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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 8.1922

DOI issue:
VIII. 4
DOI article:
Radó, Sándor: Die Wege der Naturforschung im Lichte der Psychoanalyse
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https://doi.org/10.11588/diglit.28550#0413

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Die Wege der Naturforschung im Li Ate der Psychoanalyse

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indem er annimmt, daß Brett und SAeibAen mit absoluter Exakte
heit hergestellt sind/ das Brett ideal eben, Nägel und Abstände
ideal gleich, die Scheibchen ideal kreisförmig sind, daß keine De<*
formationen eintreten usw., dann müssen aber seine Berechnungen
im Sande verlaufen, weil der tatsäAliAe Erfolg eben von diesen
zahllosen kleinen Momenten abhängt, die er durch seine Annahme
ausgesAaltet hat. An eine wirklichkeitsgetreue mathematische Be^
handlung der Aufgabe läßt sich gar nicht denken, wie sollte man
nur dazu diese Unzahl von Daten herbeischaffen, geschweige denn
die endlosen Rechnungen bewältigen? Was nützte es, den Deter"
minismus wenigstens aim Prinzip« retten zu wollen, indem man
sich sagte, die Bahnen der Scheibchen wären eindeutig bestimmt,
wenn wir die genauen Anfangsbedingungen und alle Einflüsse
kennen würden, da man doch gleiA hinzufügen muß, daß wir
keine AussiAt haben, ihre Kenntnis je zu erlangen. Wir hätten
zu einer Behauptung Zuflucht genommen, deren Realität sich nie-
mals prüfen läßt, und würden so einem wissenschaftlichen Satze den
Rang und die Würde eines Glaubenssatzes verleihen. Es ist viel
aufrichtiger und korrekter, wenn man das SAidcsal der SAeibAen als
Sache des Zufalls erklärt, wobei sich gleiA die neue Aufgabe
ergibt, die EigentümliAkeiten zufälliger Ereignisse zu studieren.
Das hat die ForsAung getan. Sie entwidtelte die statistisAe
Methode mit dem Verfahren der WahrsAeinliAkeitsreAnung und
konnte so unter bestimmten Voraussetzungen dem rätselhaften
Zufall gewisse GesetzliAkeiten abringen. Insofern in unserem
Beispiel die Zahl der SAeibAen und der Nägelreihen hinreiAend
groß ist, beobaAtet man in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle
. eine Verteilung, die mit der von Gauß angegebenen Forme! gut
übereinstimmt.
Wir müssen wissen, daß es niAt etwa bloß die GlüAsspiele
sind, an denen die deterministisAe MeAanik versagt. Es gibt eine
Fülle theoretisA und praktisA hoAbedeutsamer Probleme — iA
erwähne nur die turbulenten Strömungen in Flüssigkeiten und
Gasen — die ganz analogen GesiAtspunkten unterliegen. Aus
ihrer Behandlung ist eine neue MeAanik entstanden, die Mises
als ameAanisAe Statistik« oder auA als ^freie MeAanik« der
gebundenen, klassisAen, gegenüberstellt.
IA möAte in dem Ihnen und mir gleiA fremden Gebiete
der Physik niAt allzulange verweilen, befürAte aber, mein knapper

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