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Hirschfelder, Dagmar
Tronie und Porträt in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts — Berlin: Mann, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.47555#0146

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134

Verbreitung und Formen der Tronie

Abb. 21 Govaert Flinck, Brustbild einer jungen Frau, 1637, New
York, Privatbesitz [Kat. 137]



Abb. 22 Rembrandt, Brustbild einer jungen Frau mit Schleier,
1633, Amsterdam, Rijksmuseum [Kat. 419]

Figur Rembrandts zu erreichen oder anzustreben:
Bestimmte Merkmale wie das Doppelkinn, die leicht
vorquellenden Augen, die Form der geraden, unten
breiter werdenden Nase mit rundem Abschluss und
die schmale Oberlippe sind vergleichbar. Der Haar-
ansatz von Flincks junger Frau ist jedoch höher, ihre
Stirn runder, die Augen stehen weiter auseinander, die
Nase wirkt länger. Auch in Komposition, Beleuchtung
und Kostümierung gibt es Abweichungen: Der Schü-
ler dreht seine Figur ein wenig mehr dem Betrachter
zu, wodurch ihre Brust stärker beleuchtet ist, und
auch das Kostüm unterscheidet sich in verschiedenen
Details vom Vorbild. Trotz aller Unterschiede ist aber
unverkennbar, dass Flinck vom Werk seines Meisters
ausging. Er schuf eine Variante nach dessen Prototyp,
die wie das Vorbild als Tronie zu betrachten ist.117
Flincks Junger Mann mit Halsberge und Fe-
derbarett in Lausanne (Privatbesitz) [Kat. 134, Taf.
117 Für weitere Figuren, welche die Gesichtszüge der genannten
Tronien von Rembrandt und Flinck zeigen, vgl. oben, Kap.
III.1.2, S. 122.
118 Sumowski 1983-1994, Bd. 2, Kat. Nr. 658. Vgl. ebenso Molt-
ke 1965, Kat. Nr. 224, S. 112.

XVII] wird von Sumowski im Anschluss an die äl-
tere Forschung für eine Darstellung Rembrandts ge-
halten.118 Zweifellos haben das breite Gesicht mit der
fleischigen Nase und die üppigen Locken zu dieser
Identifizierung geführt. Tatsächlich aber stimmt die
Physiognomie der Figur nicht mit Rembrandts Aus-
sehen auf seinen Selbstdarstellungen der dreißiger
Jahre überein.119 Die genannten Merkmale entspre-
chen eher einem allgemeinen Gesichtstyp, als dass
sie individuell geprägt wären. Nicht minder typi-
siert wirken die Züge einer von Sumowski ebenfalls
Flinck zugeschriebenen Jungen Frau in Phantasie-
tracht in Amsterdam (Ch. de Rooy van Zuydewijn)
[Kat. 141].120 Darüber hinaus kopierte der Maler in
diesem Bild das Kostüm von Rembrandts Flora in
St. Petersburg (Eremitage) [Kat. 427, Taf. 91].121 Ne-
ben den genannten Beispielen werden Flinck weitere
Tronien zugeschrieben, die aus dem Rembrandtum-
119 Vgl.J. Kelch in Kat. Berlin/Amsterdam/London 1991/92a,
Kat. Nr. 62, S. 320.
120 Sumowski 1983-1994, Bd. 2, Kat. Nr. 660.
121 Zur Klassifizierung von Rembrandts Floradarstellungen vgl.
unten, Kap. III.2.4, S. 186f.
 
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