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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Fred, W.: Die Wiener Sezession: VIII. Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0037

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Seite 26.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Februar-Heft.

Martin Dülfer, München.

Stadt-Theater zu Meran.

Vestibulum und Kasse im Parterre.

Pie Wiener SeeessioN: Viii. Ausstellung.

Von W. Fred, Wien.

ine jede neue Ausstellung der »Sezession«,
oder wie es auf Drucksachen und Inschriften
heisst, der »Vereinigung bildender Künstler
Oesterreichs«, bringt die nämliche Wirkung
hervor: Alles ist aufgerüttelt. Die Künstler
haben neue Erregung, die Kritik ist vor
neue Aufgaben gestellt, hat zu beschwich-
tigen und anzuregen, das Publikum weiss sich wieder einmal
nicht zu helfen, verwirrt in seinem Hass ebenso wie in seiner
Liebe. Man erinnert sich der Gründung der neuen Künstler-
gesellschaft, der allerersten Ausstellung in fremden, kaum an-
nehmbaren Räumen, der Erbauung des neuen vielgeschmähten
Hauses, der vielen Ausstellungen dieser letzten drei Jahre —
jedes einzelne Begebniss in dieser Reihe bedeutet einen Kampf.
Niemals trat Ruhe ein. Noch heute in der Erinnerung vibriren
die Nerven. Es ist ja Keiner kalt geblieben in dieser starken
Zeit. Fehler wurden gemacht; wo so viel kräftiges Leben
pulsirt, gibt es mancherlei Krankheiten. Das rege Blut sucht
nach Ventilen. Die kritischen Aerzte werden selbst heftig,
jede Unklugheit gebiert eine andere, jede Fehde zeitigt neue
Kämpfe, spornt die Energien, weckt schlummernde Kräfte,
persönliche Ursachen haben sachlich anerkennenswerthe oder
verwerfliche Resultate — die Maassstäbe werden ungenau,
die Zeit allein kann helfen. Wie immer es aber geschah,
man hat uns noch nie in eine Ausstellung der Sezession

berufen, aus der Einer hätte gehen können mit kühlem
Lächeln auf den Lippen und der gleichgültigen Meinung:
»Es war ganz nett«. Indifferent gelassen wurde Keiner. In
jedem Augenblicke wurde und wird man zur Stellungnahme
gezwungen. Freude oder Missfallen — irgend ein starker
ästhetischer Eindruck ist immer in der Sezession zu holen.
Immer hat man ein volles Lebensgefühl; aus jedem Bilde,
jeder Fayence-Vase strömt der herbe Duft menschlicher,
kräftiger, künstlerischer Thätigkeit hervor. Der Kampf ist
das Element der Sezession. Das Einigende dieser Leute —
und sie stehen da in einer Reihe mit all den Künstlergenossen-
schaften der letzten 50 Jahre, angefangen von den Prae-
Raphaeliten bis zu den Berliner späten Nachzüglern — war
ihre Hochachtung vor aller Persönlichkeit. Da liegen die
Wurzeln aller Fehler, da liegen die Quellen aller künstlerischen
Erfolge der Sezession. Und wie viel Einen auch von Dem
und Jenem trennt, wie oft man auch Zorn über manche
Brutalität der Taktik, manchen Winkelzug der Diplomatie
und Kunstpolitik verspürt, man freut sich doch Tag für Tag der
Erfolge, die da gezeitigt wurden und werden Stunde für Stunde.

Man mag mit allerlei Bedenken in die Säle hineintreten,
unwiderstehlich wird man eingefangen von dem Geschicke,
der Farben-Phantasie, der Anmuth der Dekoration. Und ist
man flüchtig durch die Säle durchgegangen, so entdeckt man
vorerst nur allerlei Schönes. Man freut sich, dass Anregungen
 
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