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Hirschfelder, Dagmar
Tronie und Porträt in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts — Berlin: Mann, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.47555#0029

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Zum aktuellen Stand der Forschung

25

holländischen Porträtmalerei widmen.94 Natürlich
werden Bildnisse auch im Rahmen monographischer
Darstellungen oder Ausstellungskataloge zum Werk
eines bestimmten Malers behandelt.95 Allerdings exis-
tieren zu vielen Künstlern, die einen wichtigen Beitrag
zur Porträtmalerei des 17. Jahrhunderts leisteten, bis-
her keine CEuvrekataloge. Auf die unzähligen Aus-
stellungskataloge, in denen neben anderen Werken
unterschiedlicher Meister auch Porträts besprochen
werden, kann an dieser Stelle nicht im Einzelnen hin-
gewiesen werden.
Ein Schwerpunkt der mit niederländischen Bild-
nissen befassten Forschung liegt auf der Beschäfti-
gung mit bestimmten Formen und Typen des Porträts,
deren Untersuchung nicht nur Aussagen hinsichtlich
des gesellschaftlichen und sozialen Lebens der Nie-
derländer, sondern auch bezüglich der Ambitionen
und Ideale der dargestellten Personen ermöglicht.
Hierzu gehören unter anderem Porträts in bestimm-
tem Bildausschnitt,96 Familien- und Ehepaarbildnis-
se,97 Kinderbildnisse,98 offizielle Gruppenporträts,99
Künstlerbildnisse100 * sowie portraits histones.'01
In unserem Zusammenhang sind Bildnisse, auf
denen die Dargestellten - wie auf Tronien - in Phan-

tasiekostümen erscheinen, von besonderem Interesse.
Im so genannten portrait historie ließen sich die Auf-
traggeber in der Rolle einer historischen, biblischen
mythologischen, literarischen oder allegorischen Ge-
stalt porträtieren. Mit Blick auf die niederländische
Malerei wurde dem Phänomen zuletzt 1967 von Rose
Wishnevsky eine Gesamtstudie gewidmet, die aller-
dings in vieler Hinsicht veraltet ist.102 Alison McNeil
Kettering untersucht in ihrer Arbeit zu holländischen
Hirtendarstellungen unter anderem auch Porträts,
auf denen die Auftraggeber als Hirten und Hirtinnen
verkleidet sind.103 Bildnissen, auf denen die Darge-
stellten zwar eine fiktive Kostümierung tragen, aber
keine genauer bestimmbare Rolle einnehmen, wurde
bisher kaum Aufmerksamkeit als gesondert zu be-
handelnder Form des Porträts geschenkt.104 Im Rah-
men der vorliegenden Arbeit kommt ihrer Untersu-
chung dagegen eine zentrale Stellung zu.
Trotz der genannten Desiderata bietet die Fülle
der zur holländischen Porträtmalerei erschienenen
Literatur eine gute Grundlage, auf der die Untersu-
chung der Beziehungen zwischen Porträt und Tro-
nic, ihrer wechselseitigen Beeinflussungen und auch
möglicher Verschmelzungen aufbauen kann.

94 Vgl. u.a. Kat. Amsterdam 1952; Wassenbergh 1967; Kat.
Sarasota 1980/81; Kat. Haarlem 1986; Blasse-Hegeman
1989; Ford 1990; Smith 1990a; Smith 1990b; Woodall 1990;
Bruyn 1991; Ekkart 1991a; Jongh 1993a; Jongi-i 1993b;
Falkenburg et al. 1995; Raupp 1995a; Meyere 1996; Ekkart
1990; Woodall 1997; Kettering 1997; Groeneweg 1997/98;
Tieti-ioff-Spliethoff 1997/98; Buijsen 1998a; Liedtke 2001a,
S. 43-54; Ekkart 2002b; Kat. Amsterdam 2002/03; Bauer
2003; Spliethoff 2003; Kat. London / Den Haag 2007/08;
Ekkart 2007/08a.
95 Vgl. u.a. Oldenbourg 1911; Jonge 1938; Slive 1970/74, 3
Bde.; Grimm 1972; Kuile 1976; Kat. Haarlem 1979; Blankere
1982, S. 56-69; Vries 1982; Adams 1985; Tümpel 1986;
Schwartz 1987; Grimm 1989; Kat. Washington / London
/ Haarlem 1989/90; Kat. Berlin / Amsterdam / London
1991/92a; Kat. Haarlem / Worcester 1993; Judson / Ekkart
1999, S. 25-46; Krempel 2000; Kat. Washington / London
/ Den Haag 2000/01; Domela Nieuwenhuis 2001, 2 Bde.;
Wieseman 2002; Bauer 2006. Auf die Nennung weiterer
Publikationen, die sich mit den Bildnissen von Rembrandt
und Hals beschäftigen, wird an dieser Stelle verzichtet.

96 Vgl. u. a. Adams 1997; Dudok van Heel 2002/03.
97 Vgl. u.a. Smith 1982; Kat. Haarlem 1986; Giesen 1997;
LAARMANN 2002.
98 Vgl. Kat. Haarlem / Antwerpen 2000/01.
99 Vgl. u.a. Riegl 1931; Kat. Haarlem 1988.
100 Vgl. u.a. Raupp 1984; Kat. London / Den Haag 1999/2000.
101 Zu den verschiedenen Porträttypen der holländischen Malerei
vgl. auch Kat. Amsterdam 2002/03, sowie unten, Kap. II.2.2,
S. 83.
102 Wishnevsky 1967. Die Autorin weist darauf hin, dass häufig
schwer zu entscheiden sei, ob es sich bei Einfigurenbildern, die in
der Nachfolge Rembrandts entstandenen, umportraits histones
handelt oder nicht (S. 17, Anm. 3). Sie klammert Zweifelsfälle
jedoch nicht aus ihrer Untersuchung aus. Eine Reihe der von
Wishnevsky als historisierte Bildnisse behandelten Werke sind
nicht als solche anzusehen. Zum niederländischen portrait
historie vgl. auch Winkel 1998/99, S. 94-97; M. de Winkel in
Kat. Amsterdam 2002/03, S. 96f.; Sutton 2005. Allgemein zum
Phänomen des portrait historie PoLLEROSS 1988.
103 Kettering 1983, bes. S. 63-82, 171-179.
104 Als seltene Ausnahme vgl. Dudok van Heel 1980/81.
 
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