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Illustrierte Welt : vereinigt mit Buch für alle: ill. Familienzeitung — 22.1874

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Heft 13
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https://doi.org/10.11588/diglit.62248#0355
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350

Den fidelen Max Näder kennt ihr ja Alle, Kinder, den brauche
ich euch nicht lange zu schildern und will defihalb nur von Felix
sprechen, über den ich euch die traurige Geschichte erzählen soll.
Sein Vater war Major iw Generalstabe, ein höchst verdienter
Offizier, dessen strategisches Genie überall anerkannt war. Felix
hatte in Berlin das Abiturienten-Examen nut glänzendem Er-
folge bestanden und sollte sich nach dem Wunsche seines Vaters
auch dem Militärfache widmen, während er für die Wissen-
schaften schwärmte und im Berufe eines Gelehrten sein ein-
ziges Ideal sah. Nur nach langen schweren Kämpfen und
auf das innigste Zureden aller früheren Lehrer des Sohnes,
denen sich als einflußreichste Fürsprecherin noch Felix' Mutter
zugesellte, gestattete er dem Sohne, seiner Neigung zufolge
sich der Philologie zu widmen. Vorerst aber mußte er noch
des Vaters unabänderliche Bedingung erfüllen, seiner ein-
jährigen Dienstpflicht bei den Gardeschützcn, deren höhere
Offiziere mit dein Major von Alten sümmtlich intim befreun-
det waren, Genüge zu leisten. Im Stillen hegte der Major
noch immer die Hoffnung, daß die glänzende Außenseite des
Militärlebens, die geachtete, angenehme Stellung der Offiziere,
den Sohn doch schließlich dazu bewegen werde, nach seinen
Wünschen zu handeln. Die Offiziere, denen des Vaters Plan
nicht unbekannt geblieben war, boten Alles auf, dem jungen
Einjährigen, dessen Liebenswürdigkeit bald Aller Herzen ge-
fesselt hatte, seine Dienstzeit so angenehm als möglich zu
machen; sie behandelten ihn mehr als Gleichgestellten denn
als Untergebenen und zogen ihn so oft als thunlich in ihre
Zirkel. Aber Felix widerstand allen Versuchungen. In seinen
Mußestunden besuchte er die philosophischen Kollegien der
Universität, blieb in reger Verbindung nut seinen früheren
Lehrern und sah mit Sehnsucht dem Augenblicke entgegen,
wo es ihm gestattet sein würde, sich ganz seinen Neigungen
zu widmen. Endlich ging das Jahr seinem Ende zu, unter
dem aufrichtigen Bedauern des Offizicrkorps trat Felix aus
dem Militärdienste aus. Noch einmal wandte der Vater alle
Künste der Ueberredung an, noch einmal erinnerte er den
Sohn an die glorreichen Traditionen der von Alten'schcn
Familie, die, schon seit Jahrhunderten fast ausschließlich dem
Militärfache gewidmet, theilweise bis zu den höchsten Ehren-
stellen sich emporgeschwuugcn hatte, deren Geschichte mit dem
angestammten Fürstenhause auf's Innigste verknüpft war. Die
Thränen traten dem stolzen Edclmannc in die Augen, als er
endlich mit den Worten schloß: ,Jch habe bis jetzt immer
und überall meines Sohnes mit väterlichem Stolze Erwäh-
nung thun können, in Zukunft werde ich mich schämen müssen,
wenn Jemand fragt, was aus Dir geworden ist. Ein
Magister? Die Trauer des Vaters, den Felix bisher noch
nie so weich gestimmt gesehen hatte, verfehlte nicht, auf das
Gemüth des Sohnes den tiefsten Eindruck zu machen. In
feurigen, von der Wärme der idealsten Begeisterung angefach-
ten Worten schilderte er, wie das Militärfach mit seiner-
glänzenden Außenseite, dem imponirendcn Schaugeprünge
und dem vielfach so hohlen Kerne ihn zurückstoße, er malte
das Glück und den stillen Frieden eines nur den Wissen-
schaften geweihten Lebens mit den schönsten Farben aus und
stellte nach Aufbietung aller Gründe mit der opferwilligsten
Gesinnung dennoch die ganze Entscheidung dem Vater anheim.
Gerührt gab der Major nach, die Begeisterung des Sohnes,
seine kindliche Liebe siegten glorreich über des Vaters Vor-
urtheile. Das erste Jahr verlebte Felix noch in Berlin, mit
rastlosem Feuereifer nur den Studien gewidmet. Mit den
meisten Professoren seiner Fakultät stand er in persönlichem
Verkehr, von Allen sowohl seiner Talente als seiner Beschei-
denheit und Liebenswürdigkeit wegen hochgeschätzt. Dann
bat er um des Vaters Erlaubniß, uach E. übersiedeln zu
dürfen, dessen philosophische Fakultät damals sich eines hohen
Ansehens erfreute. Rührend war der Abschied. Vor der
Trennung ergriff der Vater die Hand des Sohnes und sprach
tiefbewegt: ,Zum ersten Male verläßt Du jetzt das Eltern-
haus, Felix. Mit vollem Vertrauen auf Deine Charakter-
festigkeit lasse ich Dich ziehen und verlange nur Eins von
Dir, Dein heiliges Ehrenwort, nie etwas zu thun, was mit
Deiner und Deiner Familie Ehre unvereinbar ist? Ein
stummer, inniger Händedruck war die beredteste Antwort.
Felix reiste nach E., wo ich ihn kennen lernte. Fast gleich-
zeitig sprangen wir in die Alsatia ein und wurden bald
Freunde im edelsten, schönsten Sinne des Wortes. Felix war
einer der liebenswürdigsten, anziehendsten Charaktere, die ich
je kennen gelernt.
„In ihm verband sich eine kindlich reine Gesinnung mit
der hervorragendsten Begabung, mit dem liebenswürdigsten
jugendlichen Enthusiasmus für alles Schöne und Gute. Viel-
leicht war sein Idealismus sogar etwas zu groß und streifte
in vielen Fällen nahe au Schwärmerei, doch ist dieß ein
Fehler, der einem jungen Manne viel besser ansteht, als die
Blasirtheit des jetzigen jungen Geschlechts, das womöglich
schon im zarten Alter von sechzehn Jahren überall den welt-
erfahrenen Herrn, der Alles gesehen, Alles erlebt, Alles ge-
kostet hat, hcrausbeißcn will. Unser Freund verdiente so
recht die Bezeichnung eines eifrigen Jüngers der Wissenschaft,
und schon damals erregten seine Talente Aufsehen, wie auch
sein Fleiß allgemeine Anerkennung fand. Dabei müßt ihr
nicht etwa denken, Kinder, daß er das war, was man einen
Ochsbruder nenut. Felix war einer der flottesten Burschen, ein
ausgezeichneter Schläger, zu jedem lustigen Streiche auf-
gelegt, beständig bereit, wenn cs galt, eine Spritze zu machen
oder sonst irgend ein Vergnügen zu arrangireu. Er wußte
eben Alles mit einander zu verbinden. Auch im Aeußercu
war Felix eine hervorragende Erscheinung. Etwas über
Mittelgröße, schlank nud elegant gebaut, das geistvolle Gesicht,

ZllttstrirLe Welt.

dessen dunkle Augen Geist und Herz sprühten, von braunen
Locken umwallt — nick einem Worte, es war eine Erscheinung,
die in der kleidsamen Burschentracht, den hohen Stiefeln, dem
sammtnen Schnttrrock, dem kecken blauen Ccrevis überall
Aufsehen erregen mußte.
„Damals verlebte ich die schönste Epoche meines Studen-
tenlebens. Unser Korps war die Vereinigung der harmonisch-
sten Elemente, jeder bestrebt, in Allem für die Interessen
der Gesammtheit zu wirken, nie störte ein Mißton das gegen-
seitige gute Einvernehmen. An einem herrlichen Nachmittage
im Mai hatten wir einen Ausflug nach der malerisch ge-
legenen N.-Burg gemacht, dort eilten fidelen Kommers ge-
feiert und waren erst spät und in sehr gehobener Stimmung
nach Hause zurückgekehrt. Augekommen entdeckte ich zu
meinem nicht geringen Erstaunen, daß ich den Hausschlüssel
verloren hatte, mein lwspos war verreist und somit bot sich
mir kein anderer Ausweg, als von Felix' freundlichem Aner-
bieten, für die Nacht sein Zimmer zu theilen, dankbaren
Gebrauch zu machen. Eine ziemlich späte Stunde des fol-
genden Morgens traf mich noch bequem im Bette liegend,
während Felix schon angekleidet am offenen Fenster saß und
die blauen Wölkchen seiner laugen Pfeife lustig in Gottes
freie Natur hinaussandte. Wir überlegten gerade das
Programm für den heutigen Tag und befanden uns insofern
im Widerspruch, als Felix den Nachmittag stndiren wollte,
während ich wiederum einen Ausflug projektirte, als der
lange Fuchsmajor rasch cintrat und fröhlich ausrief: Morgen,
Leute! Ich habe euch eine Nachricht von durchgreifender
Wichtigkeit zu bringen, von heute ab wird unser kleines E.
um einen ganz besondern Vorzug reicher sein!' Mas
mciust Du denn, lieber Maunus? redete Felix den Kommili-
tonen mit seinem Spitznamen an, wird das Bier von heute
ab umsonst verschenkt?' ,Ach was, ihr materiellen Men-
schen? versetzte der Angcredete, ohne über die versteckte An-
spielung auf seine Vorliebe für den edeln Gerstensaft erzürnt
zu sein, ,diesen Morgen ist eine wandernde Schauspieler-
truppe hier eingekehrt und wird uns während der Sommer-
saison mit ihren Vorstellungen beglücken. Dem Zettel nach
zu schließen sind die Mitglieder alle weltberühmte Künstler
und somit steht uns ein ganz besonderer Genuß bevor?
,Daß Gott erbarm? rief Felix munter, ,die Devise dieses
Kunsttempcls heißt jedenfalls «Imsomto o§ni spcmcuma., voi
eb'onti-ato», mich wird das Theater in seinen Mauern
sicher nicht erblicken? ,Stolzer Rcsidenzler? entgegnete der
lange Maunus pathetisch, ,die göttliche Kunst muß auch in
ihren bescheidensten Vertretern geehrt werden, ich habe dem
Ober-Negisseur, der zugleich erster Liebhaber, Garderobier und
Gott weiß was noch Alles ist, unfern hohen Besuch schon
fest versprochen, also schweigt, ihr Füchse, Keiner darf fehlen.
Nun Adieu, seid pünktlich zum Frühschoppen auf der Kneipe,
dann besprechen wir das Weitere?
„Der Mangel eines Theaters in E. war von der ganzen
Studentenwclt oft schmerzlich beklagt worden, deßhalb wurde
die plötzliche Ankunft einer Künstlertruppe überall besprochen
wie ein welthistorisches Ereignis;. Den ganzen Tag über-
pilgerten einzelne Gruppen auf die große Wiese vor der
Stadt, wo die angekommenen Künstler beschäftigt waren, den
Musentempel, dessen Bcstandtheile auf mehreren Wagen mit-
gefahren wurden, aus Brettern und Leinwand zu erbauen.
Der große Wagen, der zugleich ans der Reise als Wohnhaus
beuutzt wurde, war besonders der Gegenstand der neugierigen
Blicke, indessen blieben die Fenster dicht verhängt und eine
Gewißheit über den Personenstand der Künstlerfamilie konnte
nicht erzielt werden, wodurch der Kombination ein desto
größerer Spielraum überlassen blieb. Um 7 Uhr war die
Vorstellung augcsagt, aber schon eine Stunde vorher war der
hölzerne Theatcrraum vollständig angcfüllt, meistens von
Studenten. Der kunstliebende Mannus hatte unsere ganze
Gesellschaft zusammengetrommclt, und wir nahmen eine der
ersten Bänke ein. Laute Witzreden schallten von einer Ecke
zur andern, zuweilen organisirte irgend ein Ungeduldiger ein
taktmäßiges Stampfen und Klopfen, worauf daun jedesmal
eine fette Gestalt mit verdächtig gerötheter Nase im schwarzen
Frack vor dem Vorhang erschien und mit dröhnender Helden-
stimme die Versicherung abgab, die Vorstellung werde im
Augenblick beginnen. Endlich hob sich der Vorhang. Irgend
ein unbekanntes Lustspiel wurde aufgeführt, ich weiß selbst
nicht mehr, wie der Titel lautete, aber die Szene steht mir
heute nach vollen zwanzig Jahren noch so lebhaft vor der Seele,
als wäre sie gestern erst vorgefallen. Die Künstler spielten
besser, als wir erwartet hatten, auch deuteten die Kostüme,
in welchen die Mitwirkenden erschienen, auf eine gewisse
Wohlhabenheit der Truppe. Der Inhalt des ersten Aktes
enthielt nicht viel mehr als eine Exposition des Stückes und
verfloß ohne jedes Beifallszeichen, indessen machte sich beim
Sinken des Vorhanges auch keine Aeußerung des Mißfallens
bemerkbar. Nach einer kleinen Pause begann der zweite Akt,
die Dekoration der Szene zeigte einen Garten, in welchem
eine zierliche Müdchengestalt mit dem Begießen der Blumen
beschäftigt war. Ein allgemeines -Ah' entflog unwillkürlich
Aller Munde, um sich gleich daraus in einen rauschenden
Beifall zu verwandeln, als die Schauspielerin mit Hellem,
sympathischem Silberklange die ersten Worte gesprochen. Es war
eine schlanke, elegante Gestalt, die sich uns da zeigte, vielleicht
achtzehn bis zwanzig Jahre alt, mit auffallend schönen Formen,
die durch die geschmackvolle Kleidung noch mehr hervorgehoben
wurden. Eine blaue Seidenrobe mit langer Schleppe zeigte
anf's Vorthcilhafteste die schlanke Figur, ein weißes, eng-
anliegendes Spitzenjäckchcn, das sich in einen halb über die
Nobe fallenden Ueberwurf verlängerte, brachte die klassische

Büste auf's Anmnthigste zur Geltung. Der Hauptreiz des
etwas blassen Gesichtes waren die dunklen, von langen
Wimpern beschatteten Augen, in denen ein eigeuthümlich
schwermüthiger, melancholischer Ausdruck lag. Ueppigcs
dunkles Lockenhaar, halb nachlässig, halb absichtlich durch
einander geringelt, floß ans den reizenden Nacken nieder.
Wenn schon die auffallend schöne Erscheinung, das elegante,
vom besten Geschmack zeugende Kostüm des jungen Mädchens
in der Umgebung dieser umherziehenden Truppe gerechtes
Erstaunen erregen mußte, so wuchs dieses noch mehr bei
Betrachtung ihres Spiels. Eine sympathische, klangvolle
Stimme paarte sich mit wohldurchdachtem, sinnvollem Aus-
drucke, jede Bewegung zeugte von natürlicher Grazie. Sie
stellte den Abend eine unglücklich Liebende dar, und ihr
seelenvolles, dabei in den Ausdrücken des höchsten Affekts
immer anmuthiges und maßvolles Spiel riß das dankbare
Publikum, juuge, leicht erregbare Studenten, die so lange
jeden Kunstgenuß entbehrt hatten, zu den stürmischsten Beifalls-
äußerungen hin. Lautes Bravorufen erfüllte den Saal, in
unwillkürlicher Bewegung warfen viele von uns, welche Vcil-
chenstrünße, die ersten Geschenke Flora's in diesem Frühling,
bei sich trugen, sie der Künstlerin zu. Ich waudte mich nach
Felix um, der gerade hinter mir saß, um seine Ansicht über
das Spiel zu hören. Hochaufgerichtet stand er da, das
flammende Gesicht zeugte von tiefster Bewegung, die linke
Hand hielt er vor die Augen, wie um die ganze Gestalt der
Schauspielerin besser in sich aufnehmen zu können, die Rechte,
womit er sich auf die Lehue des Sitzes stützte, zitterte krampf-
haft. Mehrmals ries ich ihm leise zu, jedoch ohne seine
spannende Aufmerksamkeit unterbrechen zu können.
„Wiederum ertönte rauschender Beifall, die junge Schau-
spielerin wandte sich dem Zuschaucrraume zu und dankte
durch eine Verbeugung. Ihr Ange blieb ans Felix haften,
Beider Blicke begegneten sich, einen Augenblick wurde ihr
Gesicht durch ein liebliches Lächeln verklärt, während ein
jähes Erröthen die seelenvollcn Züge noch anziehender machte,
dann fuhr sie in ihrer Nolle fort. Er erröthete wie ein
Kind, schaute sich rings um und schien jetzt erst zu bemerken,
daß er in unwillkürlicher Erregung aufgestanden, denn er
nahm sofort seinen Platz wieder ein, strich die Locken ans
der Stirne und schaute still vor sich hin. Das Stück war
zu Ende, während des allgemeinen Aufbruchs ertönte noch
einmal lauter Beifall und Hervorruf. Die Hanptakteurc,
darunter auch die junge Künstlerin, die auf dem Theaterzettel
als Fräulein Emma Brion bezeichnet war, erschienen und
verbeugten sich dankend. Der Blick der Schauspielerin flog
suchend durch die Menge, fast unmerklich neigte sie grüßend
den Kopf nach unserer Richtung und verschwand dann hinter
den Coulisscn. Nasch wandle ich mich nm und bemerkte
gerade noch, wie Felix' Hand sich senkte, die wahrscheinlich
grüßend nach dem Ccrevis gefahren war. Dann brachen
Alle auf. In größeren oder kleineren Gruppen zog die
Studentenschaar nach E. zurück, den Kneipen zu, um die
aufgeregten Gemüther durch den Genuß von möglichst vielem
Bier wieder in's Gleichgewicht zu bringen. Die Haupt-
unterhaltung drehte sich natürlich um die juuge Künstlern,,
deren Auftreten in dieser obskuren Truppe wirklich auffallen
mußte, zumal ihr Spiel und Vortrag von einer Ausbildung
Zeugniß ablegte, die sie sicher nicht in dieser Umgebung sich
angeeignet haben konnte. Tic mannigfachsten Vcrmuthungcn
wurden laut, und Mannus, der Kunstfreund, mußte uns
versprechen, beim Direktor der Künstlertruppe, den er gestern
schon kennen gelernt, Erkundigungen einznziehen. Nur Felix
bctheiligte sich nicht an der allgemeinen Diskussion, stumm
und nachdenklich schritt er einher, bis ihm einer der Freunde
scherzend auf die Schulter klopfte und ansricf: ,Sch' sich
Einer den von Alten an! Bekam der Mensch doch ein paar
Blicke zngeworfen, für die ich gern ein halbes Jahr meines
Lebens geopfert hätte? Acrgerlich schaute Felix auf nud
ein keineswegs freundlicher Blick traf den Scherzenden.
,Felix? rief ein Anderer, ,geh' zur Kull diesen Abend,
da gibt's famoses Essen!- Unter dem allgemeinen Geläch-
ter, das dieser unmotivirtcn Aufforderung folgte, fragte Felix
verwundert: ,Warum gibst Du mir gerade den guten Rath?'
Mehr natürlich? war die Antwort, ,Tu scheinst furcht-
baren Hunger zn haben, denn Tn schautest die junge Schau-
spielerin dort im Theater mit Blicken an, als habest Du drei
Tage nichts mehr gegessen und wolltest sie direkt mit Haut
und Haar aufzehrcn? Meine Herren? rief Felix mit einer
an ihm ganz ungewohnten Empfindlichkeit, ,dergleichen
Witzeleien muß ich mir auf's Entschiedenste verbitten; bis
jetzt ist unsere Harmonie noch nie getrübt worden, eine Fort-
setzung dieser Redensarten würde aber nothwcndig eine Stö-
rung unseres guten Einvernehmens zur Folge haben?
,Abcr lieber von Alten' sagte erstaunt und begütigend der
Andere, ,wie können dergleichen . . . ?
,„Schon gut? unterbrach ihn Felix, floßt dergleichen
Witze fort, ich liebe sie nicht? Unwillkürlich trat ein Miss-
ion m unser heiteres Gespräch, unter einsilbigen Redensarten
waren wir bis zur Kneipe gekommen, wo die Meisten ein-
kehrten. Felix entschuldigte sich, er habe noch nothwendig zn
arbeiten und müsse nach Hause. Vergeblich war unser Be-
mühen, ihn zum Mitgehcn zu bewegen; unter freundlichem
Abschiedsgruße ging er rasch weg. Bald ertönten die heiteren
Weisen des Kommersgcsanges und der kleine Zwischenfall
war vollständig vergessen, bis plötzlich einer der Kneipgenossen
ein scherzhaftes Hoch ans die junge Künstlerin ausbrachte
und dabei die Hoffnung aussproch, einem von uns werde es
wohl gelingen, ihre Liebe zu gewinnen. Allgemeines Ge-
lächter folgte und Einer rief aus: ,Tie meisten Chancen ha>
 
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