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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 5.1890

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Holwerda, Antonie E. J.: Korinthisch-Attische Vasen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37651#0274
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2 66

Holwerda, Korinthisch-attische Vasen.

Unzweifelhaft vergegenwärtigt unsere Vasenklasse die Anfänge der schwarz-
figurigen Kunst in Attika70, womit begreiflicher Weise nicht gesagt wird, dafs alle
einzelnen Exemplare derselben älter seien als- die Erzeugnisse der 'großen schwarz-
figurigen Vasenkunst. Besonders an den Deinoi mag sich die alte Decorationsweise
noch sehr lange erhalten haben (vergl. z. B. die ziemlich lebendige Darstellung
der kalydonischen Jagd auf No. 49). Wie aber am Ende die höhere Kunstmanier
die niedrigere überwältigt hat, zeigen Gefäfse wie jene Amphora des Louvre No. 69.
Unsere Wissenschaft leidet an einer zu mechanischen Auffassung des historischen
Princips. Manchmal scheint es, als ob der Übergang der einen Kunstweise in die
andre nur so erfolgen könnte, dafs die Decorationsformen der neueren erst in
Mischung mit denen der älteren, darauf rein übernommen wurden. Bekanntlich hat
man auch Übergangsformen von der geometrischen zu der schwarzfigurigen Kunst
aufgestellt; ich erinnere nur an die bereits erwähnte Schüssel aus Aegina in Berlin.
Doch war der neuen korinthischen Kunstweise in dem Wichtigsten was sie hat, in
Stil, Technik und bildlichen Typen, jede Vermittlung mit der alten geometrischen
so gut wie unmöglich. Wie wenig kann auch die Schüssel aus Aegina etwa als ein
Vorläufer unserer Vasenklasse gelten! Die von Furtwängler gelobte saubere Prä-
cision der Zeichnung wird wohl Niemand als vorbildlich für die unserer Vasen an-
sehen können und was Furtwängler richtig bemerkt, daß der Töpfer der Schüssel
einer plumpen geometrischen Gefäfsform »edle Strenge und Schönheit« 71 zu verleihen
gewußt hat, dies macht den Gedanken an einen Anfänger wohl am wenigsten rege.
Zwischen den von Böhlau behandelten frühattischen Vasen und den schwarzfigurigen
klafft eine Lücke72; wir haben uns aber dieselbe nicht ausgefüllt zu denken. Be-
sonders die Kleinkunst, die manchmal aus fremden Kreisen Fertiges übernimmt,
kann nicht überall das Bild einer allmäligen geschichtlichen Entwickelung zeigen.
Auf einmal mufs man sich in Attika zu der neuen Kunstweise, deren Überlegenheit
über das eigene locale Handwerk man völlig anerkannte, bekannt haben; natürlich
kann dies auch in einer neu errichteten Werkstatt geschehen sein. In der localen
geometrischen Kunst, nachdem dieselbe die einheimischen Kunstformen so lange,
wie die frühattischen zeigen, aufs willkürlichste mit fremden orientalischen versetzt

70) Das Alphabet ihrer Inschriften ist das nämliche
wie das der ältesten schwarzfigurigen Gefäfse der
grofsen Vasenmaler. Nach Köhlers schöner Ent-
deckung (Ath. Mitt. 1885 S. 359; man sehe
auch Studniczka Jahrb. 1887 S. 146) wird man
auch bei Gefäfsen des sechsten Jahrhunderts die
Inschriften wohl nur innerhalb sehr weiter Gren-
zen für Zeitbestimmung verwendbar erachten.
Unsere Gefäfse haben die jüngere Form des 0
neben der älteren der Aspiration. So auch die
Frangois-Vase; diese hat aber neben der über-
aus häufig verwendeten jüngeren Form des 0
ein paar Mal auch die ältere. Alte Stein-

inschriften wie der älteste attische Volksbesclilufs
haben umgekehrt die ältere Theta-Form, die
jüngere der Aspiration, so auch ein Pinax
des Skythes (Tcpr(lu. ap^atoX. 1885 Taf. III 1),
welche sicherlich nicht zu den ältesten Erzeug-
nissen der schwarzfigurigen Malerei gehört. Der
andere Pinax desselben Malers (Benndorf, Gr.
und Sic. Vasenb. Taf. IV 1) hat die jüngere
Form sowohl des Theta wie der Aspiration.
7I) Arch. Zeit. 1882 S. 206. Dafs die nackten
Teile der Athena thongrundig gelassen sind,
ist (wie sich schon ergab) sicher kein Beweis
für höheres Alter.

9 Jahrb. 1S87 S, 33 ff.
 
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