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Die beiden Beſteller nahmen in Wien ſelbſt ein Geſchäftslocal auf und
ließen ſich jede inzwiſchen fertig gewordene Theilpartie — anſtatt wie immer
üblich zum Dampfſchiffe — dorthin abliefern, um dieſelben nach Zwiſchen-
pauſen von 2—3 Wochen nach Bukareſt zu expediren. Sie gaben ſich für
Apaliadſchicis aus, d. h. Pächter der von jeder Gemeinde in Rumänien
auf Spielkarten aufgelegten Taxe, Apalta genannt, die in manchen Städten
dort nicht unbedeutende Einkünfte bildet. So erhebt z. B. Bukareſt bei
einer Anzahl von 130,000 Einwohnern 11⸗ bis 12,000 Dukaten jährlicher
Apalta. Wie hohe Ziffern die Gemeinde⸗Umlagen in Rumänien überhaupt
erreichen, läßt ſich nicht einmal genau angeben, und ungeachtet deſſen iſt
der Schmutz und Koth in den Straßen unbeſchreiblich, und das Geld ver-
ſchwindet, ohne daß nach deſſen Verwendung gefragt würde. Daß man
dort den Werth einer Bürgermeiſter⸗ oder Gemeinderathsſtelle zu ſchätzen
weiß, geht ſchon aus dem lebhaften Intereſſe hervor, mit dem ſich dort
Alles an Municipalwahlen betheiligt, während alle übrigen öffentlichen
Dinge an der Indolenz der Rumänen ſpurlos vorübergehen.
Eben in dem Momente, da dieſe Zeilen geſchrieben werden, befindet
ſich — das erſtemal ſeit Menſchengedenken — eine Sturmpetition an die
Regierung zur Sammlung von Unterſchriften in Umlauf, worin dieſe Letz-
tere gebeten wird. den Municipalrath von Bukareſt zu ehrlicher Rechnungs-
lage zu veranlaſſen. Dies Verlangen geſchieht jedoch nicht in einer An-
wandlung moraliſcher Entrüſtung, ſondern entſpringt nur dem Wunſche
einiger anderen Patrioten, die ſelber — Gemeinderäthe oder Bürger-
meiſter werden möchten. Doch halt! Ich wollte ja nur eine Geſchichte von
Spielkarten und Kartenſpielern aus halbvergangener Zeit erzählen.
Nachdem die zwei Apaltieri alſo ihre Geſchäfte in Wien beendet, kehr-
ten ſie nach Bukareſt zurück; das für den Spielkartenverſchleiß von der
Commune ausſchließlich privilegirte Büreau ward eröffnet und, weil das-
ſeibe Tag und Nacht dem Publikum zugänglich bleiben muß, der Verſchleiß
anderen Händen übertragen. Die zwei Apaltieri aber wurden, was ſie
früher waren — Kartenſpieler von Profeſſion.
Nach einigen Wochen begann ſich der dortigen Spielerkreiſe eine un-
angenehme Aufregung zu bemächtigen. Spieler, die aus leicht zu erra-
thenden Gründen ſonſt nie verloren, konnten faſt zu keinem Gewinnſte
mehr gelangen. Oefteres Wechſeln der Spiele und der Sitze und wie alle
die anderen unfehlbaren Beſänftigungsmittel der erzürnten Gattin des Ha-
zard heißen mögen, kamen in Anwendung, aber vergebens; die Aufregung
ſteigerte ſich ſchließlich zur Verzweiflung, als man ſich überzeugte, daß
man keine Karten mehr in Bukareſt ſpielen könne, ohne ſich namhafter
Verluſte auszuſetzen. Nur wer dort gelebt, weiß, was eine ſolche Ent-
behrung für den Rumänen bedeutet. Nachdem der erſte Schrecken ſich ge-
legt, begann man zu überlegen. Dort wie überall unterhalten Profeſſions-
Spieler ein gewiſſes Einverſtändniß, zuweilen Compagnie⸗Geſchäft unter
einander, und in Folge dieſes Zuſammenberathens und Zuſammenwirkens
kam man dahinter, daß eine verhältnißmäßig nur kleine Anzahl von
Perſonen in der Stadt die beſtändigen und faſt privilegirten Gewinner an
den Kartentiſchen wären und daß es denſelben nur deßhalb ſo leicht ſei,
die Taſchen Anderer auszuleeren, weil ſämmtliche in Verkauf gebrachte
Karten ä . . . markirt wären. Anhaben konnte man Keinem etwas, weil
die Betheiligten alle den feinſten Geſellſchaftskreiſen angehören.
Die beiden Beſteller nahmen in Wien ſelbſt ein Geſchäftslocal auf und
ließen ſich jede inzwiſchen fertig gewordene Theilpartie — anſtatt wie immer
üblich zum Dampfſchiffe — dorthin abliefern, um dieſelben nach Zwiſchen-
pauſen von 2—3 Wochen nach Bukareſt zu expediren. Sie gaben ſich für
Apaliadſchicis aus, d. h. Pächter der von jeder Gemeinde in Rumänien
auf Spielkarten aufgelegten Taxe, Apalta genannt, die in manchen Städten
dort nicht unbedeutende Einkünfte bildet. So erhebt z. B. Bukareſt bei
einer Anzahl von 130,000 Einwohnern 11⸗ bis 12,000 Dukaten jährlicher
Apalta. Wie hohe Ziffern die Gemeinde⸗Umlagen in Rumänien überhaupt
erreichen, läßt ſich nicht einmal genau angeben, und ungeachtet deſſen iſt
der Schmutz und Koth in den Straßen unbeſchreiblich, und das Geld ver-
ſchwindet, ohne daß nach deſſen Verwendung gefragt würde. Daß man
dort den Werth einer Bürgermeiſter⸗ oder Gemeinderathsſtelle zu ſchätzen
weiß, geht ſchon aus dem lebhaften Intereſſe hervor, mit dem ſich dort
Alles an Municipalwahlen betheiligt, während alle übrigen öffentlichen
Dinge an der Indolenz der Rumänen ſpurlos vorübergehen.
Eben in dem Momente, da dieſe Zeilen geſchrieben werden, befindet
ſich — das erſtemal ſeit Menſchengedenken — eine Sturmpetition an die
Regierung zur Sammlung von Unterſchriften in Umlauf, worin dieſe Letz-
tere gebeten wird. den Municipalrath von Bukareſt zu ehrlicher Rechnungs-
lage zu veranlaſſen. Dies Verlangen geſchieht jedoch nicht in einer An-
wandlung moraliſcher Entrüſtung, ſondern entſpringt nur dem Wunſche
einiger anderen Patrioten, die ſelber — Gemeinderäthe oder Bürger-
meiſter werden möchten. Doch halt! Ich wollte ja nur eine Geſchichte von
Spielkarten und Kartenſpielern aus halbvergangener Zeit erzählen.
Nachdem die zwei Apaltieri alſo ihre Geſchäfte in Wien beendet, kehr-
ten ſie nach Bukareſt zurück; das für den Spielkartenverſchleiß von der
Commune ausſchließlich privilegirte Büreau ward eröffnet und, weil das-
ſeibe Tag und Nacht dem Publikum zugänglich bleiben muß, der Verſchleiß
anderen Händen übertragen. Die zwei Apaltieri aber wurden, was ſie
früher waren — Kartenſpieler von Profeſſion.
Nach einigen Wochen begann ſich der dortigen Spielerkreiſe eine un-
angenehme Aufregung zu bemächtigen. Spieler, die aus leicht zu erra-
thenden Gründen ſonſt nie verloren, konnten faſt zu keinem Gewinnſte
mehr gelangen. Oefteres Wechſeln der Spiele und der Sitze und wie alle
die anderen unfehlbaren Beſänftigungsmittel der erzürnten Gattin des Ha-
zard heißen mögen, kamen in Anwendung, aber vergebens; die Aufregung
ſteigerte ſich ſchließlich zur Verzweiflung, als man ſich überzeugte, daß
man keine Karten mehr in Bukareſt ſpielen könne, ohne ſich namhafter
Verluſte auszuſetzen. Nur wer dort gelebt, weiß, was eine ſolche Ent-
behrung für den Rumänen bedeutet. Nachdem der erſte Schrecken ſich ge-
legt, begann man zu überlegen. Dort wie überall unterhalten Profeſſions-
Spieler ein gewiſſes Einverſtändniß, zuweilen Compagnie⸗Geſchäft unter
einander, und in Folge dieſes Zuſammenberathens und Zuſammenwirkens
kam man dahinter, daß eine verhältnißmäßig nur kleine Anzahl von
Perſonen in der Stadt die beſtändigen und faſt privilegirten Gewinner an
den Kartentiſchen wären und daß es denſelben nur deßhalb ſo leicht ſei,
die Taſchen Anderer auszuleeren, weil ſämmtliche in Verkauf gebrachte
Karten ä . . . markirt wären. Anhaben konnte man Keinem etwas, weil
die Betheiligten alle den feinſten Geſellſchaftskreiſen angehören.