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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Osborn, Max: Albert Männchen als Dekorativer Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0012

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Seite 2.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Januar-Heft.

r



neuen Aufgabe im Nu scharf aufs Korn zu nehmen und seinen Entwurf der
jeweiligen praktischen Bestimmung der betreffenden Räumlichkeit eng anzupassen;
es kommt ihm dabei wohl zu statten, dass er in seiner Lehrzeit das Handwerk nicht
vernachlässigte. Eine derartige dekorative Thätigkeit, die stets vom Karakter des
neuen Objekts ausgeht, schliesst alles Schablonenhafte von vornherein aus. Daher ist
Männchen's Arbeiten durchweg eine wohlthuende Frische eigen, der man die Freude
des Künstlers an der Ausführung des rasch gefundenen Planes anmerkt. Aber
alle diese verschiedenartigen Dinge werden durch den persönlichen Stil ihres Schöpfers
zusammengehalten, der, bald vernehmlicher, bald schwächer, überall durchklingt.

Männchen pflegt mit gleicher Liebe die beiden Seiten der dekorativen Wand-
malerei: die ornamentale wie die figürliche. Der »persönliche Stil« freilich, von dem
eben die Rede war, kommt besonders bei der ersteren zum Vorschein. Hier hat
er sich eine ganz eigene] Sprache gebildet, reich an Mitteln und des mannig-
faltigsten Ausdrucks fähig, eine Sprache, die originell ist, ohne herausfordernd
zu sein, und die die brauchbaren Elemente der Ueberlieferung geschickt zu ver-
werthen weiss. Den Ausgang bildet dabei ein intimes Studium der Natur, die
Männchen ganz frei und unbefangen, nicht durch die Brille vergangener Epochen
betrachtet. Er liebt die moderne Art der Ornamentbildung, welche, letzten Endes
ausgehend von japanischen Anregungen, die Motive der heimischen Flora unmittelbar
stilisirt. Karakteristisch für seine Arbeiten ist dabei der Wechsel ganz freier oder
nur von wenigen markanten Linien gegliederter Flächen und dichter Bündel
von aneinander gedrängten Ornamenten. Diese Bündel sind meist von bestimmten
Linien fest umgrenzt, so dass sie oft geradezu die Gestalt einer geometrischen Figur,
eines Rechtecks oder eines Kreis-Segments, annehmen, und weisen auch im Innern
eine gewisse geometrische Struktur auf. Aber von dem Stilkarakter der Jung-
Wiener, zumal Josef Olbrich's, ist Männchen's Art dadurch wesentlich unterschieden,
dass er nicht wie jene die Bündel aus wenigen sehr grossen, sondern meist aus
vielen sehr kleinen Ornamenten zusammensetzt. Nicht Früchte und Stengel, sondern
Blätter, Baumstämme und Zweige spielen darum bei ihm die Hauptrolle. Er erreicht
dadurch eine vielleicht unbewusste, aber deshalb nicht minder erfreuliche freie An-
lehnung an die ältere deutsche Art, die so gern in einer Fülle krauser Klein-
Ornamente schwelgte. Nicht zuletzt dadurch kommt es, dass Männchen's Arbeiten
auf uns so ausserordentlich sympathisch wirken. Er verbindet die modernen
Prinzipien der aller Ueberladung abholden Einfachheit und Ruhe, des übersichtlichen,
logischen Linien-Aufbaus, an dem unser Auge Freude hat, seitdem es die eigen-
artige Aesthetik der Eisenkonstruktion erkannt hat, mit der früheren Zeiten ent-
stammenden Tendenz zu munterer Behaglichkeit, die in jener Vorliebe für krauses,
vielfach verschlungenes Linien- und Formenspiel sich aussprach. Zu demselben Ziele
führt Männchen's Neigung für lebhafte und ausdrucksvolle Farben. Als ein echter
Malersmann legt er auf die koloristischen Qualitäten seiner Dekorationen den gleichen
Nachdruck wie auf die formalen. Und auch hier sucht er durch saftige Frische
der sorgsam abgestimmten Töne und durch die Einfachheit der Farbengebung, die
ja die Flächenbemalung, wie man gottlob endlich erkannt hat, in jedem Falle ver-
langt, den gleichen Eindruck zu erzielen wie dort. Vortrefflich weiss er mit solchen
Mitteln zu wirken, zumal wenn er das von ihm bevorzugte Baum-Motiv benutzt.
Da wird etwa eine Fassade durch die geraden Stämme knorriger deutscher Bäume
gegliedert. Oben bilden die stilisirten, wie beschnitten aussehenden Kronen mit
ihrem Gewirre von Aesten und Blättern einen breiten Fries, mit dem am Boden
ein schmälerer, aus den verschlungenen Wurzeln entstandener korrespondirt. Da
ziehen sich bei einer Plafondmalerei von den Ecken her schlanke Zweige in graziöser
Biegung über den Putzgrund, um sich in der Mitte zu einem dichten Blätterkranz
zu vereinigen, oder die Aeste gehen vom Zentrum der Decke aus und enden in
gemessenen Abständen, einzeln oder paarweise, in breiten, üppigen Kronen, während
die Ecken des Plafonds eine diskrete eigene Zier erhalten, die jenem Hauptschmuck
entspricht. Oder der Künstler baut eine Wand-Dekoration in folgender Weise auf:
ein dunkles Paneel schliesst mit einem festen ornamentalen Fries aus stilisirten
Pflanzen, grünen Blättern und rothbraunen Blüthen, ab, sodann folgt darüber eine
helle Putzfläche von Paneelhöhe, und dann erst der Hauptschmuck, ein dichter
Kranz ebensolcher Blumen, die aus vier, Kreuz-Enden bildenden Blumentöpfen
herauszuquillen scheinen. Selten sucht Männchen in der Wahl der Naturformen,
von denen er ausgeht, beziehungsvolle Anspielungen, wie sie beispielsweise der
geistreichere Eckmann liebt; höchstens dass einmal im Fries eines Schlaf-Zimmers
ein Mohnblumen-Motiv eine Rolle spielt.

Im figuralen Theil seiner dekorativen Arbeiten ist unser Künstler nicht so eigen-
artig wie im ornamentalen. Was er hier gibt, ist gewiss vortrefflich. Männchen
 
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