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Heidelberger Zeitung — 1862 (Juli bis Dezember)

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August
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Undelimger Ieitung.

N'.' 178.


Freitag, L. August

» Auf die „Heidelberqer
Zeitunq" kann man sich
noch für den Monat Au-
guft und Septemüer mit 36 Krcuzern abon-
niren bei allen PostanstÄlen, den Boten und
Trägern, sowie der Erpevition (Heuqasse Nr. 2).

* Politischo Umschau.

Die zweite Conferenz der in Wien accre-
ditirtcn Gesandten von Bayern. Würtemberg,
Havnover, Sachsen, den beiden Hessen und
Meiningen bezüglich der Bundesreformsache
unter dem Vorsitz des Grasen Rechberg kann
noch im Lause dieser Woche stattsinden, da die
Rückäußerungen der meisten dieser Regierungen
auf die in der Vorbesprechung gemachten Vor-
tagen bereits eingetroffen sind. Die erwähn-
ten Rückäußerungen lauten durchweg günstig
(nur eine königl. Negielung schtägt verschie-
dene Modificationen ber österreichischerseits ge-
machten Vorschläge vor), so daß nicht zu er-
warten steht, daß die Conferenzen ihren Zweck
verfehlen.

Jaroszynski soll nach der „Schkes. Ztg."
in den letzten Tagen sich zu Geständnissen her-
beigclassen haben. Wenn das Attentat auf den'
Großfürsten gelungen wäre, so würde man
die Stadt an mehreren Ecken in Brand ge-
steckt und das Weitere versucht haben.

Der französische Gesaüdte in Frankfurt soll
sich in seinem Berichte über das Schützen-
fest sehr bitterlich über die dort vorherrschcn-
den, nichts weniger als freundschaftlichen Ge-
sinnungen gegen die Dynastie Napoleon be-
klagt haben.

Oesterreich und Hamburg haben gegenüber
der Schweiz die Paßvisa abgeschafft.

Der Möniteur veröffentlicht Nachrichten auS
Veracruz vom 1. Juli. Ein Bericht des Ge-
nerals Lorencez aus Orizaba den 24. Iuni
gibt Einzelheiten über die Kämpfe ain 13. u.
14. Iuni. Zwei französische Kompagnien ha-
ben das Korps des Generals Ortega geschla-
gcn und zersprengt, welcher 250 Mann, 3
Haubizen, eine Fahne und 200 Gefangene ver-
loren hat. Das Ergebniß war, daß die meri-
kanische Armee verschwunden ist. Der Gesund-
heitszustand ist gut, die Stimmung der Sol-
daten ausgezeichnet. — Ferner bringt der
Moniteur eine Note, welche die Tapferkeit
der französischen Soldaten in China hervorhebt.

Nach Mittheilungen von zuverlässiger Seite
(sagt der „N. C.") bestätigt es sich, daß die
zwischen Oesterreich und den Mittelstaaten
schwebenden Unterhandlungen in Bezug aus

die Bundesreform-Frage einen Fortgang neh-
men, welcher die Aufstellung wesentlich wich-
tiger Vorschläge erwarten läßt. Es wird ver-
sichert, daß diese Vorschläge auch das Project
sür die Errichtung einer Nationalvertretung
am Sitze der Bundescentralbehörde enthalten
werden. Zu den Staaten, welche eine cnt-
schiedene Lösung der Bundesreform-Angelegen-
heit befürworten, soll namentlich Oesterreich
gehören.

Aus Ems geht der „Mittelrh. Zeitung" die
Nachricht zu, daß auf Verlangen der hortigen
Bürgerder Hofgerichts-Procurator Dr. Siebert
dahin beaustragt worden ist, eine Petition um
Aufhebung des Hazardspieles für Ems aus-
zuarbeiten, welche dann mit Unterschriften be-
deckt an die nassauischcn Kammern gehen soll.
— Nach demselben Blatt beabsichtigt die hie-
sige Curhaus-Avministration den Eintritt in
die Spielsäle nur an gewisse Personen gegen
Einlaßkarten zn gestatten.

Jn Petersburg erregen seit einiger Zeit die
täglich sich mehrenden maffcnhaften Uebertritt^
der Bulgaren zum Katholizismus große Be-
sorgnisse. Die Zahl der Uebergetretenen soll
bereits über 2 Millionen betragen, und noch
ist in der konfessionellen Bewegung unter den,
slavisch - griechischen Völkern der Türkei kein
Ende abzusehen. Die rusffsche Regierung sieht
sich dadurch in ihrem politischen Einsiusse auf
diese Stämme, für den sie bereits so viele
Opfer gebracht, ernstlich bedroht.

In der ersten Sitzung der Konferenz in
Konstantinopel am 23. war auch der Bertre-
ter Viktor Emanuels zugegen. Das Wiener
Kabinet hat ihn zwar nur als sardinischen
Gesandten zulassen wollen, aber es hat er-
klärt, dqß es auch nichtS dagegen einwenden
wird, wenn er die Protokolle alS italienischer
Gesandte unterzeichne, doch aber 'verstehe es
sich von selbst, daß diese Conzession keineswegs
eine Anerkennung Italiens von Seiten Oester-
reichs einschließe.

Der Herzog.von Aumale hat so eben dem
Grasen Garrowby einen Gutscompler von
1460 Morgen bei Bishampton, in Worcester-
shire, abgekaust, und will künftig als großer
Landwirth den größeren Theil des Jahrs da-
selbst wohnen.

Ein Augsburger Advokat, Dr. Karl Barth,
uicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen
Landtagsabgeordneten, macht öffentlich den
Vorschlag: das Iahr 1863, als das 50. seit
dem deutschen Befreiungskriege und der Schlacht
bei Leipzig, feierlich zu begehen. Namentlich
wird die großdeutsche Presse zur Verbreitung


dieser Jdee und zu ihrer Unterstützung auf-
geruftn.

In Rom hat die italienische Partei zu
Ehren der Anerkennung Preußens in den
Straßen 101 Schüsse ertönen laffen, wovon
zwei unter den Fenstern der Polizeipräfectur.
Abends war jenseits der Tiber bengalijches
Feuer. Die Polizei war wüthenv über die
Demonstration, konnte jedoch die Thäter nicht
entdecken. -

Das in Orleans erscheinende, vor einigen
Tagen unterdrückte Blatt „Orleanais hat
der ganz natürlichen Erscheinung, vaß die
Stockung des Handels mit Amerika und die
hohen Preise der Baumwoüe in manchen Fab-
riken theils Stillstand, theils Verminderung
der Arbeit hervorbrachten, erwähnt und be-
merkt, daß diese beklagenswerthe Erscheinung
sich vorzüglich in der Fabrikation baumwoüe-
ner Decken in Orleans zeige, und viele Ar-
beiter ohne Beschäftigung wären. Darin sah
' der Minister Rouland eine Aufreizung zum
' Haffe und zur Verachtung der Regierung, und
sorderte seine kaiserliche Majestät auf, die
Strenge der Gesetze in Anwendung zu brin-
gen, um den Respect vor der Wahrheit und
die Erhaltung des öffentlichen Friedens zu
sichern. Wie immer siegte die Wahrheit und
die Lüge mußte verstummen. Von nun an
werden die französischen Fabriken von dem ame-
rikanischen Krieg nicht mehr zu leiden haben.

Im südlichen Jtalien hat sich das Banden-
wesen zwar vermindert, die politische Aufre-
gung ist jedoch im Steigen und erhält durch
Ovationen für den vom Volke hochverehrten
Garibaldi und durch dessen Neden, dte sich
durch Heftigkeit gegen die französische Politik
auszeichnen, reichliche Nahrung. Die Prinzen
sogar werden mit dem Nufe: „es lebe.Gari-
baldi"! empfangen.

Die „Patrie" äußert sich heute abermals
mit blinder Wuth über das deutsche Schützen-
fest zu Frankfurt; sie bezeichnet es als eine
„bedauerliche Idee", die das Schützen-Comite
gehabt habe, vier Scheiben die Namen „Schill",
„Palm", „Hofer" und „Körner" beizulegen;
habe man alten Haß gegen Frankreich wieder
erwecken wollen, indem man die Namen dieser
Männer gewählt, welche „die unversöhnlichen
Feinde" des Kaisers Napoleon I. gewesen seien?
Man müffe staunen darüber, daß die Behör-
den von Frankfurt, wo der bei dem deutschen
Bunde beglaubigte sranzösische Gesandte seinen
Wohnsitz habe, sich nicht der Wahl dieser Na-
men widersetzt hätten; wenn daher kein Ein-
wohner des Elsasses over Lothringens an vem

Erstes -eutsches Bundesschießen.

Von C. Heyner.

(Fortsetzung).

„Ieder Wehrturner ist hoffentlich bis dahin in
den deutschen Schützenbund eingetreten, und auch
Euch rufen die Schützen zu: „Wir wollen setn ein einig
Volk von Brüdern!" Dann wollen wtr sehen, ob
die That nicht am Platze. Jch trinke auf die Zu-
sammengehörigkeit und Zusammenhaltung! Mögen
die Turner und Schützen gemeinschaftlich zum Baue
deutscher Einheit fort und fort einen Stein auf den
andcrN legen. Dann wird der Tempel deutscher
Einheit gelingen. Der deutsche Schützen- und Tur-
nerbund sie leben als etn Bund! Ich trinke auf
das Wohl gleichgesinnter Herzen, gleichgesinnter
Paniere, die Turner und Schützen Hoch!

Der dritte Redner, Dr^ Carl Grün aus Trier,
betrttt die Tribüne und geben wir diese Rede, als
die bedeutenHe der heut gehaltenen, möglichst ge-
treu und ausführlich wieder. Er beginnt: „Deutsche
Männer, deutsche Turner, deutsche Sänger und
Gäste! „Zum Werke, das wir ernst bereiten, ge-

ziemt fich wohl ein ernstes Wort." Jch schließe mich
allen Reden, Wünschen und Toasten an, die bts
jetzt vor dieser Versammlung 'ausgebracht worden
sind. Ich wünsche dasselbe; ich laffe dteselben Ten-
denzen hoch leben. Aber es scheint mir eine Cate-
gorie gänzltch vergessen worden zu sein, und erlau-
ben Sie mir, auf sie einige Augenblicke Ihre Auf-
merksamkeit zu lenken, mit den Worten des Dich-
"ters: „Auch die Todten sollen leben", namentlich
die Todten, die für denselben Zweck den Tod ge-
funden haben, der uns heute vereinigt, diejenigea
Todten, die den Tod für's Vaterland gesucht und
gefunden haben, für dte Einheit und Macht dieses
großen deutschen Volkes, diejenigen Todten, ohne
deren Opferfreudigkeit 'wir heute gar nicht versam-
melt wären unter dem schützenden Baldachin der
freien Rede (Bravo! Bravo!) — Jhr Turner,
Schützen, Jhr Sänger! Es gab vor 40 Iahren
schon eine Iugend, die da turnen, schießen und sin-
gen wollte, wie Ihr, zur Ehre des Vaterlandes,
zur Machterhaltung dieseS deutschen Volkes. Man
hat fie in die Kerker geworfen, sie sind in denKer-
kern gestorben, und diejenigen, die aus dem Kerker
herauskameü, find als lebendige Leichen umherge-.

gangen. (Sehr wahr.) Man nannte die dama-
ligen Schützen, Turner und Sänger Tugendbündler
oder Burschenschaftler. Von dem Bunde aber woll-
ten die Feinde nichts wissen und von Lugend erst
recht nichts; demr die Tugend ist der gefährlichste
Feind aller Tyrannen. (Bravo!) Diese Brüder sind
uns vorangegangen. Und wenn unsere Feinde ein
Gedächtniß haben, so fordere ich Euch, Schützen,
Turner und Sänger, auf, ebenfalls ein gutes Ge-
dächtniß zu haben. Demagogen hat man fie ge-
nannt, ein Ehrentitel, wenn man ihn recht versteht,
denn Demagog heißt nichts anders, als VolkS-
führer; man meinte damit Volksverführer; doch die
Volköverführer saßen ganz anderswo als irtt Ker-
ker, fie saßen in Sammt und Seide,' bei Austern
und Champagner! Darum, liebe Freunde und
Brüder, der erste Tusch: Unsere Todten sollen le-
ben, die Burschenschaft seit 1819. Es kam aber
abermals eine tzroße bewegte Zeit über Deutschland,
die man mit der Iahreszahl 1830 zu bezetchnen
pflegt; und wieder füllten sich die Kerker und wteder
starben Männer tm Kerker für das Vaterland und
wieder mußten die treuen Brüder, namcntlich aus
dem lieben Süden und Südwesten unsereö Vater-
 
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