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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 5.1890

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Meier, Paul J.: Zur Eubuleusbüste des Praxiteles
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https://doi.org/10.11588/diglit.37651#0220
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Meier, Eubuleusbüste des Praxiteles.

knidischen Aphrodite geboten. Für den Eubuleus läfst es sich fast mit mathemati-
scher Genauigkeit beweisen, dafs er nur für die Dreiviertelansicht berechnet ist.
Denn nicht allein dafs das Haar auf dem ganzen Hinterkopf mit derselben Flüch-
tigkeit gearbeitet ist wie das Gewand, und die Seitenansicht ferner sehr durch den
Umstand beeinträchtigt wird, dafs hier die herabfallenden Locken wohl tief ein-
gearbeitet sind aber die Vertiefungen des Haares sehr schematisch verlaufen und
von einer Unterarbeitung der Locken hier keine Rede ist: der Beschauer darf
sich nicht das kleinste Stück zu weit nach rechts stellen, wenn es ihm nicht un-
angenehm auffallen soll, dafs die Lockenmasse auf der linken Seite des Kopfes
viel voller ist, als auf der rechten. Das tritt nicht hervor sobald man grade vor
der Büste steht. Hält man daran fest, dafs der Kopf auf einer Herme safs, so
geht es ferner nicht an, ihn mit der unteren Fläche wagerecht aufstehen zu lassen,
weil er dann in unangenehmer Weise nach rückwärts geworfen erscheint. Vor
allem aber spricht die Analogie der Einsatzköpfe sehr bestimmt dagegen. Denn
dieselben zeigen wohl öfter die hintere Lläche des Keiles grade abfallend, aber die
vordere ausnahmslos schräg nach innen laufend, und zwar aus naheliegendem Grunde;
denn bei der flachen Wölbung der Brust mufste ein senkrechter Abfall dazu führen, den
einschliefsenden Rand des Torso vorn zu dünnwandig zu machen. Wird aber auch
die Eubuleusbüste dementsprechend behandelt, so ist es nöthig, zwischen diese
und den Sockel einen Keil einzuschieben, da im andern Falle die vordere Fläche
senkrecht zu stehen käme. Nimmt man den Sockel in der Höhe von 1,50 m und
den Keil in einen Winkel von 12 °, so sieht ein Beschauer mittlerer Gröfse grade
noch den Reifen im Haare und ein Stück des Scheitels oberhalb der Locken.
Aber wenn der Kopf nur für einen bestimmten Standpunkt gedacht ist, so ist er
auch nur für ein bestimmtes Licht berechnet, und ich bin nicht zweifelhaft, dafs
Praxiteles bei der Ausarbeitung seines Werkes auf den bestimmten Standort des-
selben in dem kleinen Piutonheiligthum zu Eleusis von vornherein Rücksicht genom-
men hat. Vor allem verträgt das Lockenhaar, wenn die offenbar beabsichtigte
weiche, malerische Wirkung erzielt werden soll, weder ein scharfes, noch ein von
der Seite kommendes Licht, welches die hohen und tiefen Theile desselben in
grellen, unruhig wirkenden Gegensatz treten läfst.
Braun schweig.

P. J. Meier.
 
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