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Illustrierte Welt : vereinigt mit Buch für alle: ill. Familienzeitung — 22.1874

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Heft 15
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https://doi.org/10.11588/diglit.62248#0433
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430

Illustrirte Welt.

in Flandern, von der durch Tauben unterhaltenen Luftpost
für praktische Zwecke Gebrauch gemacht. Demnächst verfiel
sie in Folge der Ausbildung der neueren Kommunikations-
mittel, bis die neueste Zeit unter gewissen Lebenslagen wie-
der auf diese Flugpost zurückgriff, wovon an einer andern
Stelle.
In Beziehung auf die Flugmaschinen machte Roger Bako,
dieser in Vielem so divinatorische Geist, die Bemerkung, daß
ein solcher Apparat wohl zu konstruiren sei, sowie auch, daß
man sich mit Hülfe eines Gefäßes,» welches mit einem leich-
teren Medium als die Luft gefüllt sei, in diese müsse erheben
können. Der Versuche Leonardo da Vinci's zur Herstellung
von Flugapparaten und eines Fallschirmes, als dessen Er-
finder gewöhnlich Sebastian Lenormand (1783) angegeben
wird, hat zuerst, so viel mir bekannt, die Deutsche allgemeine
polytechnische Zeitung von vr. Grothe in Berlin näher er-
wähnt. Im Besitz des Herrn vr. Grothe befinden sich Kopieen
und Photographieen von Zeichnungen Leonardo's über und
zur Luftschifffahrt und das Fliegen, welche darthun, wie
außerordentlich eingehend sich der Meister, von dem Flug-
mechanismus der Vögel ausgehend, mit dieser Sache be-
schäftigt hat. Eine Flugmaschine baute demnächst der Mecha-
niker Giovanni Battista Danti in Perugia, mit welcher er
über den transimenischen See geflogen sein soll; nach Anderen
soll er, indem er sich mit seiner Maschine von der Kathedrale
zu Perugia herabgelasseu, nur über das Forum der Stadt,
allerdings im Beisein unzähliger Zuschauer, geflogen und
nach 300 Schritten auf ein Dach herabgekommen sein. Sicher
ist, daß er sich ein Bein brach. Der gelehrte englische
Benediktinermönch Oliver Malmesbury erlitt später bei einem
ähnlichen Versuch den Tod. Auch iu Frankreich, Portugal,
Amerika wurden Versuche mit Flugmaschinen, jedoch immer
mit unbefriedigendem, nicht selten unglücklichem Ergebniß ge-
macht. Den besten Erfolg trug Bartolomeo Guzman, ein
portugiesischer Mönch, davon; denn wenngleich seine 1709
angefertigte Maschine, welche einem Vogel glich, ihn nicht
empor trug, so trug sie ihm doch eine Professorstelle zu
Coimbra mit 600,000 Reis Gehalt, d. i. ca. 1000 Thaler
ein. Godwin schlug 1638 sogar vor, große Vögel, wie z. B.
Schwäne, wilde Gänse, zum Zweck einer atmosphärischen Be-
förderung zu zähmen. Besnier, ein Schlosser aus Sabls in
Frankreich zu Ende des 17. Jahrhunderts, konnte von Höhen
in schräger Richtung langsam herabfliegen, auch über Flüsse
setzen, aber nicht steigen; überdieß erforderte seine Maschine
einen zu großen Kraftaufwand in den Muskeln (ckourual äos
8avau8, 12.8oMmbro 1678). Großes Aufsehen erregte 1809
der Uhrmacher Jakob Degen in Wien. Seine Flugmaschine
bestand aus zwei weiten runden Schirmen nach Art des
Regenschirmes, nur daß die Nuudung nach der Seite hinaus
iu eine Spitze zulief. Beide befestigte er an ein Joch, das
er sich um den Nacken legte; ein Gerüst, welches mit seinen
Händen und Füßen in Verbindung stand, sollte die Flügel-
schläge machen; die Fittiche hatten eine große Menge nach
unten aufgehender Klappen, welche beim Heben die Luft
durchließen, beim Niederschlagen sich schlossen; er mußte
aber schließlich einen Ballon zum Heben benutzen und konnte
auch diesen mit den Fittichen nicht steuern. Alles blieb er-
folglos.
Zu einer Reihe neuer Vorschläge und Versuche hatte auch
die Erfindung der Luftpumpe 1650, Anlaß gegeben. Der
Jesuit Lana schrieb ein Werk, worin er ausführte, daß man
mit vier aus ganz dünnen Kupferplatten bestehenden und
luftleer gemachten großen Behältern sich in die Luft müsse
erheben können. Er hatte seine Rechnung ohne Berücksich-
tigung des äußeren Luftdrucks gemacht, dessen ihm nicht be-
kannte Gewalt sein Projekt von vornherein unausführbar-
machte. Näher kam der Sache der Pater Joseph Gallien,
in dessen Werk: 17art äs nuviZusr cluus los uirs, XviZ-
non 1755, ausgeführt ist, daß die zum Emporschweben be-
stimmten Hohlgefäße wegen des äußern Luftdrucks nicht leer,
sondern mit einer leichteren Luftart gefüllt sein müßte», deren
Dehnbarkeit dem Drucke von Außen das Gleichgewicht zu
halten vermöge. Daß er nun aber diese dünnere Luft aus
den oberen Räumen der Atmosphäre entnehmen wollte, gab
dem sonst korrekten Gedanken den Anstrich des Phantastischen.
Das Wasserstoffgas wurde erst elf Jahre später von Cavendish
entdeckt. Hütte Gallien dieses Gas gekannt, sagt John Wise,
der berühmte amerikanische Aöronaut, so würde ihm die
Ehre der Erfindung des Luftballons gebühren. So fiel sie
bekanntlich den Gebrüdern Montgolfier in Annonay zu, welche
durch das Aufsteigen des Rauches auf die Idee gebracht
wurden, Ballons durch ein darunter angezündetes Feuer, das
die Luft im Ballon erwärmte, also verdünnte, zum Stei-
gen zu briugen. Ihr erster öffentlicher Versuch fand am
5. Juni 1783 statt; und als der 35 Fuß im Durchmesser,
23,000 Kubikfuß halteude Ballon, feine großen Dimensionen
entfaltend, sich majestätisch erhöh, erscholl ein lauter Ruf der
Bewunderung der herzugeströmten Menge. Der Ballon stieg
6—7000 Fuß und fiel 14/z Meilen von seinem Ausgangs-
punkt nieder. Die ersten lebenden Wesen, welche eine Luft-
reise machten, waren bei Stephan Montgolfier's Versuch vor
dem Hofe zu Versailles, ebenfalls noch im Jahre 1783, ein
Schaf, ein Huhn und eine Ente in einem dem Ballon an-
gehängten Korbe. Sie kamen glücklich wieder herunter. Dieß
regte Viele auf, und ein junger Mann, Pilutre de Rozier,
erbot sich zuerst, eine Luftreise auszuführeu. Nachdem er
zuvor einige Versuche mit dem gefesselten Ballon gemacht
hatte, stieg er am 21. November 1783 in Gemeinschaft mit
dem Marquis d'Arlandes, der sich angeschloffen hatte, im
Beisein einer ungeheuren Menschenmenge, unter welcher sich

auch Beujamin Franklin befand, bis zu eiuer Höhe von
3000 Fuß empor. Durch Anfachen und Dämpfen des Feuers
unter dem Ballon konnten sie sich heben und senken; doch
mar die Operation nicht ohne Feuersgefahr. Sie blieben
etwa 25 Minuten oben und kamen wohlbehalten zur Erde.
Ebenfalls noch im Jahre 1783 stiegen drei Italiener zu
Mailand empor und blieben ziemlich lange oben. Das schöne
Geschlecht stand übrigens an Mnth nicht nach und schon im
Jahre 1784 machte eine Dame zu Lyon eine Fahrt in die
Lüfte mit: die böse Welt behauptete, sie habe ihrem Manne
davon gehen wollen. In demselben Jahre schloß der Herzog
von Chartres, der Vater Ludwig Philifip's, sich von Paris
aus einer Aufsteigung an, was Frau v. Vergenues zu der
Bemerkung veranlaßte, der Herzog wolle auf diesem Wege
seinen Gläubigern entgehen. Uebrigens machte auch Karl X.
als Graf von Artois einige Luftreisen mit.
Bei der Unvollkommenheit der Montgolfiären wurde noch
im Jahre 1783 auf Veranlassung der Akademie zu Paris
ein Ballon, allerdings nicht ohne große Schwierigkeit, nut
Wasserstoffgas gefüllt; er stieg vom Marsfeld in zwei Minu-
ten 3,123 Fuß hoch, blieb Stunden oben und fiel bei
Gonesse nieder, wo die Bauern ihn für den Teufel hielten,
sich vorsichtig näherten und Feuer auf ihn gaben. Professor
Charles stieg mit Roberts zuerst am 17. Dezember 1783 in
einem Wasserstoffballon oder Charliöre, nach ihm so genannt,
aus; sie kamen bis 6000 Fuß und blieben 1^ Stunde oben;
bei der Landung stieg zuerst Roberts aus; dadurch wurde der
Ballon um 130 Pfund erleichtert und Charles, der sich noch
in der Gondel befand, stieg sofort auf 9000 Fuß Höhe, das
Thermometer fiel in 10 Minuten von 21 Grad auf 9 Grad,
das Gas dehnte sich in der dünneren Luft fo mächtig aus,
daß er durch Oeffnung des Ventils viel ausströmen lassen
mußte, um ein Platzen des Ballons zu vermeiden. Dann
kam er glücklich herunter.
Den ersten Versuch einer Lenkung des Ballons machte
Blanchard im März 1784 mittelst einer Art von Ruder, das
aus zwei Flügeln bestand; er erzielte aber keine Wirkung.
Am 7. Januar 1785 stiegen Blanchard und vr. Jeffries
aus den Klippen von Dover empor und kamen in drei Stun-
den nach einer allerdings nicht ganz gefahrlosen Reise, bei
welcher sie alle ihre Instrumente, Bücher und einen Thcil
ihrer Bekleidung zur Entlastung des Ballons hatten über
Bord werfen müssen, schließlich glücklich über den Kanal in
die Nähe von Calais. Dieser Erfolg erregte ein ungeheures
Aufsehen, und man glaubte sich der Lösung des Problems
der Luftschifffahrt schon nahe gerückt, als Pilatre de Rozier,
derselbe junge Mann, welcher die erste Luftfahrt gewagt
hatte, am 15. Juni 1785 bei dem gleichen Versuch, den
Kanal dießmal von Boulogne aus zu überschreiten, und zwar
mittelst eines vereinigten Systems von Montgolfiöre und
Charlwre, verunglückte. Er und sein Genosse Romain waren
kaum eine Viertelstunde von Boulogne entfernt, als man
plötzlich eine große blaue Flamme an dem Ballon zücken und
den ganzen Apparat in einem Augenblick in Flammen auf-
gehen sah. Beide stürzten aus einer Höhe von 3000 Fuß
zerschmettert auf die Klippen des Ufers nieder. Und noch
einen dritten Tod hatte diese Katastrophe im befolge: Pilütre's
Braut, eine junge Dame aus Boulogne, starb in Verzweif-
lung. Ein weiterer Märtyrer war der italienische Graf
Zambcccari. Für die Lösung des Problems begeistert, unter-
nahm er eine Reihe von Luftfahrten, ebenfalls nach einem
vereinigten System von Charliöre und Montgolfiöre, wobei
er die Luft in letzterer durch einen von ihm erfundenen
Spirituslampen-Apparat erwärmte. Am 7. Oktober 1803
fiel er, von Bologna aufgestiegen, mit feinem Ballon in's
adriatische Meer, trieb längere Zeit darin umher und wurde
schließlich von einem englischen Fahrzeuge noch glücklich auf-
gefischt. Unentmuthigt führte er demnächst mehrere Jahre
hinter einander eine Reihe von glücklichen Luftfahrten aus,
bis im Jahre 1812 sein Apparat in der Luft in Flammen
aufging, wobei der muthige Mann leider den Tod fand.
Ich habe Ihnen diese ersten Kämpfe des Menschen mit den
Dämonen des Luftreichs etwas spezieller vorgeführt, weil sich
ein besonderes Interesse an die Ereignisse knüpft, welche die
Wiege einer großen Erfindung umgeben. Die Gesammtsumme
der in Europa und Amerika bis jetzt ausgeführten Luftfahr-
ten beläuft sich auf 3700. Auf diese Zahl kommen 16 Todte.
Das ist gewiß kein ungünstiges Resultat, wenn man erwägt,
wie viele Menschen im Meere umgekommen sein mögen, ehe
die Schifffahrt einigermaßen in Gang kam. Sämmtliche
Luftreisende schildern, ganz abgesehen von dem herrlichen
Anblick der Erde — die aus dem Ballon gesehen sich übrigens
in Folge der Wirkung der Perspektive an den Rändern hoch-
zieht und konkav wie eine Vase erscheint, — und von dem
prachtvollen Schauspiel der Wolkengebilde, sowie des Sonnen-
Auf- und Unterganges, übereinstimmend das angenehme Ge-
fühl bei der geräuschlosen, staubfreien und äußerst sanften
Fahrt in dem Ballon. Denn da der Ballon mit derselben
Schnelligkeit sich fortbewcgt, wie der Luftstrom, in welchem
er schwimmt, so nimmt der Luftschiffer, wenn er sich in den
Wolken befindet, eine Bewegung überhaupt nicht wahr, auch
wenn er mit unglaublicher Schnelligkeit vorankommt. Tissan-
dier und Fonvielle hatten bei ihrer Luftfahrt vom 15. Ja-
uuar 1869 die Strecke von Paris nach Neuilly Saint Trond,
d. i. 88 Kilometer, in 35 Minuten zurückgelegt, und sich
also mit einer Schnelligkeit von 20 deutschen Meilen pro
Stunde, mithin des Doppelten unserer schnellsten Eisenbahn-
züge, bewegt, fast ohne eine Empfindung davon zu haben.
Die Ruhe in der Gondel ist derart absolut, sagt ein viel er-
fahrener Luftschiffer, daß ein Licht nicht flackert und man

lose Baumwolle auf der flachen Hand erhalten kann. Flam-
marion erzählt, daß sein Uebelbefinden stets aufhörte, wenn
er sich in die reinen Luftschichten erhoben habe, und er setzt
hinzu: „Möglicher Weise wird eine Zeit kommen, wo die
Herren Aerzte ihre Patienten anstatt nach Trouville oder
Biarritz in die Luftbäder der oberen Regionen senden." Frei-
lich muß man sich vor dem Emporsteigen in jene Höhen hüten,
wo der abnehmende Luftdruck Beschwerden beim Athmen,
Stockungen im Blut, Schmerzen in den Muskeln erzeugt,
und zugleich die niedere Temperatur hemmend auf den Lebens-
prozeß einwirkt. Die größte Höhe, bis zu welcher jemals ein
Sterblicher vorgedrungen war, ist die von 37,000 Fuß, d. i.
das anderthalbfache der höchsten Berge der Erde. Glaisher,
Direktor der Sternwarte zu Greenwich, erreichte sie bei einer
im Jahr 1863 zu wissenschaftlichen Zwecken unternommenen
Fahrt mit dem Luftschiffer Coxwell, aber er erreichte sie aller-
dings, als er bereits das Bewußtsein verloren hatte, und als
Coxwell, dessen Hände von der Külte schon ganz schwarz und
gebrauchsunfühig waren, das Ventil nnr eben noch mit den
Zähnen öffnen konnte, um den Ballon schleunigst sinken zu
machen, wonächst Glaisher bald wieder zu sich kam. Gleich-
wohl war er mit Coxwell in den Regionen des Todes ge-
wesen. Von den sechs Tauben, welche sie mitgenommen
hatten, ließen sie die erste bei 4800 Meter Höhe fliegen: sie
breitete die Flügel aus, aber unvermögend, in der dünnen
Luft zu operircn, trieb sie flatternd im Winde. Die zweite,
bei 6400 Meter losgelassen, kämpfte rüstig gegen deiy eisigen
Luftstrom, drehte sich aber fortwährend wie ein Kreisel. Die
dritte, bei 8000 Meter ausgesetzt, fiel wie ein Stein und
verschwand sofort. Die übrigen drei wurden bis zum Hinab-
steigen ausgehoben; die eine war dann aber todt und die
andere dem Erstarren nahe; nach einer Viertelstunde aber,
während der Ballon weiter fiel, zupfte sie mit dem Schnabel
an ihrem rosenfarbenen Halsbündchen, und entflog dann plötz-
lich mit großer Schnelligkeit nach Wolverhampton, von wo
sie hergenommen war. Die letzte ward bei 6400 Meter,
während der Ballon fiel, losgelassen: sie war die klügste von
allen, denn sie setzte sich sogleich oben auf den Ballon und
blieb dort ganz gemächlich sitzen, bis man der Erde ziemlich
nahe war. Von allen sechs Tauben kam nur eine nach
Wolverhampton zurück; und Glaisher meint, es solle ihn
wundern, wenn cs nicht die letzte gewesen wäre. Wolver-
hampton wird von den britischen Luftschiffern für größere
Expeditionen deßhalb gern zum Ausgangspunkt gewählt,
weil dieser Ort ziemlich in der Mitte des für die Luftschiff-
fahrt wegen der Nähe des Meeres nicht gerade sehr günstig
gelegenen Jnselreichs sich befindet.
Außer für wissenschaftliche Zwecke, in welcher Beziehung
ich neben Glaisher nur an die aeronautischen Expeditionen
von Biot, Bixio, Robertson, Gay-Lussac, der bis zu 23,040 Fuß
gelangte, erinnern will, hat die praktische Benutzung des
Ballons sich bisher auch auf Kriegszwecke erstreckt. Seine
erste Verwendung fand er bekanntlich in der Schlacht von
Fleurus; auch bei der Belagerung von Charleroi leistete er
Dienste. Man baute große Hoffnungen darauf und errichtete
1794 zu Meudon sogar eine militärisch-aeronautische Schule.
Napoleon, dem dieselbe keine greifbaren Resultate lieferte,
löste sie auf. Er hatte nur einmal, mehr zu politischen als
zu militärischen Zwecken, von einem Ballon Gebrauch gemacht,
den er von dem Esbekiehplatz zu Kairo aufsteigen ließ, um
den Arabern zu imponiren. Aber in der letzten Annahme
hatte er sich gewaltig getäuscht. Die urkonservativen Mos-
lems würdigten das ganze Ding, von welchem der Prophet
im Koran keine Sylbe erwähnt, zum großen Aerger des
Generals Bonaparte kaum eines Blickes. Bei der Belagerung
Venedigs durch die Oesterreicher wurden die Ballons in An-
wendung gebracht, aber ohne günstigen Erfolg. Bei Sol-
ferino sollte mit einem Ballon rekognoszirt werden; er traf
aber, in Folge einer Verzögerung auf dem Transport, zn
spät auf dem Schlachtfelde ein. Es braucht nicht erwähnt
zn werden, daß alle großen Militärmächte ihre Aufmerksam-
keit, und mehr als diese, dem Gegenstände zuwendeten; ins-
besondere seitdem der letzte entscheidende Schlag des amerika-
nischen Bürgerkrieges, die Eroberung von Richmond im Jahre
1862, dem General Mac Clcllan hauptsächlich durch die mehr-
fachen Rekognoszirungen und Aufnahmen mittelst des Luft-
ballons gelang. Wer weiß, ob nicht in Zukunft Feuergefechte
von Ballon zu Ballon stattfinden, und jene alte, durch Dich-
tung und Kunst popularisirte Sage von dein Kampfe der
Geister in den Lüften zur blutigen Wahrheit wird!
Im letzten Kriege haben bekanntlich die Ballons bei der
-Belagerung von Paris nicht zu unterschätzende Dienste geleistet.
Im Ganzen sind durch die von dem Generalpostdirektor Ram-
pont mit großem Geschick und unermüdlicher Energie organi-
sirte pariser Ballonpost während der Belagerung 91 Passa-
giere, 363 Tauben und 2,500,000 Briefe im Gewicht von
10,000 Kilogrammen befördert worden; meist waren diese
in Form von Korrespondenzkarten angcfertigt; außerdem wur-
den auch mikroskopisch autographirte Journale befördert. Die
Photomikroskopie leistete schätzenswerthe Dienste für die Be-
förderung der Briefe mittelst Tauben nach Paris. Photograph
Dagron stellte eine volle Seite des Journal officiel der Re-
gierung von Tours auf dem sechsten Theil eines Quadrat-
zolles dar. 10,000 Depeschen nahmen den Raum einer
Handfläche ein. Ein Taubenbrief war l?/z Zoll lang und
I V4 Zoll breit. Er wurde längs der beim Fluge nicht be-
wegten Schwanzmittelfeder befestigt. In Paris wurden die
Taubenbriefe sofort vergrößert. In der Regel beförderte jede
Taube 70,000 Worte, welche 35,000 Franken Taxertrag lie-
ferten. Auch Postgeldanweisungen bis 300 Franken wurden
 
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