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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

DOI Artikel:
Moser, Karl: Die Nekropole von S. Servolo in Istrien
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https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0068
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116

US

K.. Moser Nekropole von S. Servolo in Istrien

Die Nekropole von S. Servolo in Istrien1)

Heute steht das Schloß S. Servolo in Ruinen;
seine Mauern sind für den ersten Augenblick kaum
von den als Grundlage dienenden schroffen Fels-
wänden zu unterscheiden. An der Felsbasis wird
man zwei größere Höhleneingänge gewahr. Das
rechts gelegene Loch ist ein im Felsen deutlich
ausgemeißelter Toreingang und war durch eine
Türe verschlossen. Über vier hohe, in den Stein
gehauene Stufen gelangt man auf den Boden der
nicht sehr breiten, aber hohen Halle, die rechts
und nach vorn blind endet, links jedoch durch einen
niedrigen Gang- von zirka 10 m Länge in die zweite
Höhle führt, aus der man durch das andere eben-
erwähnte Felsloch nach außen gelangen kann. Bei
einer Ausgrabung im Oktober und November 1899
fanden wir Glasscherben, zum Teil farbige, von
großen Pokalen, mit farbigen Glasknöpfen, unkennt-
liche Eisenstücke und zwei Bronzelampen mit stark
verrostetem Eisenhenkel und konzentrischer Kreis-
verzierung am Boden (römisch?), außerdem schwarze,
auf der Drehscheibe gefertigte Topfscherben, teils
mit Fingereindrücken, teils mit Wellenornament
geziert. Auch Bruchstücke einer glasierten und
grün bemalten Tontasse, Majolika sowie ein kreis-
rundes durchlochtes, einerseits gelbbraun glasiertes
Tonscheibchen2); selbst rohe Gefäßreste, wie sie
den neolithischen Höhlenfunden eigen, fanden sich
vor. Die Aufdeckung eines in die Tiefe ziehenden
Schlotes machte unserer Arbeit ein Ende, da
wir einen Einbruch befürchten mußten.
Die Grabungen in der zweiten Höhle ergaben
ebenfalls ein spärliches Resultat, aber die Gewiß-
heit, daß sie, wie die erste Höhle, zu verschiedenen
Zeiten bewohnt war. Unter einer mehr oder minder
mächtigen Schuttschichte am Rande fanden sich Holz-
kohle und wenige Knochen von Haustieren, Bruch-
*) Raummangel hat die Redaktion gezwungen, aus
dem ausführlichen Manuskript hier nur einen Auszug zu
bringen und nur etwa ein Drittel der Illustrationen auszu-
wählen, von denen Fig. 129—178 durch Herrn Professor
Hlawaty in Triest gezeichnet worden sind.
2) Ein ähnliches Tonscheibchen wurde im benachbarten
Gräberfelde vorgefunden, konnte jedoch nicht als Beigabe
angesehen werden.

stücke eines kleinen, außen mit Spatel g-eglätteten
Töpfchens, Gehäuse von Murex trunculus, der un-
echten Purpurschnecke, Austernschalen und Wein-
bergschnecken in geringer Zahl. In der Mitte
fand ich zwischen größeren plattigen Kalksteinen
Glasscherben von dicken und dünnen Fläschchen
und wieder eine einerseits weiß glasierte, zentrisch
durchlochte, flache Tonperle, durch deren Mitte
ein dicker blauer Strich geführt ist. Das rote Erd-
reich war auch hier von organischen Substanzen und
Kohle durchsetzt. Unter den großen Steinlagen
fanden wir farbige dicke Glasbruchstücke von
Salbenfläschchen mit weißem Emailrande, stellen-
weise himmelblau patiniert, ferner die schon er-
wähnten schwarzen Topfscherben, Gefäßreste aus
gelbem Ton, geglättetoder roh, und dann aus grauem
Ton mit aufgelegten Reifen mit Fingereindrücken
verziert, von ansehnlichen Töpfen herrührend, und
zu unserer Überraschung ein U nterkieferbruchstück
von Homo sapiens L. mit einem Schneide-, dem
Eck- und ersten Backenzahne, deren Kauflächen
stark abgenutzt sind, worauf eine Zahnlücke folgt.
Die Alveolen für die zwei folgenden Schneide-
zähne sind vorhanden, der untere Rand des Kiefers
ist beschädigt. Fig. 127 zeigt die Monstrosität, da
für die fehlenden Backenzähne im Kiefer keine
Alveolen vorhanden sind.


Fig. 127 Unterkieferbruchstück von Homo sapiens L.
Erwähnenswert ist noch der Fund eines Glätt-
steines 7X5 cm, aus kieselreichem Dolomit, von
der Form einer halben Linsenfrucht, an der geraden
Kante eingeschnürt zugeschliffen, an' der kon-
vexen jedoch viel dicker und völlig abgerundet.
Im ganzen Umfange ist die Oberfläche^sehr fein
geglättet; mit dem Vergrößerungsglase sieht man
jedoch zahllose feine sich kreuzende Kratzer, die
mit einem feinen Instrumente hervorgebracht
 
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