich Meinc An-
eckennung und Meinen Dank für die Hin-
gebung, die ireue Beharrlichkeü und die Ein-
fichi auSzusprechcn, mii ber Sie Jhrc stänbi-
schen Pflichien erfülli uud Mcine Regierung
in ihren Bemühungen unierstützi haben. ES
wird Mcine steic Aufgabe sein, nichi blos
für daS Glück der Mir anvcrirauien Unicr-
ihancn zu sorgcn, sondern auch die gerechien
Wünsche und Jniercffen des großcn deuischen
Vaierlandes, nach bcstcr Ueberzcugung und
unbekümmeri um baS Treibcn der Parieien,
zu vcrireien. Mögen Sie, Mcine Herren
Siändc, in der Anerkennung Zhrcs Fürsten,
wic in dcr Dankbarkeii bes LandeS, sür beffen
Wohl Wic eine Reihr von Zahren hindurch
ebenso segenSreich als aufopfernb gewirki
haben, neben dem eigenen Bewußiscin, Zhrcn
Lohn findcn."

Ucber den Versuch, Oesterreich in den
Zollvercin einlreien zu laffcn, äußeri stch auch dic
Berliner „Nai.-Z.". Sic mcini, Preußen stehe
vor der Aliernaiivc, eittweder scinc sclbstständige
haudelSpoliiische Siellnng zu behaupien, anch
auf die Gcfahr hin, daß Ocsterrcich dcn Zoll-
verein zerreißc, oder stch zu unicrwcrfcn, einc
Nicderlagk zu crleiden, noch schlimmer ais
dic Olmüher, stch und den Zollverein han-
delspoliiisch an Oestcrrcich anneeiiren zu las-

scn- Leichier wäre Preußen dcr Kampf,

weu» cs stch nichi durch dic Wendung seiner
inneren Poliiik dic Spmpaihien DeuischlandS
vcrscherzi häüe. Aber jc ernster der Kampf
stch gestalie, um so ehcr könne nian hoffcn,
daß bie nolhwcndige Einsetzung aller Hebel
daS prcußische RegieruugSspstem wieder zu
libcrale» und nalionalen Grundsätzcn zurück-
führen werde.

Kaiser Alerandcr wird demnächst in
Warschau erwariei.

Deutschland

§§ Karlsruhe, 17. Auli. Die Erncn-
nung des Prvseffor Knies zum Director des
neuen Oberschulraths ist, wie ich Sie bestimmt
versichern kann, beschloffene Sache und nicht
ein bloßes Gerücht, wie sich der „Karlsruher
Anzeiger" zur eigenen Beruhigung gerne über-
reden möchte. Daß die Wahl des Ministe-
riums gerade auf Knies fiel, hat überrascht,
obwohl man sich gestehen muß, daß kein ge«
eigneterer Mann zu finden gewesen wäre.
Mit der Ernennung von Knies, mag derselbe
in der Schulfrage eine Stellung einnehmen,
welche er will, hal jedenfalls die Zeit des
ideenIosen Schul regimentS ihr Ende er-
reicht. Man darf sich jetzt der begründeten
Hoffnung hingeben, daß die neue Behörde ihre
Aufgabe nichd^arin suchen wird, alles eigene
Leben der Schulen durch den geistlosen Me-
chanismus der Schrerbstube zu ertödten, son-
dern zu freier und selbstständiger Thätigkeit
den anregenden Jmpuls zu geben. Die durch-
aus undeulsche Uniformirungstendenz, welche
in den letzten Decennien unser Schulwesen be-
herrschte, hat, inbem sie eine freie, organische Ent-
wicklung ber Schule gar nicht aufkommen ließ,
unberechenbares Unheil gestiftet. Gerade aber,
weil wir die bureaukratische Behandlung der
Schule für den Krebsschaden halten, an dem
dieselbe bei uns und in vielen andern Staaten
leidet, freuen wir uns, daß nicht ein „erfah.
rener Jurist," sondern ein staatsmännischer,
mit practischen Ibeen erfüllter Kopf an die
Spitze des Schulwesens gestellt werden soll.
Ferne, wie wir der Persönlichkeit des neuen
Oberschuldirectors stehen, wissen wr'r nicht, wie
derseihe öie jchwebendey Fragen des Gymnasial-
oder Volksschulwesens beurcheilt: daß er sich
aber nicht begnügen wird, die laufenden Ge-
schäfte aufzuarbeiten und im gewöhnlichen
Style vom grünen Tisch aus zu regieren,
das glanben wir mit Sicherheit annehmen
zu können.

Karlsruhe, 16. Juli. Die Commission
der zwetlen Kammer zur Prüsung und Be-
gutachtung des deutsch-französischen Handeks-
vertrags ist letzten Monrag zusammengetreten,
und hat mit 7 Stimmen gegen 3, da der
Abg. Kirsner als weiteres Commissionsmit-
glied am Erscheinen gchindert war, den Abg.
Knies zum Berichterstatler gewählt.

Vom Neckar, 1ö. Iuli. Die Ernte in
unserer Pfälzer Edene fällt befriedigknder aus,
als im vorigen Iahre. Die Regen der letz-
ten Woche haben zu einer vollkommenen Aus-

Erstes -eutsches Bundesschießen.

(Fortsetzung).

„Jch habe vorher etnen Stamm vergessen, den
Stamm der Kurheffen, der Märtyrer für deutscheS
Recht, und ^chlcswig-Holstein, drffen Märtyrer-
thum noch nicht gesühnt tst, und dies Alles uns
sagend, müssen wtr üns geftehen, daß in aü den
Iahren, die ich hergezählt und dte wir so oft ver-
gcffen haben, Deutschlands Streben zuerst war nach
Einheit, — cin einiges Deutschland, und ein eini-
ges gekräftigtes, gebildetes Volk ist auch frei —
also etn freieS Deutschland. Die Freiheit ist nim-
mer denkbar ohne die Gleichheit; die Gleichhcit,
welche besteht in der gesetzmäßigen gleichen Behänd-
lung aller Bürger und durch diese Gleichstellung
in der SUierkennung der gletchen Menschenwürde
in allen deutschen Bürgern: denn das ist-ja der
Segen, daß Recht und Politik zurückkehren zu dem,
was rein menschlich ist, daß all die Künste und
Gaukeleicn hinweggcworfen werden, mit welchen
man das Volk zu bethören sucht. Nun noch ein
Wort: Gegrüßt Jhr Schützen, gegrüßt Ihr Schweizer
Männrr, gegrüßt Ihr deutschen Männer alle aus

allen Gauen, welche unser Fest mit ihrer Gegen-
wart beehrten. Hoch Deutschland! hoch! hoch!"

Endloser Iubel und Beifall begleitete den Schluß
der Reden.

Wie allmälig sich die Fröhlichkeit immer mehr
steigerte, so nahmen auch die Redner zu, aber die
meisten der Hcrren, untcr ihnen Dr. Reißinger aus
Wieöbaden waren bei dem fortwährcnden Lärm in
der Hütte und dem lustigen Knattern dcr Büchsen
auf den Schießständen nicht zu verftehen, selbst nicht
am Tisch der Iournalisten, wo dcr Duft des von
P. A. Mumm in freigiebiger Weise gespendeten
Iohannisbergcr auch schon einige Köpfe stürmisch
gemacht hatte.

Nur deS ToasteS des Vicepräsidenten unseres ge-
setzgebenden Körpers, des Hrn. Dr. Iäger müssen
wir noch gedcnken.

„Brüder, Freunde", bcgann er, „im Namen dieser
freien, der alten Bundesstadt sage ich Euch herzlich
Dank für Euere freundlichen Gesinnungen, für
Eueren zahlreichen Besuch. Deutsche Schützen von
Norb und Süd, von Ost und West seid Jhr heran-
gezogen zu schaaren Euch unter dem schwarz-roth-
goldcncn Banncr. Dieses Panier müßt Ihr hoch?

halten immerdar, denn nur in dicsem Zetchen wcr-
den wir siegen.

Deutsche Schützen, Ihr seid gekommen zum edlen
Kampsessptel, doch nicht zum Spiel allein. „Uebt
Aug und Hand für's Vaterland", auf daß, wenn
etnst der Erbfeind naht, ein jedrr treffe seinen
Mann. Deutsche Schützen! Von jenem Tempel
Vrüben winken Euch der Gaben viele und herrliche,
die der PatrtotiSmus hier vereinigt hat; aber die
schönste und dke herrlichste Gabe, die findet Ihr nicht
in jenem Tempel brüben,' die suchet in Eurer eige-
nen Brust. Der schönste Lohn dicses Festes ist die
Einheitsidee. Ihr deutschen Brüder! Dies erhe-
dende Bewußtsein, tragt es fort in Euerr heimath-
lichen Gauen, sagt es den Euern, Ihr habt in
Frankfurt nicht Oesterreicher, nicht Prrußen, nicht
Bayern, nicht Schwaben, nicht Sachsen mehr ge-
funden, sagt es den Suern, Ihr habt nur Deutsche
gefunden, nur Brüder, gcschaart um das gemein-
same Ichwarz-roth-goloene Banner. .Sagt das den
Euern! Unv Ihr, Ihr lieben Schweizer, «enn
Ihr heimkehrt auf Euere hetmathlichen Berge, dann
sagt eS den Euern, daß Ihr in Frankfurt ein ge-
einigtes drutsches Brudervolk gcfunden.
 
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