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Heidelberger Familienblätter — 1865

DOI Kapitel:
No. 26 - No. 39 (1. März - 31. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43186#0156

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— 152 —

An die Freunde Carl Gutzkow's im deutſchen Publikum.

Ueberall im deutſchen Volke hat ſich die wärmſte Theilnahme für das tragiſche Ge-
ſchick Carl Gutzkow's gezeigt. In der Preſſe und in Adreſſen beeilte man ſich von allen
Seiten, dem kranken Dichter und ſeinen tiefgebeugten Angehörigen die Ueberzeugung
zu verſchaffen, daß Gutzkow's Name in der deutſchen Literatur der Gegenwart eine der
erſten Stellen einnimmt, daß ſein langjähriges Kämpfen und Wirken ihm die Sym-
pathien des deutſchen Volks geſichert hat. Auch durch die That hat man bereits be-
gonnen, dieſe Theilnahme zu beweiſen: die deutſche Schillerſtiftung, um die ſich Gutz-
kow die größten Verdienſte erworben, hat ſofort, ihrer Beſtimmung entſprechend, die
Familie des Dichters der Sorge für ihre nächſte Zukunft enthoben; die deutſchen
Bühnen ſind beſtrebt, ihrerſeits eine Ehrenſchuld an den kranken Dichter abzutragen;
endlich hat ein Verein von Männern in Berlin und Dresden den Grund zu einem
„Gutzkow⸗Fonds“ gelegt, durch welchen dem leider wahrſcheinlich für ange Zeit in ſei-
ner Arbeitskraft geſtörten Dichter ein ſorgenfreies Aſyl bereitet werden ſolle und dem
als einer Dankesſpende der deutſchen Nation es vielleicht gelingen werde, den erſten Licht-
ſtrahl wieder in die düſtern Schatten zu werfen, die ſeinen Geiſt gefangen halten.
Um aber auch auf dem Gebiete der Literatur ſelbſt, als dem dazu vor allem berufe-
nen und geeigneten, für Gutzkow zu wirken und jedem Einzelnen im deutſchen Publikum
Gelegeuheit zu geben, ſeine Theilnahme für einen der hervorragendſten Geiſter unſerer Zeit
durch Ankauf eines ſeiner Werke zu bewähren, hat die unterzeichnete Verlagshandlung,
dem Dichter ſeit langen Jahren nahe ſtehend und befreundet, infolge vielfacher von den
beachtenswertheſten Seiten an ſie ergangener Aufforderungen und im Einverſtändniſſe mit
der. Familie des Dichters ſich entſchloſſen, ö —

eine Volksausgabe von Gutzkow's Roman „Die Ritter vom Geiſte“
zum Beſten des Dichters
zu veranſtalten und

einen weſentlichen Theil des Ertrags dem Dichter zu überweiſen.
„Die Ritter vom Geiſte“ ſind anerkanntermaßen eins der beſten Werke Gutzkow's
und ein Roman von bleibendem Werthe. Als ein Spiegel der deutſchen, namentlich der
preußiſchen Zuſtände nach 1848 hat dieſer Roman eine ſchöne Idealwelt politiſcher Tüch-
tigkeit auferbaut, die auf Tauſende von Leſern während der darauf folgenden trüben Zeit
erhebend und ermuthigend einwirkte und die gleiche Wirkung auch ferner auszuüben ge-
eignet iſt. Es war ein Lieblingsgedanke des Dichters noch kurz vor ſeiner Krankheit,
den bereits in drei Auflagen erſchienenen Roman in einer durch ihren wohlfeilen Preis
der weiteſten Verbreitung fähigen Volksausgabe immer mehr in den Privatbeſitz des deut-
ſchen Volks übergehen zu ſehen. Dieſer Gedanke ſoll jetzt, wenn auch leider unter ver-
änderten Verhältniſſen, durch vorliegende vierte Auflage verwirklicht werden und das
deutſche Publikum wird derſelben, wie man ſicher vertrauen darf, die regſte Betheiligung
entgegenbringen. Auch abgeſehen von dem daraus ſich ergebenden materiellen Ertrage
für den Dichter, kann eine allgemeine lebhafte Theilnahme für ſein Lieblingswerk nicht
verfehlen, einen günſtigen Eindruck auf den Gemüthszuſtand des Dichters hervorzubringen.

Die zahlreichen literariſchen und andern Vereine Deutſchlands werden
ſich die Verbreitung dieſer Ausgabe zu einer Ehrenaufgabe machen, indem
ſie unter ihren Mitgliedern und in weitern Kreiſen Unterzeichnungen ſam-
meln. Die deutſchen Buchhandlungen werden ſie darin auf das bereitwil-
ligſte unterſtützen.

Die vierte Auflage der „Ritter vom Geiſte“ erſcheint in 9 Bänden
zu 15 Ngr., der erſte Band in zwei Halbbänden zu 7½ Ngr. Alle Buch-
handlungen nehmen Beſtellungen und Unterzeichnungen an.

Leipzig„ im März 1865. ö
F. A. Brockhaus.

Redaction, Druck und Verlag von Adolph Emmerling.
 
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