Die Albrechtsburg in Meißen von 1471 - 1490
37
Anhand von Baubeobachtungen und durch Auswertung der Archivalien
konnte Sibylle Harksen den Bauablauf auch im Detail weitgehend klären.100
Die Planung muß vor 1470 stattgefunden haben, da bereits 1470 in den
Rechnungen Ausgaben auftauchen, die auf Vorbereitungen hindeuten. Es
wurde mit den Arbeiten am Süd- und am Mittelbau begonnen und dieser nach
Norden hin durch eine provisorische Wand abgeschlossen. 1483 war das
Mauerwerk des Mittelbaus bis zum Dachansatz hochgezogen, wie aus einer
inschriftlichen Jahreszahl an der mittleren Gaupe hervorgeht, und 1485
wurde der oberste Umgang des großen Wendelsteins vollendet, wie ebenfalls
eine dort angebrachte Jahreszahl belegt. Ausgaben für Zimmerleute, Dach-
decker, Glaser und Töpfer deuten daraufhin, daß 1485 nicht nur der Rohbau
unter Dach gebracht wurde, sondern auch an dem Innenausbau des Süd- und
Mittelbaus - zumindest in den unteren Hauptgeschossen - gearbeitet wurde.
Harksen vermutet, daß mit dem Nordbau erst um 1475 begonnen wurde.101
Als um 1490 - vielleicht aber auch erst gegen Ende des Jahrhunderts - die
Arbeiten eingestellt wurden, war er zwar gedeckt, große Teile seines Innen-
ausbaus in den Obergeschossen waren aber noch nicht vollendet.
In der Zwischenzeit war nämlich ein Ereignis eingetreten, das den Status des
Schlosses drastisch verändert hatte. Bereits seit ungefähr 1482 hatte Herzog
Albrecht geplant, seine Hofhaltung zu separieren und seine Residenz nach
Torgau zu verlegen. Wenig später, 1485, teilten die beiden Brüder in Leipzig
auch ihr Territorium auf. Das noch in Bau befindliche Schloß in Meißen fiel
an Herzog Albrecht, der in der Folgezeit aber weiter in Dresden residierte.
Das Schloß wurde vorerst zwar von beiden Brüdern gemeinsam weiterge-
baut, doch schließlich wurden die Bauarbeiten unvollendet abgebrochen.
Die unfertigen Räume im Nordbau sind erst auf Befehl Herzog Georgs durch
Jakob Heylmann 1521 - 1524 fertiggestellt worden, wobei unklar bleibt, in-
wieweit man sich damals an die ursprünglichen Raumkonzeptionen hielt.102
Harksen, Sibylle: Zum Bauverlauf auf der Albrechtsburg. In: Mrusek, Hans-Joachim
(Hrsg.): Die Albrechtsburg zu Meißen. Leipzig 1972. S. 31 - 34.
Bereits Wanckel und Gurlitt hatten aufgrund von stilistischen Analysen auf eine spätere
Errichtung des Nordbaus geschlossen. Ihre Begründung, „es erweckt den Eindruck, als
habe sich bald nach 1477 das Bedürfnis eines Baues für einen zweiten Hofhalt nöthig
gemacht und als sei der eben geschilderte [Nord-] Flügel dessen Ergebnis“
(Wanckel/Gurlitt 1895, S. 14) ist jedoch nicht zutreffend, da der Nordflügel keineswegs
ein zweites, selbständiges Raumprogramm umfaßte. So waren Hofstube und Großer
Saal keine funktional gleichwertigen Saalräume, da nur erstere einen Ofen besaß und
damit in einer anderen Tradition als ihr Nachbar stand (s. u.).
Bereits Wanckel und Gurlitt waren sich nicht sicher, ob die in enger Verbindung mit
der jetzigen Raumaufteilung stehenden Balkendecken des dritten Obergeschosses aus
37
Anhand von Baubeobachtungen und durch Auswertung der Archivalien
konnte Sibylle Harksen den Bauablauf auch im Detail weitgehend klären.100
Die Planung muß vor 1470 stattgefunden haben, da bereits 1470 in den
Rechnungen Ausgaben auftauchen, die auf Vorbereitungen hindeuten. Es
wurde mit den Arbeiten am Süd- und am Mittelbau begonnen und dieser nach
Norden hin durch eine provisorische Wand abgeschlossen. 1483 war das
Mauerwerk des Mittelbaus bis zum Dachansatz hochgezogen, wie aus einer
inschriftlichen Jahreszahl an der mittleren Gaupe hervorgeht, und 1485
wurde der oberste Umgang des großen Wendelsteins vollendet, wie ebenfalls
eine dort angebrachte Jahreszahl belegt. Ausgaben für Zimmerleute, Dach-
decker, Glaser und Töpfer deuten daraufhin, daß 1485 nicht nur der Rohbau
unter Dach gebracht wurde, sondern auch an dem Innenausbau des Süd- und
Mittelbaus - zumindest in den unteren Hauptgeschossen - gearbeitet wurde.
Harksen vermutet, daß mit dem Nordbau erst um 1475 begonnen wurde.101
Als um 1490 - vielleicht aber auch erst gegen Ende des Jahrhunderts - die
Arbeiten eingestellt wurden, war er zwar gedeckt, große Teile seines Innen-
ausbaus in den Obergeschossen waren aber noch nicht vollendet.
In der Zwischenzeit war nämlich ein Ereignis eingetreten, das den Status des
Schlosses drastisch verändert hatte. Bereits seit ungefähr 1482 hatte Herzog
Albrecht geplant, seine Hofhaltung zu separieren und seine Residenz nach
Torgau zu verlegen. Wenig später, 1485, teilten die beiden Brüder in Leipzig
auch ihr Territorium auf. Das noch in Bau befindliche Schloß in Meißen fiel
an Herzog Albrecht, der in der Folgezeit aber weiter in Dresden residierte.
Das Schloß wurde vorerst zwar von beiden Brüdern gemeinsam weiterge-
baut, doch schließlich wurden die Bauarbeiten unvollendet abgebrochen.
Die unfertigen Räume im Nordbau sind erst auf Befehl Herzog Georgs durch
Jakob Heylmann 1521 - 1524 fertiggestellt worden, wobei unklar bleibt, in-
wieweit man sich damals an die ursprünglichen Raumkonzeptionen hielt.102
Harksen, Sibylle: Zum Bauverlauf auf der Albrechtsburg. In: Mrusek, Hans-Joachim
(Hrsg.): Die Albrechtsburg zu Meißen. Leipzig 1972. S. 31 - 34.
Bereits Wanckel und Gurlitt hatten aufgrund von stilistischen Analysen auf eine spätere
Errichtung des Nordbaus geschlossen. Ihre Begründung, „es erweckt den Eindruck, als
habe sich bald nach 1477 das Bedürfnis eines Baues für einen zweiten Hofhalt nöthig
gemacht und als sei der eben geschilderte [Nord-] Flügel dessen Ergebnis“
(Wanckel/Gurlitt 1895, S. 14) ist jedoch nicht zutreffend, da der Nordflügel keineswegs
ein zweites, selbständiges Raumprogramm umfaßte. So waren Hofstube und Großer
Saal keine funktional gleichwertigen Saalräume, da nur erstere einen Ofen besaß und
damit in einer anderen Tradition als ihr Nachbar stand (s. u.).
Bereits Wanckel und Gurlitt waren sich nicht sicher, ob die in enger Verbindung mit
der jetzigen Raumaufteilung stehenden Balkendecken des dritten Obergeschosses aus