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Heidelberger Zeitung — 1862 (Juli bis Dezember)

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Juli
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Donnerstag, 17. Zuli


Bestellungen gnf die „Heidelbergcr
Zeitung" nebst Beilage „Heidelber-
ger F iinilienblätter" fnr das uiit 1.
Jnli 1882 begonnene Ste Luartal
werden fortwährend angenommen.
X»i«

*Politisch« Umschau.

Die Mitth-ilung Ratezzi's in der Kammer
über die bcvorstchendc Anerkennung ZialienS
durch Prenßen bernhl auf eincr Dcpcsche, welche
der prenßische Gesandte zu Tnrrn von Ber-
lin erhalten hat, des Jnhalts: „Die Aner-
kennung PreußcnS ist sehr nahe." — Wir
haben schon österS von Entschlüffen der preu-
ßischen Regierung, die sehr nahe liegen, ge-
hört und gelesen, und die dennoch wietHr in
nebelhafte Fernc hinanSrülkten, und wir wün-
schen im Jntereffe ber italienischen RegierunM
daß für sie bie Grenzens nicht über den hier
bezeichnendcn AuSdruck hinauSgehen.

Die Berichte auS Neapel lautcn sehr gut,
das Bandenwesen dat sich sehr vermindert.
Jn Rom amüsirt flch die Nationalpartei, in
Erwariung dcr Erfüllung ihrer Wünsche, mit
Feuerwerkcn in italienischen Farben zum gro-
ßen Aergcrniß dcr Rcgierung und ber Pvlizci.

Dic fraozöflschc Preffe, dic nach dem raschc»
Vorrücken der UnionStruppk» ebcn so rasch
mic ihren EinmischungSplancn »erstummte, er-
hcbt nun nach ten letzten wenig günstigen
Nachrichtenwieder ibre Stimmc. Dcr Moniteur
gab duS Signal dazn, zwar in lcise» Tvnen,
aber sür daS scharse Ohr der ofsiciösen Presse
immerhin laut gcnug. Er schilderte nämlich
in einem Brief auS London dic Gcfechte vor
Charleston und Richmond als völlig verlorene
Schlachien und sügt yinzu: „eS ist zu hoffcn,
daß »ach solchen Vorfällen die Anhänger ein-S
VergleichS eS wagen werden, ihre Stimme
zu erheben." Und sie haben eS gewagt, ße
öffneten ihren Mund, am weitesten „Consti-
tutionnel" und „Patrie," dcnen allcS unnütze
Blulvergießcn ein Greuel ist unb die allcn
Völkern dcs ErdbodcnS die Segnnngen des
FriedenS gönnen, unter französischer Ober-

Die „Times" ist nun auch ganz offcn in'H
ager der Secessionisten übergcgangen und
>richl mit Bewunderung von oen Hcldeniha-
!N cines braven VolkeS, welchcs seinen Hcrd
nd scin Recht mit Hingebung und Ansdauer
ertheidigt. — Von den Thaten nnd Käm-
sen der Zrlänber und Jnbier hatte die „TimeS"

ganz andere Ansichten, auch von den Joniern
hat ste nicht mit solchcm Edclmuth gesprochen,
als sie den Versuch machten, flch der engli-
schen Herrschaft zu entziehen und sich ddn
stamnivcrwaiidlen Griechen anzuschließen. Zn
solchen Znconsequenzeil läßl sie sich durch
Banmwolle verleilen.

Die ncucrcn Berichte auS Merico sind noch
nicht eingctroffen; das Telegramm, wclcheS
so gefällig «ar, eine provisorische Rcgicrnng,
und den Sturz »on Zuari^ zu vcrkünden, hat
nur in so fern gelogcn, ols daS'Directorium
dcr nencn Regierung vorerst seine» Sitz in
der Havannah hat, mithin noch weit vom
Ziele ist. Zn den französtschen Hüfen wird
unetmüdlich an der Armada dcr Rachc ünd
der Gerechtigkeit.gearbeitet und eine Anzahl
Ofsiciere wurden beauftragt, sich mit Jnricn
Lägravierc einzuschiffen, um einstweilen, als
Anfang der Civilisaiion, aus den Eingebor-
nen Zuavcn- und SpahiSregimenter zu bilden.
Die ganze Erpedition soll auf 2ö,6öö Mann
gebracht werden, worunter eine große Anzahl
Cavalleric. Die sämmtlichen Maulthiere der
Armee, welchc man nach dem ueuern Spstem
Privaten zur Nutznießnng übcrgcben hatte,
wurden bereitS gekündigt, dä sie dcn Feldzug
ebenfallS mitmacheu sollen.

Deutschland

Aus dem Mittelrheinkrcis, l3. Zuli.
Neben der aUgemernen Wetr-Invustrieausstel-
lung hat kürzlich zu London eine andere
AusstLÜung statztgesunhe«-, die in ihrer Art
eben so merkwürdig und für den spezistschen
Fachmann so belehrend war, als die Industrie-
aussteUuug selbst: es ist dies die im Battersea-
Park vom 23. Zuni bis 2. Iuli abgehaltene
Agrikultur, und V i eh a u s st ell u n g.
Man wirv von der ^roßarkigkeit dieser spe-
ziellen AussteUung einigermaßen einen Begriff
bekommeu, weun bemerkt wird, daß außer der
noch grvßeren Anzahl ruhender Maschinen al-
lein etwa 80 Lokomobile in Thäligkeit waren,
um die verschiedenartigsten land- und haus-
wirthschastlichen Maschinen und Apparale in
Bewegung zu-setzeu. Man sah dabei eine An-
zahl arbeitendel Dreschmaschinen mit den ver-
schiedenartigsten Einrichtungen zur Neinigung
und selbst Soniruug der Getreibekörner, Säe-,
Mäh- und Ernlemaschinen von den zierlichsten
Verhältniffea und von einer einzigen Person
beweg- und lenkbar bis zu Maschincn von den
koloffalsten Verhältnissen; dann einzeln und
selbst zu einem Ganzen kombinirte Pstüge,

Eggen nebst Säemaschienen, wie überhaupt
alle zur Bebauung des Feldes nöthigen Vor-
richtungen in verschicdener Größe und Ele-
gänz. Außerdem waren Maschinen für den
Hausgebrauch äller Ärt- wie sie die Hausfrau
bei ihren verschiedenen Verrichtungen in Küche
und Haus anwenden kann, als Schneide-, Hack-,
Butter-, Waschmaschinen rc., in großer Zahl
vorhanden. Daneben waren Maschinen sür
Futterberejtnng der verschiedensten Arten, so-
wie mannigfache Apparate zur Verfertigung
massiver uub hohler Backsteine, Drainröhren
und selbst vollständige kleine Gasäpparate zur
Bereitlmg des für ein einzelnes Etäbsissement
nöthigen Beleuchtungsaases uüt allem dem da-
zu Gehörigen ausgesteüt. Mit den genann-
ten Maschinen wechselten noch andere für den
Hausbedarf nöthige kleinere und größere Ap-
parate und Werkzeuge, als z. B. Pumpen,
Waagen, Winden rc., ferner ausgestellte Früchte,
Wurzetgewächse,Futtersörten, sowie selbst künst-
lich zübereitetes Futter und Dünger in buntem

Das allergrößte Interesse bot aber die un-
gemein reichlich ausgestattete Viehausstel-
lung, die sich auf Schafe, Schweine, Rind-
vleh aller Ärt nnd auf Pferde erstreckte.

Freiburg, 14. Iüti. Der. „Frbgr. Ztg."
zufolge ist nunmehr die techuische Untersuchung
der Eisenbahn-Linie Breisäch-Frei-
burg.Donaueschingen angeordnet und
Hr. Baurath Dietz mit der Leitung der be-
züglichen Arb.eiten beauftragt worden.

6 Vom Ideckar, 15. Juli. Jm Falle
die durch den Teiegrapheli gemeldeten kriege-
rischen Vortheile der amerrkanischen Südstaa-
ten sich bestätigen, so ist das Ende des dor-
tigen Feldzuges, der auf bel'deu Seiten schon
so viele Opfer gekosiet hat, immer noch in
weite Ferne gerückt. Es naht gegenwärtig
die in Amelika so drückende und für eine
Kriegführung so ungünstige Sommerschwüle,
die Iahreszeit des gelben Fiebers, welche die
Ausdauer der Nordarmee der schwersten Prü-
fung aussetzen wird, die einem Heere beschie-
den sein kann. Wie schwer es sogar stehen-
den, kriegsgeübten Armeen sällt, einer solchen
Geißel gegenüber Geduld und Disciplin zu
bewahren, ist allbekannt — hier haubelt es
sich aber um kriegführellde Milizen, deren
schwächste iseite gerade im Ertragen der Stra-
pazen und Krankheiten befteht. Unter Um-
ständen wird daher ein Rückzug der Unioni-
sten und eine Kriegspause eintreten; so viel
ist setzt bereits sicher, daß der Angriff auf
Charleston, eine Hauptstadt des Süvens,

Evstes -errtsches BundesschLeßen.

. (Fortsetzüng).

Der Sonntag Morgen kam und mit ihm die erste
Hoffnung auf bcfferes Wetter, der Htmmel klärt
sich auf und die Sonne sendet freundliche Blicke
auf die sie ängstlich erwartenden Festgenossen hinab.
Der Himmel zeigt sich günstig, warum so^derFest-
zug denn nicht günstig ablaufen? Schon in ber
Krühe war der ungeheuere Zudrang in den Straßen
der Stadt, Schritt vor Schritt mußte man lang-
sam gehen. Der Fiacker mußte den muthigen Ge-
lüsten seines Pferdes Einhält thun, und tn lang-
samem Tempo seinen Weg fortsetzen. Ein groß-
artiges Lreiben hcrrscht in der Stadt, hierzieht ein
Zug auf, der nüch dem Festort geht, hier sammeln
sich Schützen und dort kornmt>wieder Einer der beim
htstorischen Lheil des Festzugs Betheiligten in seiner
altdeutschen Tracht und wandelt würdigen Schritts
durch die Straßen. Wir aber begeben uns Afden
Roßmarkt, um dort den Zug an uns vorüber pas-^
firen zu laffen. Hier gilt es warten, denn allem
Anschein wird der Zug später eintreffen als wir
erwartet und richtig ersl gegen V-1 Uhr zicht die

Spitze desselben durch die geöffneten Schranken des
abgesprrrten Roßmarktesi Reiter sprengen herein
und ihnen folgen in tactmäßigem Schritt etne Ab-
theitung bewäffneter Turner in grauen Aoppcn und
aufgepflanzten Bajonnet mit Fahnen- denen nach
Turner in turngerechtem Tritt mit ihrem Führer
einherschreiten, deffenfeuerrotheBtnbe weithin leuch-
tet, Die Klänge der Musik tönen voraus und auf
kräftigen Roffen erscheinen die Urgermanen in ihren
braunen und schwarzen Thierfellen, trotzig unter
denselben hervorschauend, in nacktem Arm die Lanze
schwingcnd. Auf dem Fuße folgett ihnen die Bo-
genschützen in blau, weiß geschtttzter Tracht mit
blauen Strümpfen und schwarzweißem Barctt, auf
der Schulter den Bogen und auf dem Rücken den
braunen mit rothem Band umwunbenen Köcher.
Jhnen nach kamen gewichtigen Schritts die Arm-
brustschützen im dicken rothen Wamms, rothbraunem
Beinkleid und rothem Barett, im Arm die zierliche
Armbrnst. Gleichsam stolz über den Vorzug, den
sie vor ven ArMbrustschützen haben, so stolz, als
ob sie die Erfinder dteser ersten Feuerwaffen seien,
kommen jetzt die Luntenschützen mit dem gelben
^ messingblechenen Helm auf dem Haupt, den grauen

Beinkleidern, den braunen Wämmsen u. den braun-
rothen Strümpfen. Auf dem Fuß folgen die Ver-
treter dcr Zeit des dreißlgjährigen Krieges in gelber,
schwarzgeschlitzter Tracht mit schwarzen Strümpfen
und dem grauew breitcn Hüt. Bewaffnete Turner
schließen diese' Abtheilung und einhersprengen jetzt
etne Zahl Reiter mit dem Frankfurter Stadtbanner,
dann naht eine Abtheilung Schützen und Comit^
Abgeordnetei Ein Musikchor eröffnet den langen
Züg ber Sänger Frankfurts,-voraüs der Liederkranz,
ihnen nach in langer Reihe die großeZahl der.ver-
büudeten Männergesangvereine mit ihren Fahnen,
„Hoch, Deutschländ hoch" singend. Die nahe an
860 Mann betragende Schaar ist vorbei und die
berittenen Schützen lasseii ihre muthigen Roffe aus-
greifen, fie kommcn angcmeldet von ihrcm Trom-
peter, drssen rother Keberbusch auf dem Hut lusttg
bei seinem Willkommeiiblasen därein nickt. Statt-
liche Männer diese Reiterschützen in ihren grauen
Joppen mit grauem Hüt, auf denen grünen Feder-
büsche walleno nachziehen, die Büchse auf dem Rücken,
und die Zügel des Roffes in der Hand. Zur Ab-
wechslung kommen auf dem Fuß thnen nach Schützen,
die sich auf ihre eigenen Untergebenen verlaffen und
 
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