Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

DOI Artikel:
List, Camillo: Die Spangenhelme von Vid
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0145
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
C. List Die Spangenlielme von Vid

270

Grenobler Helm (Fig. 222— 224). Ihre Stirnbänder
weisen ebenfalls das antike Weinrankenmotiv auf,
sind aber mit klassischem Maßstabe gemessen, in
Bezug auf künstlerischen Wert tiefer stehend als die
erste Gruppe. Ja es läßt sich diesbezüglich sogar
innerhalb der Gruppe noch ein Unterschied fest-
stellen, indem der Duktus der Weinranke beim
Sigmaringer Helm von allen dreien der freieste
ist und die Weinblätter darauf sich in ungezwungener

Fig. 222 Ornament vom Stirnband des Sigmaringer
Helmes



Fig. 224 Ornament vom Stirnband des Grenobler Helmes


Bewegung zurückwenden, während jene am Gül-
tinger Helme schon fast gerade abstehen und allen
Schwung eingebüßt haben, wie es eben in der
Richtung* der Entwicklung des mittelalterlichen
Geschmackes gelegen war. Beim Grenobler Helm
erscheint das Weinblatt und die Ranke bereits voll-
kommen erstarrt, weshalb schon an früherer Stelle
die Vermutung ausgesprochen wurde, es handele
sich dabei um eine barbarische Nachahmung, worauf
auch der von Hofrat Gröbbels beobachtete Um-
stand hinweist, daß der Grenobler Helm auch in
Bezug auf Ausführung und Konsistenz des Materiales
etwas aus der Reihe herausfällt. Die dritte Gruppe
umfaßt den Berliner und den St. Petersburger Helm

(Fig. 225, 226); sie scheint auf den ersten Blick
von der soeben betrachteten Gruppe weit abzustehen.
Die Weinranke am Vider Helm zeigt die
Vögel je einmal mit den Füßen am Boden stehend,
einmal ganz verkehrt an den Trauben pickend;
der Sigmaringer weist zwischen zwei am Boden
aufrechtstehenden Vögeln einen auf der Ranke
sitzenden. Dasselbe Schema findet sich am Grenobler
Helm. Am Gülting’er Helm sehen wir unter einer
Ranke ohne Vögel einen Traubenstock mit zwei
nach rechts und links herunterhängenden Trauben,
an denen zwei affrontierte Vögel picken. Dieses
letztere Motiv kehrt nun allerdings auch am Berliner


Fig. 226 Ornament vom Stirnband des St. Petersburger
Helmes
Helme wieder, aber der Traubenstock ist als Säule
gebildet, aus deren Kapitäl zwei Ranken mit herab-
hängenden Trauben mit daran pickenden affron-
tierten Vögeln hervorwachsen. An seinem Stirn-
band finden wir ferner auch das Motiv des Sigma-
ringer Helmes, ein Vogel auf der Ranke zwischen
zwei Vögeln unter der Ranke. Beim Petersburger
Helm kommen nicht minder die gleichen zwei Motive
vor, aber man möchte sie fast für mißverstanden
ansehen. Wir bemerken den stilisierten Weinstock
ohne Trauben, mit Vogelfiguren, die in ziemlich
erstarrten Formen am Boden sitzen; eine darunter
erscheint verkehrt gestellt. Oberhalb der Gabelung
des Weinstockes sitzt ebenfalls ein solcher Vogel;
vor ihm erscheint ganz unvermittelt eine Traube
angebracht, ohne daß er dazu in eine wahrnehmbare
Beziehung gebracht wäre. Ja der verkehrt gestellte
 
Annotationen