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Hirschfelder, Dagmar
Tronie und Porträt in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts — Berlin: Mann, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.47555#0100

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Der Bildbefund der 1620er und frühen 30er Jahri

Porträtist der Stadt.48 Seine Nachfolge übernahmen
der gebürtige Amsterdamer Nicolaes Eliasz., genannt
Pickenoy (1588-ca. 1650/56) [Kat. 128, 129, Taf. 26],
und der wahrscheinlich ebenfalls in Amsterdam ge-
borene Thomas de Keyser (ca. 1596/97-1667) [Kat.
252, Taf. 53].49 Bis spätestens zu Rembrandts An-
kunft in Amsterdam erhielten sie die wichtigsten
Aufträge und galten als die besten Porträtmaler der
Stadt. Ihre Klientel entstammte in erster Linie den
gehobenen Schichten des Amsterdamer Bürgertums.
Neben van der Voort, de Keyser und Pickenoy pro-
duzierten im Amsterdam der zwanziger Jahre auch
solche Maler Bildnisse, die nicht wie die genannten
Meister als reine Porträtspezialisten anzusehen sind.
Hierzu gehörte z.B. der nach 1612 aus Den Haag
zugezogene Werner Jacobsz. van den Valckert (ca.
1580/85-ca.l627), der neben Gruppenporträts und
Einzelbildnissen [Kat. 522, Taf. VIII] auch biblische,
mythologische und allegorische Darstellungen
schuf.50 Auch im CEuvre von Genremalern wie Pie-
ter Jacobsz. Codde (1599-1678) und Willem Duyster
(1599-1635) finden sich eine Reihe Porträts.51
Neben Amsterdam kommt Haarlem ein wich-
tiger Platz unter den Städten zu, in denen die Por-
trätmalerei in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts
eine besondere Blüte entfaltete. Hierfür ausschlag-
gebend war vor allem die Tätigkeit von Frans Hals
(1581/85-1666), der 1610m die Haarlemer St. Lukas-
gilde eintrat und das Porträtfach fortan künstlerisch
dominierte [Kat. 204-205, Taf. 43, Kat. 206-207, 208,
Taf. 43, Kat. 209, 210, 221].52 Darüber hinaus gibt
es jedoch noch eine Reihe weiterer fähiger Haarle-
mer Maler, von denen Porträts aus unserem Unter-
suchungszeitraum erhalten sind. So schufen einige
ältere Meister, z.B. Cornelis Cornelisz. (1562-1638)

und Frans Pietersz. de Grebber (1573-1649), neben
ihrer Hauptbeschäftigung als Historienmaler auch eini-
ge Porträts.53 Außerdem sind jüngere Meister wie Hen-
drick Gerritsz. Pot (ca. 1585-1657), Frans de Grebbers
Sohn Pieter (ca. 1600-1652/54) und Salomon de Bray
(1597-1664) zu nennen, wobei die Anzahl erhaltener
Porträts, die diese Meister bis zum Beginn der drei-
ßiger Jahre malten, relativ begrenzt ist.54 Pieter de
Grebber und Salomon de Bray - beide wichtige Ver-
treter des Haarlemer Klassizismus - schufen in erster
Linie Historienbilder.55 Hendrick Pot dagegen war
vornehmlich als Maler fröhlicher Gesellschaften und
Soldatenszenen tätig.56
Der interessanteste Porträtmaler Utrechts war im
untersuchten Zeitraum zweifellos Paulus Jansz. Mo-
reelse (1571-1638) [Kat. 356, Taf. 77]. Er ging zwei
Jahre bei van Miereveld in Delft in die Lehre, wie
van Mander berichtet, und unternahm danach eine
Italienreise.57 Moreelse kommt das Verdienst zu, das
pastorale Porträt zu Beginn der zwanziger Jahre in
die niederländische Malerei eingeführt zu haben.58 Er
malte jedoch auch eine große Zahl konventioneller
Bildnisse in repräsentativer zeitgenössischer Tracht,
unter anderem von hochstehenden Persönlichkeiten
aus Regierungskreisen und Adel.
Neben den genannten Zentren der Malerei behei-
mateten auch andere niederländische Städte im ersten
Drittel des Jahrhunderts Maler, die Porträts anfertig-
ten und solide Arbeit auf diesem Gebiet leisteten.
In Leiden beispielsweise waren der dort geborene
David Bailly (1584-1657), ein Schüler Cornelis van
der Voorts, und der nur drei Jahre jüngere Joris van
Schooten (1587-1652/53) tätig. Bei den von Bailly in
den zwanziger Jahren gemalten Porträts handelt es
sich um eine relativ kleine Anzahl vor allem klein-

48 Ekkart 2002/03, S. 29f. Zu van der Voort vgl. auch Six 1887;
Six 1911; Ekkart 2007/08a, S. 27f.
49 Zu Nicolaes Eliasz. vgl. Six 1886; DudokvanHeel 1985. Zu
de Keyser vgl. Oldenbourg 1911; Adams 1985.
50 Zu van den Valckert vgl. Titiel 1983, bes. S. 153-171, 179-
181.
51 Zu Codde vgl. Saur 1992ff., Bd. 20 (1998), S. 95-97, dort
auch weitere Literatur. Zu Duyster vgl. C. von Bogendorf-
Rupprath in Turner 2000, S. 98f., dort auch weitere Litera-
tur.
52 Vgl. Grimm 1972; Slive 1970/74, 3 Bde.; Kat. Washington /
London / Haarlem 1989/90.
53 Vgl. Goosens 2001, S. 125. Zu Cornelis Cornelisz. Porträts
vgl. Thiel 1999, Kat. Nr. 247, S. 393f., Abb. 211, Kat. Nr.
249, S. 394f., Abb. 340, Kat. Nr. 250, S. 395f., Abb. 340.
54 Für ein Porträt von Pot vgl. Kat. Amsterdam 1992b, Kat. Nr.

23, S. 28f.; Kat. Amsterdam 2000, S. 348, Farbabb. 183. Für
ein Porträt de Grebbers aus dem Untersuchungszeitraum
vgl. Dirkse 2001, S. 117f., Abb. 90 u. Farbabb. S. 75. Zu de
Brays Bildnissen vgl. Moltke 1938/39a, S. 353-357.
55 Blankert 1999/2000, S. 20-22; Kat. Rotterdam / Frank-
furt 1999/2000, S. 84-111, 116-143.
56 Vgl. J. E. P. Leistra in DA 1996, Bd. 25, S. 362f.
57 Mander / Miedema 1994-1999, Bd. 1, S. 384 (fol. 281, Z.
6-8). Zu Biographie und Werk Moreelses vgl. jüngst Domela
Nieuwenhuis 2001, 2 Bde. Vgl. außerdem Jonge 1638; Kat.
Utrecht / Braunschweig 1986/87, S. 322-324; Kat. Ams-
terdam 1993/94, S. 31 lf.; Ekkart / Domela Nieuwenhuis
1995. Allgemein zur Utrechter Porträtmalerei vgl. Meyere
1996, bes. S. 32-34.
58 Kettering 1983, S. 64; Brink 1993/94, S. 13; Domela Nieu-
wenhuis 2001, Bd. 1, S. 92-94.
 
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