Illustrierte Welt : vereinigt mit Buch für alle: ill. Familienzeitung (22.1874)

^tuttstnet. AeipÄlg unil Hirn. HL

Die schlimme Botschaft. .(S. 458.)
Nach einem Gemälde von Henri Bource.

herumge-

sie ist nicht meine Tante, nur eine entferntere Verwandte und
alte Freundin meiner seligen Mutter) — ja, Tante Räthin ist
auch nicht mehr die, die sie sonst vor ihres Mannes Tode war.
Erinnerst Du Dich noch der schönen Frau im rauschenden
Seidenkleide, welche mich öfters in's Sprechzimmer des Pen-
sionats rufen ließ, mich liebkoste und küßte und mir so hübsche
Geschenke brachte? Wie elegant, wie strahlend war sie da-
mals! Gütig wie eine Fee, doch auch unnahbar wie eine
solche. Ich konnte nie so recht durch die Wolke von Duft
und Hoheit, die sie umgab, bis an ihr Herz dringen.
Auch wenn sie aus ihrer schönen Stadtwohnung hinaus
nach Buchwald zog, umgab sie jeuer Schimmer noch, umhüllte
sie noch diese Vornehmheit.
Die Tante ist nun eine Andere!

Tagen war. Da bin ich nun in Buchwald, nicht als Pfingst-
gast, oder zum Erntefest, wie sonst, sondern ganz und für
immer.
Ich wohne in meinem Giebelstübchen, wo ich sonst als
Kiild so oft gewohnt, und wenn ich aus den kleinen Fenstern
sehe, so erblicke ich unten den Haselgrnnd, wo ich so oft
Nüsse gesucht — und drüben fällt mein Blick auf die grünen,
aufsteigenden Höhen mit den wogenden Buchenwipfeln. Aber
wenn ich in den Spiegel zwischen den Fenstern blicke, so lacht
mich das frohe Kindergesicht nicht mehr-daraus an. Ich bin
ernster geworden, ich habe schon viele Thränen geweint und
beim Anblick meines schwarzen Kleides brechen die Thranen
wieder aus meinen Augen hervor.
Tante Räthin — (die Justizräthin Beier, — Du weißt,

I.
Liebe Margarethe!
^W^^weimal hat sich die Erde nm die Sonne
dreht und wie oft um sich selbst? (Du wirst das
wohl genau wissen, denn Deine Censuren in der Na-
turkunde waren immer besser als die meinigen) — seit ich —
nun, seit Alles anders geworden ist, als es noch vor zwei

Werschümgene Wege.
Eine Erzählung
von
Pauline Schau;.

Mustr. Welt. XXII. w.

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