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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

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Riegl, Alois: Die Krainburger Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0119
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2 17

A. Riegl Die Krainburger Funde

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Die Krainburger Funde

Zu der reichen Ausbeute, die das Land Krain
seit langem an Überresten aus der prähistorischen
und römischen Zeit aufweisen konnte, stand bis
vor kurzem das Ergebnis an dortigen Funden aus
der sogenannten Völkerwanderungszeit in auf-
fallendem Gegensätze. Es hatte den Anschein, als
ob germanische Stämme, aus deren Gräbern wir
sonst, wenigstens in Mittel- und Südeuropa, der-
artige Funde zu heben pflegen, in Krain niemals
auch nur für eine begrenzte Reihe von Jahren
festen Fuß g'efaßt hätten. Schon die späteste Zeit
römischer Herrschaft erschien kaum mehr durch
hinterlassene Zeugnisse vertreten; von den für das
fünfte Jh. n. Chr. charakteristischen Keilschnitt-
bronzen, die sich von Oberitalien bis England, am
Rhein und an der Donau so zahlreich gefunden
haben, ist in Krain bisher nicht ein einziges
Exemplar zutage gekommen. Noch in den letzten
Neunzigerjahren des verflossenen Jahrhunderts be-
schränkte sich der Bestand an „völkerwanderungs-
zeitlichen“ Denkmalen im Museum Rudolfinum zu
Laibach auf einige einfache Fibeln und Schnallen,
dem Charakter nach etwa in der Zeit zwischen
550 und 650 n. Chr. entstanden, die angeblich am
Heiligenberg bei Watsch aufgelesen wurden und
in ihrer geringen Gesamtzahl und ihrem ver-
einzelten Auftreten keine Handhabe zu weiteren
Schlüssen boten. Außerdem gab es die „slawischen“
Funde von Mansburg und Veldes,1) die frühestens
dem VIII. Jh. angehörig, kunstgeschichtlich bereits
zur Karolingischen Stufe zu zählen sind.
Seit fünf Jahren darf sich aber das Land
Krain berühmen, das größte Reihengräberfeld aus
der Völkerwanderungszeit zu besitzen, das bisher
in der österreichischen Reichshälfte aufgedeckt und
durchforscht worden ist.2) Es umfaßt einen schmalen

1) Letztere bereits von Alfons Möllner hinsichtlich
ihrer Provenienz sicher erkannt und in der Argo 1894
publiziert.
2) Die großen, durch das Museum Johanneum zu Graz
ausgebeuteten Gräberfelder in Obersteier sowie das seit
längerem bekannte Kettlacher gehören bereits durchaus
der slavischen Periode des VIII.—IX. Jh. an; auch das

Streifen ebenen Landes am Fuße der steilen
Schotterterrasse, auf welcher die heutige Stadt
Krainburg steht, und die sich keilförmig zwischen
die Save und den Kankerfluß vor dessen Mündung
in die erstere einschiebt. Schon die äußere Situa-
tion läßt erkennen, daß es die Besatzung der zur
Befestigung und Verteidigung überaus günstig
disponierten und die Täler beherrschenden Terrasse
gewesen ist, die zu Füßen der Feste, angetan mit
ihren Waffen und Schmucksachen, samt Weibern
und Kindern ihre letzte Ruhestätte gefunden hat.
Nachdem durch wiederholte Einzelfunde auf das
Vorhandensein einer Gräberstätte an dieser Stelle
aufmerksam gemacht worden war, erfolgten die
ersten Ausgrabungen durch den Krainburger
Mühlenbesitzer PavSlar, dem ein Teil des Grundes
gehörte, leider nicht nach wissenschaftlicher Methode.
Die Goldsachen, die hiebei zu Tage kamen, hat
Prof. W. A. Neumann in den M. Z. K. 1900,
S. 135 ff. publiziert und dabei auch für die übrigen
Funde die spärlichen Notizen veröffentlicht, die vom
Besitzer und einigen anderen Personen darüber zu
erlangen waren. In systematischer Weise hat dann
im Jahre 1901 die Wiener Anthropologische Gesell-
schaft durch B. Pecnik einen Teil des Feldes unter-
suchen lassen, der sich aber leider als der mindest
ergiebige erwies; einen Bericht darüber, der auch
sonst wertvolle Informationen über die Krainburger
Ausgrabungen enthält, hat Josef Szombathy in den
M. Z. K. 1902, Sp. 226 („Grabfunde der Völker-
wanderungszeit vom Saveufer bei Krainburg“
unter Beifügung eines Situationsplanes) veröffent-
Gräberfeld bei Pinguente in Istrien, dessen Ergebnisse vom
Triester Museum gesammelt werden, ist im allgemeinen
etwas jünger als das Krainburger, wenngleich älter als die
obersteirischen, zu denen es den zeitlichen Übergang bildet.
Das große Totenlager von Civezzano in Südtirol ist auf
seine Ausdehnung noch nicht hinreichend erforscht und
was man von seinem Inhalte bisher kennt, ist mindestens
nicht älter als die Krainburger Sachen. Die Fundstätten
von Eching (Salzburg), Wels (Oberösterreich), Podbaba
(Böhmen) und zahlreiche andere sind viel zu bescheiden im
Umfange, um sich mit derjenigen von Krainburg messen
zu können.
 
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