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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

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Hoernes, Moritz: Die älteste Bronzezeit in Niederösterreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0024
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27

M. Hoernes Die älteste Bronzezeit in Niederösterreich

Henkelkrüglein, welche in Böhmen (z. B. Kbel
Plc I 2 Taf. V Fig. 4, 7, 9, iö, 20 oder Velkä
Dobra, ebd. Taf. VII Fig. 16, 17) die Grabhügel-
stufe der Bronzezeit charakterisieren, und andere
gleichzeitige keramische Formen in Niederöster-
reich außerhalb der Gräber (Winklarn, Leobersdorf)
überhaupt selten, und so fanden sich auch in Hip-
persdorf nur zwei vom Feuer arg beschädigte Stücke
des erstgenannten Typus (Fig. 19, 20).x) Von weit-
mündigen, schüsselförmigen Urnen mit Fuß und
bescheidener eingeritzter Verzierung, wie sie in
böhmischen Hügelgräbern der Bronzezeit ebenfalls
nicht selten sind (vgl. z. B. ebd. Taf. II 17, V 1,
11, X 11, XIII 1, 4, 8, 24, 26), fand sich in Hip-
persdorf keine Spur, und ebenso fehlen sie regel-
mäßig in den verwandten und teilweise oben ge-
nannten Fundstellen Niederösterreichs nördlich der
Donau. Nur aus Groß-Weikersdorf ist ein selt-
sames, ganz erhaltenes, aber vor dem Brennen
oben zusammengedrücktes und nach dieser Defor-
mation überstark gebranntes Exemplar (Fig. 53.
53 a) vorhanden.
Die meisten derzeit bekannten Fundorte der
in Hippersdorf solcherart vertretenen Keramik
liegen in dem Teile Niederösterreichs, welcher
südlich von der Donau, nördlich von der Grenze
Mährens, westlich vom Kamp und östlich vom
Göllersbach eingeschlossen wird, am Wagram,
Manhartsberg und in der fruchtbaren Gegend
nördlich von jenem, östlich von diesem, d. h. in
einem flachhügeligen Gebiet, welches auch Massen
typisch verschiedener neolithischer Funde geliefert
hat, also von der jüngeren Steinzeit an dicht besiedelt
gewesen sein muß. Überreste aus der Hallstatt- und
La Tene-Periode sind hier nicht so selten als es
nach der Literatur scheinen mag. Die Museen von
Wien, Eggenburg, Krems und manche Privatsamm-
lung enthalten aus diesen jüngeren Perioden viele
unedierte Zeugnisse, deren Zusammenstellung loh-
nend wäre. Aber bei alledem muß die Dauer der
ersten Bronzezeitstufe hier eine besonders lange
gewesen sein, wie man auch für andere Länder
aus ähnlichen Gründen annimmt. Sie wird in
’) Fig. 19 erinnert an ungarische Bronzezeit-Töpfe
(wie Hampel bronzkor LXXV 2. 3. 7. 8.) und wie diese
(namentlich 7 a) an primitive Gesichtsvasen, die hier aus
der Kombination vortretender Buckel und vertiefter Tupfen
gleichsam automatisch zu entstehen scheinen.

diesem Punkte wohl nur von der jüngeren und
noch mehr natürlich von der älteren Steinzeit über-
troffen und bekräftigt also den bekannten Satz,
daß die prähistorischen Kulturperioden (oder was
wir dafür erkennen) in dem Maße kürzer werden
als sie jünger sind.
b) Der Haslerberg bei Schotterlee.
Der zweite Fundort, von dem ich berichten
will, liegt außerhalb des zuletzt betrachteten Ge-
bietes im NO Niederösterreichs. Der Haslerberg
ist eine von NNW nach SSO gestreckte flache
Erhebung im hügeligen Terrain zwischen Thaya,
March und Donau, genauer zwischen den Ort-
schaften Ober-Schotterlee im NNW und Eichen-
brunn im SSO, von jeder nur etwa 1 km entfernt,
10km südlich von Laa a. d. Thaya und ungefähr eben
so weit nördlich von den als prähistorische Fund-
stellen bekannten Leißer Bergen.1) Nach Norden
hin dominiert er die flache Gegend, im Westen,
Osten und Süden ist er von ähnlichen, näheren
oder ferneren Erhebungen umgeben. Er ist zirka
1 km lang, 0*5 km breit und hat zwei flache Gipfel,
von welchen der nördliche 360 m hoch, der süd-
liche etwas niedriger ist. Die relative Höhe des
Berges über seiner nächsten Umgebung beträgt
nur 60—80 m. Er ist allseits sacht, doch im Norden
etwas steiler geböscht als im Süden; und dort lagen
auch die meisten Funde, meist dicht unter der
Grasnarbe, seltener in Mulden, übrigens unregel-
mäßig über die ganze Höhe verstreut, die, obwohl
die Arbeiten überall bald auf den toten Boden
stießen, nicht völlig durchgegraben wurde, da sich
nach einigen Tagen nur mehr Wiederholungen be-
kannter Dinge ergaben. Von der Lagerung der
Funde ist weiter nichts zu sagen. Ganze Gefäße
fehlten, und nur Weniges ließ sich aus den Scher-
ben restaurieren. In kolossalen Mengen, so daß
die Arbeiter zuletzt eine Pyramide daraus errich-
teten, fanden sich Reibsteinplatten und Bruchstücke
solcher, ferner Quetschsteine und allerlei gebrauchte
handliche Geschiebestücke. Tierreste waren nicht
selten. Unter denen vom Rind fanden sich ein
defekter Schädel mit zum Teil abgebrochenen
Stirnzapfen, andere Schädeltrümmer mit Hiebmarken
und mit eben solchen Zeichen des Schlächterhand-
’) Vgl. M. A. G. II 125. IV 79. V 97. XIX 70.
 
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