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Hirschfelder, Dagmar
Tronie und Porträt in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts — Berlin: Mann, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.47555#0032

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28

Einleitung

Der Behandlung des Verhältnisses von Tronien und
einfigurigen Historien- und Genrebildern schließt
sich ein allgemeiner Überblick zu Verbreitung und
Erscheinungsformen niederländischer Tronien an.
Auf dieser Grundlage kann ermittelt werden, welche
Stellung die Werke innerhalb der Gemäldeproduk-
tion unterschiedlicher Troniemaler einnahmen und
in welcher Beziehung der Bildtyp zu den Gattungen
Porträt, Historie und Genre stand.
Um die Analyse der Verbreitung von Tronien
in den Nördlichen Niederlanden abzurunden und
die These abzusichern, dass es sich um selbständige
Kunstwerke handelte, wird im letzten Kapitel von
Teil III der Arbeit untersucht, auf welchen Wegen
und in welchem Umfang Tronien verkauft wurden,
welche Preise sie erzielten und inwiefern sich Aussa-
gen hinsichtlich der Käuferschaft der Werke treffen
lassen. Zu diesem Zweck werden insbesondere zeit-
genössische Bestandsverzeichnisse sowie Lotterie-
und Versteigerungslisten ausgewertet. Abschließend
wird diskutiert, welche Faktoren dazu geführt haben
können, dass in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhun-
derts ein deutlicher Rückgang der Tronieproduktion
zu verzeichnen ist.
Durch die in Teil II und III erfolgte Klärung der
Frage, welche Werke dem Bildtyp der Tronie zuzu-
ordnen sind, wird die Grundlage für die Diskussion
der wechselseitigen Beeinflussung von Porträt und
Tronie in Teil IV geschaffen. Bereits im Zusammen-
hang mit der Abgrenzung der beiden Bildkategorien
wird gezeigt, welche formalen Gemeinsamkeiten
zwischen Tronien und Porträts bestehen. Daran an-
schließend wird in Teil IV untersucht, inwiefern spe-
zifische Motive und Merkmale von Tronien an das
Vorbild der Porträtmalerei anknüpfen und welche
Schlüsse sich hieraus bezüglich der Bedeutung und
zeitgenössischen Rezeption der Werke ziehen lassen.
In diesem Kontext wird auch die Frage nach der iko-
nographischen Festlegung porträthaft aufgefasster
Tronien zu diskutieren sein.
Nach der Behandlung des Einflusses der Gattung
Porträt auf Erscheinungsbild und inhaltliche Implika-
tionen von Tronien wird umgekehrt gefragt, ob und
inwiefern die Porträtmalerei vom Bildtyp der Tronie
profitierte. Zum einen wird dargelegt, welche Aus-
wirkungen die Beschäftigung bestimmter Maler mit
Tronien auf die künstlerische Gestaltung ihrer kon-
ventionellen Porträts hatte. Zum anderen lässt sich eine

spezifische Form des Kostümporträts, die ab dem Ende
der 1630er Jahre in der bürgerlichen Porträtmalerei
auftritt, in motivischer und formal-ästhetischer Hin-
sicht vom Bildtyp der Tronie herleiten. Anhand signi-
fikanter Einzelbeispiele sowie der Bildnisproduktion
ausgewählter Künstler werden das >Kostümporträt in
Tronie-Manier<, seine Verbreitung, die Nähe zum Bild-
typ Tronie sowie Möglichkeiten der Abgrenzung von
Tronien untersucht. Darüber hinaus fragt sich, inwie-
fern die motivisch an Tronien anknüpfenden Bildnisse
von anderen im 17. Jahrhundert verbreiteten Formen
des Kostümporträts abgesetzt werden können und wie
es zur Entstehung des neuen Porträttyps kam. Schließ-
lich wird analysiert, aus welchen Gründen die Auftrag-
geber von Bildnissen eine Darstellungsweise wählten,
die sich an das Erscheinungsbild der in den Nördlichen
Niederlanden verbreiteten Tronien anlehnte.
In Teil V der Arbeit werden Bedeutung und Funk-
tion von Tronien, ihre Wertschätzung durch das zeit-
genössische Publikum sowie die spezifischen künst-
lerischen Interessen, die ihre Schöpfer verfolgten, in
den Blick genommen. Gefragt wird dabei zunächst
nach den inhaltlichen Konnotationen, die man im 17.
Jahrhundert mit den Werken verband. Eine wesent-
liche Rolle für die Deutung der Bilder spielt dabei die
motivische Ähnlichkeit, die viele Tronien mit Por-
träts aufweisen.
Ein weiterer Ansatzpunkt für die Interpretation
von Tronien ergibt sich aus dem Darstellungsgegen-
stand als solchem: In ihrer Eigenschaft als charakter-
voll oder auch >emotionsgeladene Gesichten können
Tronien mit der zeitgenössischen Affektenlehre sowie
physiognomischen Theorien in Verbindung gebracht
werden. Zu diesem Zweck wird insbesondere die nie-
derländische Kunstliteratur des 17. Jahrhunderts aus-
gewertet und auf ihre Aussagekraft für die zeitgenös-
sische Rezeption von Tronien hin geprüft.
Wie sich herausstellen wird, besteht eines der we-
sentlichen Merkmale von Tronien in der Betonung
der künstlerischen Mittel, die bei der Schöpfung der
Werke eingesetzt wurden. Aus diesem Grund beschäf-
tigt sich das letzte Kapitel von Teil V mit der Frage,
welcher Stellenwert den formal-ästhetischen Quali-
täten von Tronien einerseits mit Blick auf die Darstel-
lungsabsicht ihrer Schöpfer, andererseits hinsichtlich
der Wertschätzung der Werke durch die Zeitgenossen
zukam. Abschließend werden die Ergebnisse der Ar-
beit in einer kurzen Zusammenfassung resümiert.
 
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