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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

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Weixlgärtner, Arpad: Johann Bergl
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https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0186
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35i

A. Weixlgärtner Johann Bergl

352

Geist des Rokoko, der aus diesem Werke voll
Farbenfreudigkeit und Bewegtheit, voll Fröhlich-
keit und Anmut, aber auch voll Oberflächlichkeit
zu uns spricht.
1767. Kirche zu Säusenstein
Im nächsten Jahre malte Bergl im Verein
mit dem akademischen Maler Krinner1) die dem
hl. Donatus geweihte Kirche des damals noch be-
stehenden Zisterzienserstiftes Säusenstein aus.2)
In der kleinen Kuppel über dem Presbyterium
ist das Innere einer im Rokokogeschmack reich
gegliederten und verzierten zweiten Kuppel ge-
malt. Auf dem dem Hochaltar zugekehrten Kuppel-
rand sind zwei als Statuen und zwei lebendig ge-
dachte Putti dargestellt. Putti schweben auch
im Geleit eines Wölkchens die Laterne hinan,
durch die der blaue Himmel hereinsieht. Unter
der Kuppel sind zwei Fenster gemalt, auf deren
Gesimsen Blumenvasen stehen. Blumen beleben
auch die stark verschnörkelte Dekoration der
Pendentifs. Das Gewölbe zwischen der beschrie-
benen und der Vierungskuppel ist mit einer Dar-
stellung von des hl. Donatus Martyrium ge-
schmückt. Ein Krieger stößt dem Heiligen von
rückwärts das Schwert durch den Leib. Donatus, der
sich nach seinem Mörder umblickt, breitet die
Hände aus und sinkt über einem Stein in die Knie.
Das Blut, das aus der Brust des Heiligen springt,

’) Josef Krinner tritt am 6. Oktober 1738 in die Aka-
demie der bildenden Künste zu Wien ein. Er war in Linz
geboren, wohnte damals im „Weytierischen Haus bei Mariä
Stieg“ und wurde als Maler eingetragen. [Protokoll 1 b
(S. 9) in der Akademie. — Freundliche Mitteilung des Herrn
Adjunkten Heinrich Thomke.J — Friedrich Endt. nennt in
seiner Broschüre: Die Wallfahrtskirche zu Drei eichen bei
Horn (O. M. B.), Wien, 1894, 17, Krinner fälschlich Keinner.
Dieser Irrtum wird auch von Eigner (1. c., 380, Anm. 3)
übernommen.
2) Anton Erdinger, Gesch. d. aufgehob. Zisterzienser-
stiftes Säusenstein in N.-Ö. (O. W. W.) in den Blättern
des Ver. f. Landeskunde v. N.-Ö., N. F., 1877, XI, 29. —
S. auch Josef Bergmann, Medaillen auf berühmte und aus-
gezeichnete Männer des österr. Kaiserstaates vom XVI. bis
zum XIX. Jh., Wien, 1844—1857, II, 33. Auf dem hier als
eine Arbeit Paul Trogers von 1746 bezeichneten Bilde über
dem Hochaltar, einem hl. Donatus, zeigt ein Engel die ge-
wisse Beinstellung, die man auf Bergls Fresken in Klein-
mariazell und auch auf denen in Säusenstein, und zwar hier
sogar ein paarmal beobachten kann.

wird von einer knienden Frau mit einer Schale
aufgefangen. Rechts befinden sich Soldaten und
Volk, darunter ein Mann in der Tracht des
XVIII. Jahrhunderts. Links von Donatus stehen an
einem Altar zwei heidnische Priester, deren einer
dem Märtyrer eine kleine goldene weibliche Götzen-
figur entgegenhält. Noch weiter links drängen
sich erstaunte und anbetende Leute, ebenfalls im
Rokokokostüm. Ober dem Heiligen schwebt ein
Putto mit Lorbeerkranz und Palmzweig. Ganz im
Hintergründe links hat der Blitz ein Kirchlein in
Brand gesteckt, was daran erinnern soll, daß Donat
vor allem Unwetter beschützt. In der Vierungs-
kuppel sitzt Gott Vater auf dem Thron, den die
mit Augen besäten Evangelistensymbole tragen,
das aufgeschlagene Buch mit den sieben Siegeln
in der Hand, in dem das Lamm, einem an seinem
Herrn hinanstrebenden Hündlein gleich, zu lesen
scheint. Darunter sitzen auf roten Rokokostühlen
die vierundzwanzig Ältesten. Ober Gott Vater
schweben die sieben Leuchter, darunter Cherubim
und Engel. Die Pendentifs füllen die Gestalten
der himmlischen und der irdischen Liebe, der
Hoffnung und des Glaubens. In dem schmalen
Gewölbe zwischen der Vierungskuppel und der
Decke des Musikchores wird, von einer Wolke
getragen, der hl. Donat, der das Schwert in der
Hand hält, von Christus dem Jahveh-Worte em-
pfohlen. Zu beiden Seiten der Wolke schweben ein
Engel mit einem Palmzweig und ein Putto mit
zwei Lorbeerkränzen. Von unten senden eine
Bauern- und eine Winzerfamilie, beide in der
Tracht der Zeit, bekümmert ihre Gebete zum
Himmel und deuten so an, daß die durch sie ver-
tretenen Stände an der die Gewitter anziehenden
Donau des besonderen Schutzes des hl. Donatus
bedürfen. Unter dieser Kuppel ist eine ähnliche
Dekoration wie unter der ersten angebracht.
Die Fresken sind in dem kleinen Gotteshaus,
das auf seiner, die Donau weithin überblickenden
Höhe, stets von Winden umweht wird, ganz vor-
züglich erhalten. Sie sehen so aus, als wären sie
erst vor kurzem gemalt worden.
Die Arbeitsteilung zwischen Bergl und
Krinner dürfte wohl in der Weise vor sich ge-
gangen sein, daß jener das Figurale und dieser
das Dekorative übernahm.
Beide bekamen für ihre ungefähr acht Wochen
 
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