Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

DOI Artikel:
Weixlgärtner, Arpad: Johann Bergl
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0195
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
369

A. Weixi.gärtner Johann Bergl

370

Stellung der Philosophie vorkommen. Die eine
Langwand des Saales ist dort, wo an der Decke
die Mechanik und die Eloquenz an die Philosophie
stoßen, eingeknickt. Vielleicht bestand im Jahre
1773 der Bibliothekssaal bloß aus dem Raume unter
dem Parnaß und den vier Fakultäten, während der
Raum unterhalb der Mechanik und der Beredsam-
keit ein getrenntes Gemach bildete, das möglicher-
weise identisch ist mit dem „Zimmer“, wofür der
Maler Matthias honoriert wird. Dieses Gelaß kann
dann 1775 mit der Bibliothek vereinigt und bei
dieser Gelegenheit mit Bergls Fresko geschmückt
worden sein.
Auch die Darstellung' der vier Fakultäten ist
uns bei Bergl schon begegnet. Wir erinnern uns,
diesen Vorwurf von ihm, wenn auch in abgekürzter
Form, am Plafond der Melker Stiftsbibliothek be-
handeltgesehenzuhaben.1) Hier schließt sich an den
wie dort den vier Fakultäten sozusagen präludieren-
den Parnaß, von ihm durch ein als Rahmen dienendes
Gesims, über das ein schwerer Vorhang fällt, ge-
trennt, die Theologie an. Im Hintergrund erhebt
sich ein von einer Kuppel2) gekrönter stattlicher
Bau, der nach beiden Seiten hin Flügel entsendet.
Darüber rechts schwebt, ein Rauchfaß schwingend,
ein Engel,2) links mit einem Weihrauchbehältnis
ein Putto.2) Die beiden Flügel des Gebäudes sind
mit den Steinfiguren der Liebe und der Hoffnung
geschmückt. Vor der Kuppel thront in blau und
weißem Gewände die Fides.3) In der Linken hält
sie einen aufgeschlagenen Band, der auf dem
Buche mit den sieben Siegeln steht, auf dem noch
überdies das Lamm ruht, in der Rechten ein
Scepter mit dem Aug'e Gottes. Rechts unter der
Gestalt des Glaubens blickt zu ihr der hl. Augustinus
empor4): in der Rechten eine eingetauchte Feder
haltend, mit der Linken ein aufgeschlag'enes Buch
berührend, das ihm ein Engel hält. Rechts reihen
sich an Augustin, gleichsam vor ihm zurücktretend,
die drei übrigen Kirchenväter an, ohne Attribute,
nur als Bischof, Papst und Kardinal gekennzeichnet,
b Auf die vier Fakultäten bezügliche Szenen hat
Gran am Rande der Kuppel der Hofbibliothek (vgl. List,
1. c., Tafel VI—IX) und nach 1742 auch Troger in den beiden
Nebenkuppeln der Altenburger Stiftsbibliothek gemalt(Doi.c-
mayr, Ber. u. Mitt. d. Altert.-Ver. zu Wien, 1. c.).
2) Ganz herabgefallen.
3) Oberer Teil der Figur herabgefallen.
4) Linke Hälfte des Hauptes des Heiligen ergänzt.
Jahrbuch der k. k. Zentral-Kommission I 1903

Vor dem Ordensheiligen stürzen drei Gestalten,
wohl Irrlehrer, in die Tiefe: ein Weib, ein Bursche
mit einer Schlange um den rechten Arm und ein
älterer Mann, der ein dickes Buch hält. Unter
der Schreibhand des hl. Augustinus schwebt ein
Putto mit Pastorale und Inful. Links davon sind
vier biblisch g'ekleidete Schreiber beschäftigt, die
vier Evangelisten, gleich den Kirchenvätern ohne
Attribute dargestellt. Ganz links sieht man Moses
und zwischen ihm und den Evangelisten drei
Männer, deren einer, als Hoher Priester kennt-
lich gemacht, wohl als Aaron anzusprechen
^t. Mitten unter dieser Darstellung befindet sich,
von einem Putto, Saturn, dem ein zweiter Putto
die Sense zerbricht, und einem weiblichen Genius
gehalten, ein goldenes Medaillon, das die Profile
von Maria Theresia und Josef II. zeigt. Ähnlich
trägt in der Mitte des prachtvollen 1754 gemalten
Deckenfreskos Guglielmis in der alten Univer-
sität zu Wien Saturn einen Goldschild mit dem
Doppelporträt von Maria Theresia und Franz,
während daneben ein Aar die Sense zerbricht.
Auf der Seite gegen die Loretokapelle hin
schließt sich die Darstellung' der Medizin an. Im
Hintergründe wird die Gruppe von einem großen
architektonisch gehaltenen Schrank voll Präparate
bergender Gläser überragt. In der Mitte steht ein
steinernes Standbild Äskulaps. Links darunter als
Hauptfigur des ganzen Bildes sitzt, zur Statue
emporblickend, Hyg'iea mit Schale und Schlange.
Rechts davon sind fünf Männer, von denen zwei
Turbane tragen (dies erinnert an die Gepflogenheit
Guglielmis auf dem schon zitierten Deckenfresko,
unter die europäischen Gelehrten auch solche anderer
Weltteile zu mengen) und ein älterer als Lehrer und
ein jüngerer als Schüler charakterisiert ist, mit der
Sektion eines menschlichen Leichnams beschäftigt.
Rechts wird die ganze Darstellung durch einen
jungen Mann beschlossen, der nachdenklich schreibt.
Links von der Anatomengruppe hält ein beturbanter
Greis eine halbgefüllte Flasche gegen das Licht —
die alte Darstellung des den Harn untersuchenden
Arztes. Daneben betrachten vier junge Leute, von
denen einer eine große Schüssel, ein anderer einen
Glaskolben und ein dritter eine Feuerzange hält,
voll Staunens einen im Feuer stehenden Schmelz-
tiegel, der einen weißen Schein ausstrahlt. Das
Motiv, die Medizin vor allem durch den Anatomen

24
 
Annotationen