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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Levin, Julius: Neue Pariser Architektur und Möbel , [1] : das Haus von Yvette Guilbert's
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0094

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xii. Jahrg. 1901.

Darmstadt.

Mai-Heft.

Neue Pariser Architektur unp Möbel

I. Das Haus Yvette Quilbert's.

'0^df88$ "^WMßt/Pr^?m B°ulevar(i ßerthier, einem jener Um-
{i^^^^^^^z)) ^ fassungswege des eleganten Viertels, das
(vT^f^Wl von ^er Querstrasse, der Avenue de Villiers,
J^iig "<<®N ? seinen Namen hat, erhebt sich seit kurzer
*y£^^^C\t ^as eigentümliche Haus der ehe-

//Jv^On maligen Chansonetten - Diva Yvette Guil-

c__b äftÄSk-o bert. Die Besitzerin ist, wie man weiss,

soeben völlig zum ernsten Genre übergegangen, nachdem sie
überhaupt, trotz aller satirischen und schlüpfrigen Lieder, das
Ernsthafte, ja Grausige von ihren Vorträgen niemals gänzlich
ausgeschlossen hatte. Sie war persönlich etwas in sich Wider-
spruchsvolles, dessen Teile nur durch die überall gleiche Kunst
zusammengehalten wurden. Und in dieser Beziehung ent-
spricht ihr das Haus, bei dessen Erfindung und Ausgestaltung
der Architekt, Herr Xaver Schöllkopf, gleichfalls scharf gegen-
sätzliche, fast unvereinbare Elemente durch Kunst zusammen-
zubringen und zu halten versuchen und verstehen musste.

Die Besitzerin ist ihrer ganzen Natur nach nicht für das
Einheitliche geschaffen, und bei Betrachtung des Hauses merkt
man, wo sie persönlich eingegriffen hat, wie sie es eigentlich
hat haben wollen, und bis wie weit es dem Architekten
gelungen ist, seine eigenen Ansichten geltend zu machen.
Wenn auch der Einfluss der Bauherrin dieses Mal vielleicht
nicht so segensreich gewesen ist, wie er theoretisch sein soll,
so muss man doch immer wieder das Eingreifen der Persön-
lichkeit, für die das Haus beetimmt ist, als durchaus berechtigt
anerkennen. Bei der Errichtung eines Heims spielen so viele
streng private Verhältnisse eine Rolle, dass man nicht gut
sich gestatten kann, sie alle in die Besprechung zu ziehen.
Man beschränkt sich daher am besten auf das thatsächlich
Vorliegende und betont nur stellenweise, wie der doch im

letzten Ende verantwortliche Baumeister sich die Sache ur-
sprünglich entgegen der Auftraggeberin gedacht hat.

Den Werth des Versuches, den Bauherrin und Architekt
gemacht haben, lernt man am besten schätzen, wenn man
die Häuser betrachtet, die sich in nächster Nähe des Schöll-
kopf'sehen befinden. Sie weisen sämtlich, obwohl zum Teil
in neuester Zeit gebaut, alle möglichen alten Stile auf, oft
sogar in einer Verballhornung, die das Kleben am Verjährten
und Verbrauchten noch viel peinlicher empfinden lässt, als
es schon an und für sich ist. Gegen Häuser gehalten, wie
etwa das in einer geradezu entmutigenden Baukasten-Gotik
gehaltene Hotel Alvarez, das gerade neben dem der Frau
Yvette Guilbert liegt, bedeutet dieses einen gewissen Fort-
schritt, obwohl es, wie gesagt, noch in wesentlichen Punkten
hinter den Wünschen der Vorwärtsstrebenden zurückbleibt.

Das Haus der Frau Yvette Guilbert erweckt in seinem
Aeusseren zunächst schon durch zwei wesentliche Dinge das
Interesse des Beschauers. Erstens durch die Verwendung
des Materials, zweitens durch die Klarheit der Anlage.

Das Material ist für die Vorderseite reiner Sandstein,
der auch in den Korridoren alleinig herangezogen wurde.
Die Hinterseite ist aus Kalkstein, mit Zusätzen von Sandstein
an den für die Ornamentierung wesentlichsten Stellen, und
trägt ein kleines Holzdach, das dem Ganzen einen angenehmen,
gleichsam ländlich gemütlichen Abschluss gibt.

Die Vorderseite weist ausser dem Souterrain, in dem
sich Küche und Speise-Zimmer für die Dienerschaft, Trocken-
raum, Calorifer u. s. w. befinden, drei Stockwerke auf, die
ihre Bestimmung klar erkennen lassen.

Das leicht ausladende Unter-Geschoss enthält die Woh-
nung des Hausmeisters und ist als Rustika gebaut mit leicht

i»oi. v. 1.
 
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