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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Commichau, Felix: Plumet's Pariser Neubau auf der Avenue Malakoff
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0064

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Seite 50.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

März-Heft.

Architekt Fritz Drechsler, Leipzig.

Fest-Saal aus dem Leipziger Künstler-Hause; Bühnen-Ansicht.

Plumeps Pariser Neubau auf per AVenue Malaroff.

inseren Lesern ist Charles Plumet, dessen
neuestes Pariser Wohngebäude wir in diesem
Hefte bringen, kein Fremder. Das August-
Heft vorigen Jahrganges bot mit einigen
Reproduktionen aus dem Speise-Zimmer der
Pariser Welt-Ausstellung bereits Gelegenheit,
den jungen Meister als Innen-Künstler von
ausgeprägtester Eigenart kennen zu lernen. Innen-Dekoration
und Aussen-Architektur sind, vom Standpunkt des künstle-
rischen Schaffens aus betrachtet, weniger verwandte Gebiete,
als man glaubt, wenn auch äussere Gründe sie eng aneinander
reihen. Die Stellung, die der Künstler dem einen oder dem
anderen Felde gegenüber einnehmen muss, um erspriesslich
zu schaffen, ist eine wesentlich verschiedene, und die Begabung,
in beide zugleich sich versetzen zu können, vereinigt sich
nicht allzuhäufig in einem Geiste. Der Innen-Künstler muss
den Blick des Malers, den Blick für das Kleine, Intime,
Stimmungsvolle besitzen; der Architekt im engsten Sinne
dagegen muss sich in seiner Begabung der des Plastikers
nähern; der Sinn für's Grosse, für die Masse, für die Wir-
kung in's Weite muss in ihm wohnen.

Charles Plumet gehört zu denen, die beides können. Auf
der Avenue Malakoff bewies er es soeben. Sein grosses
Wohngebäude ist ein Werk, das in hohem Grade der Auf-
merksamkeit jedes denkenden Architekten wert ist.

Eine jede Kunst-Epoche der Vergangenheit kann beleh-
rend auf unser Schaffen einwirken, doch nur durch die

in ihr waltenden Prinzipien, nicht durch die Detailformen.
Diese Erkenntnis hat uns die neue Zeit gebracht und in
den Fehler früherer Jahre, das äussere Kleid dahingegangener
Stile dem lebenden auf den Leib zu pressen, wird die Kunst
wohl nie wieder zurückfallen. Grundzüge eines entwickelten
Stiles in Afassenverteilung, Silhouettenwirkung im Verhältnis
von Schmuck zur Fläche, — das nur sind teure Vermächt-
nisse der Vergangenheit. — Auf die moderne, monumentale
Baukunst nun hat keine frühere Kunst-Epoche so befruchtend
gewirkt, als das Mittelalter. Entsprossen doch dessen Schöpf-
ungen demselben Boden, auf dem wir noch leben! — Es ist
unser Ahn im wahrsten Sinne des Wortes. — Auf deutschem
Boden sehen wir Künstler von bestem Klange und mit dem
schönsten Erfolge in diesem Sinne schaffen; Charles Plumet,
der Franzose, ist ihr Geistesverwandter.

Das Gebäude ist ein Eckhaus an der Avenue Malakoff
und an der Avenue du Bois de Bologne. — Wenn eine
solche Aufgabe dem Architekten auch freiere Bewegung
gestattet, so stellt sie doch bedeutende Anforderungen an
sein Können, und die Strassen unserer Grossstädte erzählen
uns von gar vielen Schiffbrüchen, die in dieser Beziehung
manch guter Meister erlitten hat. Kein Wunder, denn eine
gute Ausbildung der Gebäude-Ecke gehört mit zu den
schwierigsten Aufgaben der modernen »Stadtbaukunst«. —
Besonders beliebt ist ja die »Eck-Lösung mit Turm« und
gerade diese Gattung zeigt uns neben einigen wirklich guten
Leistungen eine Unzahl wahrer Monstren.
 
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