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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 8.1922

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VIII. 1
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Pfister, Oskar Robert: Die primären Gefühle als Bedingungen der höchsten Geistesfunktion
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https://doi.org/10.11588/diglit.28550#0056

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Dr. O. Phster

Die primären Gefühie a!s Bedingungen der hö&sten
Geistesfunktionen.
Von Dr. O. PFISTER in Zürich.
T Tnter Sublimierung versteht Freud den Vorgang, in welchem
' ! ^dieSexualbestrebung ihr auf Partiallust oder Fortpßanzungs^
iust geriAtetes Ziel aufgibt und ein anderes annimmt, welches
genetisch mit dem aufgegebenen zusammenhängt, aber selbst nicht
mehr sexuell, sondern sozial genannt werden muß<sh Hiezu gesellt
sich in einer früheren Behandlung desselben Gegenstandes der Satz:
x-Bine frühzeitig vorgefallene Verdrängung schließt die Sublimierung
des verdrängten Triebes aus,- nach Aufhebung der Verdrängung ist
der Weg zur Sublimierung wieder frei<sA
Gegen diese letztere These erhob sich reger Widerspruch. Die
VeraAtung, mit der die Gegner der PsyAoanalyse dem Sexualleben
gegenüberstehen, ließ es als PHiAt und verdienstliches Werk er^-
scheinen, die Abhängigkeit der höchsten Geistesprodukte von den
primären Regungen leidensAaftliA zu bekämpfen. Wie ekelhaft
wäre doch der Gedanke, daß selbst Religion, Freundschaft, Kunst^
genuß durch sexuelle Einschläge besudelt wären! Dabei verkannte
man Freuds Ansicht, als hätte er behauptet, die höchsten sozialen
Leistungen wärennichts anderes als umgemodelte Sexualität,
so daß sie aus dieser allein restlos zu erklären seien! Nicht nur die
Anhänger jener Ethik, welche die mortihcatio carnis als Bedingung
vollkommener Frömmigkeit betrachtet, sondern auch religionslose
Leute, die auf Anstand und Sitte hielten, liefen gegen Freuds
Sublimierungstheorie Sturm, wobei sie ihre Waffen nicht der Rüst-
kammer wissenschaftlicher Erfahrung, sondern der Esse ihres
sittlichen Bewußtseins entnahmen.
Das Gewissen in allen Ehren! Wer es mißachtet, versinkt in
einen Abgrund. Aber darf die Psychologie deswegen PektoraE

* Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, 398.
s Über Psychoanalyse, 61.
 
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